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Welbergen den 11. Jänner 88 auf meinem Lager.
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Gott gebe Ihnen, Herzensguter Franz, und Ihrer lieben Marianne in
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diesem Jahre und allen übrigen so viel Gutes, als Sie mir beym Beschluß
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des vergangenen und Eintritt des neuen erwiesen haben. – Heute ist der 27ste
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Tag, daß ich bettlägerig bin, und 8 Tage vorher hatte ich bereits meinen
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Schlaf verloren, der sich noch nicht wieder finden will. Besonders ist diese
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Nacht eine der unruhigsten für mich gewesen. Mit genauer Noth kann ich
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des Tages eine Stunde aufbleiben. Mein Sohn wird auf die Woche in
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Gesellschaft
D.
Coermans nach Münster kommen. Mehr bin ich nicht im stande
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zu schreiben. Vorgestern habe ich die ersten Bissen Fleisch wider geeßen und
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seit ein paar Tagen fange ich wider an ein wenig zu lesen. So lange habe
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ich mit Kopf und Magen fasten müssen. Marianne wird der gnädigen Fürstin
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meinen innigsten Dank erwiedern. Gott seegne Sie Herzenslieber Franz,
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Mutter und Tochter! Ich umarme Sie allerseits in Gedanken und ersterbe Ihr
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alter Joh. Ge.
Provenienz
Druck ZH nach Ludwig Schmitz-Kallenberg (Hg.): Aus dem Briefwechsel des Magus im Norden. Johann Georg Hamann an Franz Kaspar Bucholtz 1784–1788. Münster 1917, 148–149. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Vmtl. in der Sammlung Ludwig Schmitz-Kallenbergs; der Brief ist aus unbekannten Gründen nicht in die Lessingsammlung (Staatsbibliothek zu Berlin) übergegangen.
Bisherige Drucke
ZH VII 390 f., Nr. 1133.