1016
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Pempelfort,
den 5
ten
September 1786
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Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte):
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Erh. 16 –
No
10.
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Erlauben Sie, edler vortrefflicher Mann, daß ich dem heutigen Schreiben
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i
Ihres
Jonathans einige Zeilen Antwort auf Ihr gütiges Briefchen an mich
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vom 24
ten
des verwichenen Monaths beylege. Ich kann, was allen Dank von
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Ihrer Seite betrift, zu demjenigen, was ich Ihnen in dieser Rücksicht bereits
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zu Anfang unserer Correspondenz gesagt, wenig mehr hinzusetzen. Wo wahre
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Liebe mitarbeiten hilft, da laßen sich ihre Spuren nicht verkennen. Ihrem
S. 5
eigenen Herzen also darf ich zu deuten überlaßen, aus welcher Quelle der
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Eifer und die Sorgfalt gefloßen sind, die ich in Ansehung Ihrer Aufträge
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mag bewiesen haben; und ob es bloße Höflichkeits-Versicherung ist, wenn ich
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Ihnen sage, daß ich in
demjenigen
was ich für Sie gethan, blos dadurch daß
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es für Sie geschah, einen Genuß gefunden, der mich jedesmahl unmittelbar
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für die damit verbundene Mühe reichlich belohnet hat.
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Ehe ich Ihnen die Nota des Buchdruckers über die Bogen
qs.
Ihres
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fliegenden Briefes sende, und zur Vollziehung Ihres Urtheils über das bereits
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davon gedruckte schreite, gewähren Sie mir die Bitte, würdiger Mann, den
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Proceß noch einmahl zu revidieren. Mir fällt, wenn ich an die Entschließung
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denke, welche Sie in Absicht dieser Schrift genommen, die Geschichte jenes
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großen Spartanischen Königes ein, der furchtbarsten Geißel des Persischen
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Uebermuths und des Rächers Griechischer Freyheit, dem eine etwas
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ungewöhnliche Organisation gleich nach seiner Geburt beynahe das
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Verdammungs Urtheil zugezogen hätte; und mir ist bey dem Auftrag, den Sie mir
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geben wollen, als fände ich mich in jene Zeiten versetzt, und müßte den jungen
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Held voll Lebenskraft in die Erde mit verscharren helfen. – – Indessen, Ihre
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Stimme bleibt die entscheidende, und wenn Sie auf Ihrer Entschließung
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verharren, so dürfen Sie Sich in Absicht derselben von hieraus die genaueste
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Befolgung versprechen.
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Leben Sie wohl, lieber, edler, vortrefflicher Mann, und erinnern Sie Sich
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zuweilen Ihres alten Pempelforter Correspondenten, der Ihnen von ganzer
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Seele ergeben ist, und die Größe und Tiefe Ihres Geistes eben so sehr
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bewundert, als für die erhabene Einfalt Ihres Herzens und für Ihren reinen
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unbefangenen Wahrheits Sinn die lauterste und innigste Verehrung fühlt.
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Ich verharre
27
Ihr
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getreuer
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Tiro-Schenck
Provenienz
Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.
Bisherige Drucke
ZH VII 4 f., Nr. 1016.
Zusätze fremder Hand
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Johann Georg Hamann |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
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Pempelfort, ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Pempelfort |
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4/27 |
No 10. ]
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Hinzugefügt nach der Handschrift. |
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4/29 |
i Ihres ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Ihres |
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demjenigen ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: demjenigen, |