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447/2
Pempelfort den 22
ten
April 1788.


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Vermerk von Hamann:

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Erhalten den 23


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Grüße Dich Gott, Du Lieber!

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Ich bin, ohne alle
widrige
Zufälle, Sonntag Mittag, um halb Eins,

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glücklich hier angekommen. Freund Schenk empfieng mich mit einem

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Exemplar v Schloßers Seuthes, u der Versicherung, das Buch würde mir nicht

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wenig Freude machen. Ich fragte ob nicht mehrere Exemplare da wären,

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damit Dir gleich eins geschickt werden könnte. „Nur eins für Sie u eins für

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mich, antwortete Schenk, aber ich will das meinige schicken.“ Dieses ist nun

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Sontag Abend auf die fahrende Post gebracht worden, u ist, bey Empfang

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dieses Briefes, entweder schon in Deinen Händen, oder Du erhältst es doch

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gleich nachher.

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Ich bin etwas krank, lieber Vater, hoffe aber, es soll beßer ablaufen, als

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ich gestern fürchtete. Ich hatte etwas Fieber; das innere des Mundes an der

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rechten Seiten war mir sehr geschwollen;
am
Halse setzten sich Drüsen; Kopf

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u Augen thaten mir empfindlich weh, u es war mir überall nicht recht. Heute

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geht es mir zwar nicht viel beßer; aber es ist genug daß es nicht schlimmer

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geworden ist; u ich habe nun guten Muth auf morgen.

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Heute werde ich wohl nichts von Euch vernehmen, es wäre denn daß mein

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Manuscript sich wieder gefunden hätte. Grüße Buchholtz u Marianen von

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uns allen auf das herzlichste. Ich hätte Buchholtzen gewiß geschrieben, wenn

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nicht meine Unpäßlichkeit dazwischen gekommen wäre.

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Dein Arzt Druffel sprach mir von einem
hiesigem
Arzte, seiner

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Gelehrsamkeit, seinem Verstande u Character mit so vielem Lobe, daß ich bedauerte,

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seine
Bekanntschaft
nicht schon gemacht zu haben. Hierauf sagte Druffel, er

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wäre dem Doctor Jansen eine Antwort schuldig, u er würde ihn bey dieser

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Gelegenheit ermuntern, mir einen Besuch zu machen. Nun höre ich aber v

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Schenk daß dieser Jansen ein platter Mensch ist, u
wünschte
also sehr

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mit seinem Besuch verschont zu werden. Sey also so gut, Lieber, u sage

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Druffeln,
so bald Du ihn siehst: Ich wünschte, aus gewißen

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Ursachen, daß er in seiner Antwort an D. Jansen meiner

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nicht gedächte, u ihn auf keine Weise ermunterte meine

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Bekanntschaft zu suchen
.

S. 448
Goethe hat Rom verlaßen, u ist auf dem Rückwege; man erwartet ihn zu

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Weimar in wenigen Wochen. So schreibt mir, aus Weimar, ein Freund v

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Goethe u Herder, der Bergsecretair Voigt. Ich freute mich dieser Nachricht

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besonders um Deinetwillen. Du wirst also, so Gott will, auch diesen

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Gegenstand Deiner Reise nicht verfehlen.

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Hier ist alles grün; aber ich fürchte wir behalten kein Blatt; wegen der

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Menge
v
Maykäfern.

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Neckers Buch habe ich angefangen, u ich kann nicht sagen welche Freude

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es mir macht. Ich bin aber erst bis S 138 gekommen.

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Mich verlangt nach Deinem Urtheil über
Seuthes
, vornehmlich auch

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deswegen, weil es nicht mehr als billig war, daß Schloßer mir ihn dedicierte.

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Morgen Abend gebe ich die Bücher, die ich Dir zu schicken versprochen habe

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auf die fahrende Post, u schreibe mit der nächsten reitenden unfehlbar an

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Amalia, die ich dich
aufs beste
von mir zu grüßen bitte.

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Lebe wohl Du lieber Liebender Du! Du Freund, wie ich keinen weiß und

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kenne! – Von ganzem Herzen

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Dein Fritz Jonathan


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Adresse:

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An Herrn J. G. Hamann / Abzugeben bey / Herrn Franz Buchholtz /

20
Erbherrn zu Welbergen / zu / Münster /
Fr
co
.

Provenienz

Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.

Bisherige Drucke

Friedrich Heinrich Jacobi’s Werke. Hg. von Friedrich Roth. 6 Bde. Leipzig 1812–1825, IV 3: J. G. Hamanns Briefwechsel mit F. H. Jacobi, 406 f.

Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, V 634 f.

Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 7: November 1787 bis Juni 1788. Hg. von Jürgen Weyenschops, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2012, 174 f.

ZH VII 447 f., Nr. 1149.

Zusätze fremder Hand

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Johann Georg Hamann

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
447/6
widrige
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
widrigen
447/17
am
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
im
447/25
hiesigem
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
hiesigen
447/27
Bekanntschaft
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Bekantschaft
447/30
wünschte
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
wünschte mir
448/7
v
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
von
448/20
Fr
co
.
]
Hinzugefügt nach der Handschrift.