927
262/6
Königsberg den 5
Febr.
86.

7
Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn,

8
Mit HE
Major
Tiemann,
der den 6
Xbr pr.
abreisete, schrieb ich an

9
Hartknoch und habe erst den 2 d. folgende Antwort erhalten:
L‥
Kasten

10
steht längstens schon in Leipzig und ist durch ein erbärmliches
quid pro quo

11
meines dortigen
Commiss.
ionaire
in Ostern 85. nicht nach Liefland

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geschickt. Jetzt kommt er bey widereröffneter Schiffahrt sicher her.
L.
ist

13
Informator in dem Institut einer gewissen M
e
welche die beste

14
Pensions
halterin in Moskau ist. Man hatte mir geschrieben, daß er wieder gantz

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erstaunend faseln sollte. Ich habe
Pastor
Brunner auf
speziellen
Auftrag

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seines alten Vaters um die Wahrheit dieses bösen Gerüchts befragt, der hat

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ihn besucht, und zu sich auf einen ganzen Tag genommen, aber nichts dergl.

18
merken können. „Ein elender Mensch ist er immer, deßen jetzige und

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vielleicht alle künftige Lagen, in die er kommen kann, nicht mit der Meinung,

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die er von sich hat, übereinstimmen.“ Ich wollte das letzte Urtheil schon

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auslaßen; weil Krankheit und Laune es mir verdächtig machen.

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Die gute Nachrichten, welche ich bisher von Ihrem und Ihrer lieben

23
Marianne Wohlbefinden aus Ihrer Nachbarschaft bisher erhalten, haben

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mich wegen Ihres Stillschweigens beruhigt. Auch mein Freund in Jena

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hat keine Sylbe seitdem geschrieben, und ich habe immer auf Ihren Bericht

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gewartet, um ihm selbigen mittheilen zu können. Meine

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Gesundheitsumstände machen die Nothwendigkeit einer Reise dringender, wenn ich nicht

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wie der Faule über meinem Wünschen sterben soll.

29
Ich habe wirklich nichts zu schreiben, was Sie nicht schon wüsten.
Lisette

30
Reinette
ist heute zum Besuch hier; und Wem hab ich alle
Freude
und

31
Hofnung
von diesem Mädchen zu danken? – Sie hat das
Glück
von

32
ihrer
Tante
vorzüglich geliebt und unterschieden zu werden. Die würdige

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Baroneße Bondeli läßt sich von allen ihren Pflegkindern
Tante
nennen;

S. 263
und ihr Beyfall ist die gröste Freude und Hoffnung für mich von der

2
Erkenntlichkeit meiner Tochter gegen die Wohlthaten des Himmels und Seiner

3
Hand.

4
Ihre Freuden und Hofnungen werden doch auch wohl in gutem Wachstum

5
seit dem 19
Nov. pr.
seyn.
Wie lieb würde es mir seyn diesen damals mir

6
gegebenen Wink durch eine neue Botschaft bestätigt zu sehen. Gott erfülle

7
Ihre und Ihrer lieben
Marianne
Wünsche, wie die meinigen, zu unserm

8
gemeinschaftl. Heil und Dank. Ich ersterbe mit den Gesinnungen

9
unwandelbarer Treue von meiner und aller der Meinigen Seite

10
Ihr  alter Joh. George H.


11
Adresse mit Siegelrest:

12
HErrn / HErrn
Franz Buchholz
/ Herrn von Welbergen / zu /
Münster
.


13
den 5. Febr. 86.

Provenienz

Staatsbibliothek zu Berlin, Lessing-Sammlung Nr. 1841 n.

Bisherige Drucke

Ludwig Schmitz-Kallenberg (Hg.): Aus dem Briefwechsel des Magus im Norden. Johann Georg Hamann an Franz Kaspar Bucholtz 1784–1788. Münster 1917, 84 f.

ZH VI 262 f., Nr. 927.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
262/8
Major
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Major
262/9
L‥
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
L
enz’
262/11
Commiss.
ionaire
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Commiss
ionaire
262/12
L.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
L
enz
263/12
–13
HErrn […] 86.]
Hinzugefügt nach der Handschrift.