930
266/2
Dußeldorf den 7
ten
Febr 1786.
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Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte):
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Erh. den 18 Febr. Geantw
eod
.
N
o
27.
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lieber, bester Hamann
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Es hat mit meiner Genesung nicht recht fort gewollt. Von Fieber bin ich
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gegenwärtig frey, aber ich kann übrigens noch wieder zurecht kommen. Doch
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gewinn ich alle Tage etwas. Nur bis
zu nächstem
Freytag will ich noch um
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Ausstand gebeten haben. Um nicht ganz leer zu erscheinen, lege ich einen
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Brief der Elise bey. Heute erhielt ich das Reichardtsche Gespräch, welches,
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was meinen Auftrag betrifft, verschiedene Unrichtigkeiten enthält. Der
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mittlere
Punkt
gehörte gar nicht hinein. Das beste darin ist die Anecdote v
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Claudius. Sie ist würklich unbezahlbar. Meinen Anhang habe ich noch immer
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nicht. Wenn diese Schrift dieselbe Würkung auf mich machen sollte (nach
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der Absicht des Verfaßers) wie die meinige auf ihn, so mag ich mich nur
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wohl vorbereiten. Ich denke es soll alles ganz erträglich ablaufen. – Sie
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haben mich seit kurzem so verwöhnt, lieber Hamann, daß es mir schon fremd
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vorkommt zwey Posttage keine Briefe v Ihnen erhalten zu haben. Es wird
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noch ein Weilchen anstehen eh ich erfahren kann was Sie zu dem letzten
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Willen Ihres Freundes sagen, u welchen Rath Sie mir darob ertheilen. Ich
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hoffe ein Exemplar davon nächsten Sonntag zu erhalten. Uebermorgen
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Briefe v Ihnen u Nachricht daß Sie wohl sind.
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Von der guten Fürstinn zu Münster erhielt ich heute einen Brief, worin sie
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mir schreibt:
„Gott lohne Hamann einige köstliche Stunden die ich bey Lesung
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seiner Wolken u wiederlesung seiner Sokratischen Denkwürdigkeiten
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genoßen habe.“
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Von Buchholtz nicht ein Wort.
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Von Göthe heute vor 8 Tagen eine sehr trockene Antwort, ohne allen
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Bescheid. Ich hatte ihm ohngefähr geschrieben, wie Sie wünschten daß ich ihm
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geschrieben haben möchte. Er mag wohl ein paar Stellen in meinem Briefe,
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wobey ich an keine Satyre dachte, für Satyre genommen haben.
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Am Freytage, so Gott will, mehr. Von ganzem Herzen
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Ihr F H Jacobi.
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Die Gattin meines Freundes Neßelrode ist gefährlich krank, welches mich
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ungemein beunruhigt. Ich fürchte der Mann stirbt vor Gram wenn er seine
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Frau verliehrt.
Auf den leeren Seiten drei (unten) und vier des Briefes schrieb Hamann einen Brief ab: Elise Reimarus an Friedrich Heinrich Jacobi, 30. Januar 1786. Die Abschrift lautet folgendermaßen:
930/15
Hamburg den 30 Jan. 86
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Ich habe geglaubt, liebster Jacobi, Ihnen noch in einiger Zeit
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nicht schreiben zu können, nicht schreiben zu
müßen
u habe
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gehoft daß Sie mich recht beurtheilen u billigen würden. Itzt kann
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ichs nicht laßen. Ich bin schuldig Ihnen zu sagen, wie hier nicht
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nur Ihre Freunde, nicht nur jeder Rechtschaffene, nein jeder
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Mensch von blos sittl. Gefühl über den in N. 15 unseres Corresp.
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aus der Berl. Zeitung genommenen Articul Mendelssohns letzte
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Schrift betreffend
indigni
rt ist. Wie jedermann darinn nicht
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den Freund M. erkennt, sdn den unberuffenen losen Beschmutzer ss
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Andenkens, verabscheut. Noch mehr aber: wie
alle Ihre
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ächten Freunde wünschen u durch mich beschwören
um
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Ihrer Ehre und Ruhe willen doch ja keine Feder gegen einen so
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ungezogenen Ihrer so unwehrten Gegner anzusetzen, der nur sich
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selber dadurch schaden kann. Es ist nicht gnug daß ich Ihnen
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unter den Aufgebraachten meinen Bruder, Klopstock, Sieveking u den
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ganzen Cirkel Ihrer u mr. Bekannten herzähle, ich darf auch
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Ihnen völlig unbekannte vertraute Freunde M. u unter diesen
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insbesondere den braven Weßely nennen, einen Mann, der seit
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langen Jahren einer der vertrautesten Freunde Leßings u Moses
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war u dennoch seinen gerechten Unwillen über die Sache nicht nur
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bey mir sondern nach Berl. hin auf eine Art ausgegoßen hat, die
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ihm Ehre macht. Möchten alle diese Zeugniße, lieber Mann Sie
S. 560
über eine unverdiente Kränkung beruhigen können, die an
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niemand
einigen
inniger Antheil zu nehmen im stande ist als – ich.
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Und möchte es Ihnen dagegen irgend eine Schadloshaltung seyn,
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wenn ich Ihnen zugl. einen Aufsatz anderer Art ankündige, den
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der, für alles Gute so warme Reichard, noch diese Woche in
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unsern beiden Zeitungen zur Steuer der Wahrheit einrücken laßen
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wird. Es enthält neml. das Gespräch zwischen M. u ihm, da er
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jenem den Auftrag von Ihnen überbrachte u wodurch er das
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Publicum auffodert aus M. Gemüthsfaßung dabey
über den
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Werth jenes Zeitungsausspruches zu
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entscheiden
. Eine Rechtfertigung folgl. beides für Sie u M. zugl.
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Der gute Reichard, deßen Plan es war nach Ludwigslust zu
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gehn, ist blos deshalb auf 2 Tage hier gekommen um dies ins
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Werk zu setzen u ich schätze ihn seit dem nicht wenig höher um
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seines Eifers willen.
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Da ich vermuthe daß Sie unsere Zeitungen nicht so geschwind
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erhalten so werd ich Ihnen sogl. den Aufsatz durch die reitende
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Post zuschicken.
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Dies ist
alles;
was ich Ihnen für heute schreiben kann. Leben
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Sie wohl! lieber
Jacobi
. Laßen Sie sich noch einmal durch mich
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beschwören ja keine schriftl. Rache an jenem Unwürdigen zu
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nehmen, deren Sie zu Ihrer Rechtfertigung nicht bedürfen. Grüßen
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Sie unsere Lene herzl. Mich verlangt sehr nächstens von Ihrer
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Gesundheit zu hören.
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Elis. Reimarus.
Provenienz
Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.
Bisherige Drucke
Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 5: 1786. Hg. von Walter Jaeschke und Rebecca Paimann, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2005, 54 f.
ZH VI 266, Nr. 930.
Zusätze fremder Hand
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266/4 |
Johann Georg Hamann |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
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266/4 |
N o 27. ]
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Hinzugefügt nach der Handschrift. |
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266/8 |
zu nächstem ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: zum nächsten |
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266/12 |
Punkt ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Punct |
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266/24 –26
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„Gott […] habe.“] |
Die Auszeichnungs-Konvention für Anführungszeichen des 18. Jahrhunderts wurde modernisiert (wie ZH es auch sonst tut, aber hier unterlässt). |
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560/19 |
alles; ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: alles, |