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504/27
Pempelfort d 3
ten
Junius 1788
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Vermerk von Hamann:
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Erhalten den 4 – Geantw den 14. 15. Zugl. des Gr. v Stollberg
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Brief
remitti
rt.
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lieber Herzensvater!
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Mit meinem Wohlbefinden hat es keine 24 Stunden Bestand gehabt,
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wozu, eines Theils die veränderte Witterung, u andern Theils ein Besuch,
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der mir zwar angenehm war, aber mich in alle Wege aus meinem Gleise
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bringen mußte, vieles beygetragen haben mag. Es war am Mitwoch Abend,
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als ich vor der Thüre meines Hauses unter der Rebenlaube saß, u mit Mama
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Lene Thee trank, als ich unversehens, erst einen niedlichen Jagdhund, und da
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ich mich umwendete, meinen alten Bekannten u Freund, den Grafen v
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Sickingen
erblickte. Er ist noch bey mir, u wird mich erst zu Anfang der künftigen
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Woche verlaßen. Ich habe bey dieser Gelegenheit sehr lebhaft gefühlt, wie
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manche Veränderungen, die mir nicht leid sind, seit fünf Jahren in mir
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vorgegangen sind. – Du wirst sehen, lieber Vater, Gott hilft mir.
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Sage der Holden, ich hätte diesen Augenblick Antwort v Genf wegen der
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Mineralien erhalten, u würde sie ihr mit nächster Post überschicken.
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Dank, herzlichen Dank, Du Lieber! wegen Deiner Anmerkungen über den
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Nahmensvetter.
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Rehbergs Cato habe ich nicht gelesen, wohl aber die Gespräche über das
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Vergnügen, die er mir zuschickte u mir dabey schrieb. Der Brief enthielt
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eine Frage, Spinoza betreffend. Ich antwortete wenige Zeilen, u schickte ihm
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die Briefe an Mendelssohn, welche eben die Preße verlaßen hatten. – Auf
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mein Danksagungsschreiben hat er noch nicht geantwortet.
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Schloßer ist krank gewesen, aber er hat auch gearbeitet. Die Frucht seiner
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Arbeit hat mir die Post so eben gebracht. Wenn ich sie gut finde, so erhältst
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Du Sonnabend eine Abschrift. Noch habe ich keine Zeile davon gelesen.
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Von Starckens Prozeß mit Fleischer hatte mir schon vor 4 Wochen der
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hiesige Buchhändler Tänzer Nachricht gegeben. Er wußte die Sache v dem
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jungen Fleischer selbst, der auf der Meße war. Dieser Nachricht zu folge hat
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aber der Frankfurter Scheffenstuhl Fleischern gleich Unrecht gegeben.
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Von Schenk kanst Du nie gehört haben, daß ihm der
Styl
des
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Geschichtschreibers
Müller widerstünde. Er hatte die Schweitzergeschichte noch gar
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nicht gelesen, u nahm erst vor einigen Tagen den ersten Theil mit nach Haus.
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Ich aber habe ihm öfter daraus vorgelesen, u mit dem was ich ihm vorlas,
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schien er eben so zufrieden wie ich selbst zu seyn.
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Hier Stolbergens Antwort auf meinen ersten Brief, deren Mittheilung ich
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Dir jüngst versprach. Ich habe ihm noch nicht geantwortet; es soll aber gewiß
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am Freytag.
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Die Augen thun mir so weh, u mein Kopf ist so trübe, daß ich zu schreiben
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aufhören muß. Du erhältst mit nächster Post gewiß wieder Nachricht v mir
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– Wann gedenkst zu kommen? Und werden Buchholtz u Mariane Dich
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begleiten?
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Von Claudius habe ich kürzlich zwey Brieflein erhalten, die ich Dir
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schickte, wenn nicht zu viel dabey zu commentieren wäre. Er grüßt Dich aufs
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herzlichste, u kann es nicht erwarten, daß er Dich sieht. Ich habe ihm
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geschrieben, er soll her kommen.
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Von ganzem Herzen
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Dein Fritz Jonathan.
Provenienz
Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.
Bisherige Drucke
Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 7: November 1787 bis Juni 1788. Hg. von Jürgen Weyenschops, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2012, 248 f.
ZH VII 504–506, Nr. 1170.
Zusätze fremder Hand
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504/29 –30
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Johann Georg Hamann |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
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505/27 |
Geschichtschreibers ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Geschichtsschreibers |