929
263/17
Kgb. den 6
Febr.
86.

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Mein alter lieber Freund,

19
Ihre Antwort vom 7
Jan
habe den 2 d. erhalten und alle 3 Einl. selbst

20
abgeliefert. Den 7
Xbr.
kam ich mit einem schiefen Maul u einer gelähmten

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Zunge nach Hause. Ein
Vomitif,
welches zur Hand war, gab mir bald

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Erleichterung. Mein Magen und Kopf ist aber noch nicht hergestellt; selbst

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Ihr schöner
Caviar
den ich den 13 Jänner erhielt, und nach dem meine

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Lüsternheit durch den Mangel eines Briefes geschwächt wurde, wollte

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ohngeachtet allerhand Versuche nicht recht schmecken wegen der zurückgebliebnen

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gallichten Bitterkeit. Ich habe seit dem 17
Xbr.
meinen Kopf ziemlich

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angestrengt, aber mit wenig Fortgang um auf eine ebenso feyerliche Art meiner

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kleinen Autorschaft ein Ende zu machen, als der Anfang Sokr. Denkw.

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gewesen. Von dieser
kützl. Arbeit
, zu deren Unternehmung ich Sie kaum

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misbrauchen kann, hängt die
Sammlung meiner Schriften
ab, aber

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vorher die Ausführung meiner Reise. Geräth mir dieser Schluß: so können

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Sie sich desto mehr Vortheil von der Ausgabe versprechen. Mislingt er; so

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mag alles mit mir selbst zu Staub und Asche werden. Dies ist mein Plan, den

S. 264
ich Ihnen in aller Kürze mittheile, und statt eines
Schlüßels
zu allen

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meinen verlornen Blättern, von deßen Aufnahme das Uebrige für Sie und

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mich abhängen wird.

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Freytags war ich bey der Baroneße mit Ihrem Auftrage, die mich

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versicherte bereits mit der
Me Courtan,
die ihr einen ausdrückl. Besuch auf

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Verlangen ihrer Frau Schwester abgelegt, verabredet zu haben.

7
Vorgestern besuchte ich
Me Courtan,
die ich seit langer Zeit nicht gesehen,

8
und fand
S
sie sehr elend, weil sie den Tag vorher einen heftigen Anfall

9
von einem Magenkrampf sich zugezogen hatte. Ihr Verdruß schien mir

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gerecht und billig zu seyn. Der Unterhändler hatte den erhaltenen Brief an

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Me le Noble
gewiesen; ohngeachtet sein Sohn Stunden bey der Baroneße

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giebt, und es waren allerhand Klatschereyen vorgefallen, von denen ich

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nicht wünschte, daß sie der Baroneße zu Ohren kämen, die dadurch sehr

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abgeschreckt und stutzig gemacht werden dörfte.

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Me Courtan
versichert mich, noch vor ihrer Abreise mit Ihnen und Ihrer

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Frau Schwester ernsthafte Abrede genommen zu haben; sie befolgt dieser

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Abrede, fährt zur Baroneße und unter der Hand nehmen Sie zu einem

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Gewißensrath Ihre Zuflucht und dieser wieder zu einer Frau, die dabey

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interessirt
ist.

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Sie schimpfen auf den Cr. R. J. schimpfen Sie au
ch
f den, der Ihnen

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den Rath gegeben sich an einen Mann zu wenden, der seine vollen Geschäfte

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und keine Verbindungen mit der Person noch Sache hat.

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Die Baroneße treibt Ihre
Pension
als kein bloßes Handwerk noch

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Gewerbe, sondern mit einem wahren Adel der Seele, mit Gewißenhaftigkeit

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und Ehrgeitz ihren Nächsten nützlich zu seyn. In ihrer ganzen

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Erziehungsanstalt und Haushaltung weiß man nichts von Ränken, Arglist, Grimaßen

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und niedrigen Brodtkünsten. Das Gesinde muß den Kindern nicht zu nahe

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kommen. Sie sind unter beständiger Aufsicht einer Frl. von Schlichting,

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unterdeßen die Baroneße und ihre kränkliche Freundin, von Morstein für das

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Ganze sorgen. Je mehr Ihre liebe Tochter Anlagen hat, desto nöthiger ist

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ihr eine gute Erziehung – – Ich habe mich ohne mein Wißen eines Irrthums

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schuldig gemacht, daß ich sie für jünger ausgegeben als sie wirklich ist. Ich

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habe sie nur für 8jährig gehalten – –

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Me Motherby
war eben zum Besuch bey Ihrer Frau Schwester, von der

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ich mit einer Heiserkeit zu Hause kam, daß ich kaum vor Mittwoch

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auszugehen im stande seyn werde. Ich habe sie gebeten sich zu beruhigen, und

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sich dieser Sache gantz zu entschlagen, da alles bis zu Ihrer Ankunft

S. 265
ausgesetzt bleiben muß, und Sie nun alles wißen, auch noch Zeit übrig haben

2
sich zu bedenken,
per
und
contra
Stimmen zu sammeln.

3
Es thut mir leid, lieber alter Freund, daß Sie Ihre würdige Frau

4
Schwester l. so schlecht kennen
u.
in ihren Einsichten und redlichen Gesinnungen der

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Dienstfertigkeit das geringste Mistrauen setzen können – Sie hat so wenig

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wie ich selbst in dieser ganzen Sache keine andere Absicht, es läßt sich auch

7
andere erdenken, als das wahre Glück Ihrer lieben Tochter zu befördern,

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und die Zufriedenheit der Eltern, wenn Ihnen etwas an einer rechtschaffenen

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Erziehung gelegen ist, und Sie von dem Einfluß derselben in unser zeitliches

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als künftiges Wohl überzeugt sind. Die Welt aber betrügt und will betrogen

11
seyn.

12
Hängt die Sache von Ihrer Wahl ab: so sind Sie ja Herr zu thun, was

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Sie wollen. Hängt sie von Ihrer Frau Gemalin und der Familie ab: so

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überlaßen Sie das Schicksal Ihrer lieben Tochter einer beßeren Wahl. Ich

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will mit Freuden den Gang für
Me Courtan
thun, alle ihre genommene

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Abreden zu widerruffen. Es fehlt an
Competent
en nicht; man ist eher

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bedenklich, als leichtsinnig, und an sich ziehend.

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Gott gebe Ihnen Gesundheit und eine gute Reise, daß wir uns vergnügt

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widersehn. Meine
Lisette Reinette
hat mich gestern zum erstenmal in diesem

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Neuen Jahre besucht und Beyl. mitgebracht. Das übrige mündlich, so Gott

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will. Die Kammerherrin von der Reck reist morgen nach Curl. ab. Für

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mitgetheilte Nachrichten danke herzl. ich habe selbige schon weiter befördert, und

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ersterbe mit einem herzl. Gruß von Joh. Michel und
Compagnie
an die

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lieben Ihrigen dort u in der Schweitz   Ihr

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alter treuergebener Freund J. G. Hamann.


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Meine Hände sinken, und ich verzweifele beynahe, daß aus meinem

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Abschiede der Autorschaft das werden wird, was ich
dachte.
Bey Ihrer

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Ankunft wird wie ich denke alles entschieden seyn, um näher davon reden zu

29
können.


30
Adresse:

31
An / HErrn Buchhändler
Hartknoch
/ in /
Riga
.


32
Vermerk von Hartknoch:

33
HE Hamann in Königsberg

34
empf. u. beantw
d
8
Febr
786

Provenienz

Druck ZH nach der überlieferten handschriftlichen Abschrift Arthur Wardas. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VII 306.

ZH VI 263–265, Nr. 929.

Zusätze fremder Hand

265/33
–34
Johann Friedrich Hartknoch

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
265/2
per
]
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
pro
265/4
u.
]
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
u
265/27
dachte.
]
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
dachte –