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5/32
Quis mihi det TE Fratrem meum – vt inveniam TE foris – – Ibi me
33
docebis
– – Cant. VIII.
S. 6
Vorgestern den 4
Sept.
waren es zwey Jahre, wie ich des Abends Ihren
2
ersten Brief erhielt. Vorgestern blieb ich den ganzen Tag zu Hause, um an
3
Sie zu schreiben; siegelte den Brief zu. Gestern früh überfiel mich eine Unruhe,
4
brach alles auf, konnte nicht einmal lesen, geschweige begreifen, was ich den
5
Tag vorher zusammengestoppelt hatte; fieng von vorn an, ohne von der Stelle
6
zu kommen. Heute zum dritten und letzten mal. Ein solches
Chaos,
eine solche
7
indigesta moles,
ohne Licht und Ordnung – eine solche Kelter und
8
Treschtänne –
Votre Majesté me pardonnera le dégout de mon détail; car c’est
9
le puits de la Vérité
– schrieb ich den 1
Januar
83
10
Den 18
Aug.
(es war eben der Tag, wo Berlin den neuen König einziehen
11
sahe) fällt es mir wie ein Blitz ein, aus dem Thor zu gehen. Ich ermüde bey
12
jedem nöthigen Gange nach der Stadt, wo ich keinen Besuch ohne eine Art
13
von Geschäfte ablege, bin diesen ganzen Sommer kaum aus dem Thore
14
gewesen. Der Einfall aufs Land zu gehen durchglühte mich so, daß ich gegen
15
meine Weise und Sitte mich eines fremden Stocks ohne ein Wort zu sagen
16
bemächtigte, mit einer solchen blinden Hitze aus dem
Licent
laufe, daß ich
17
beym
Ueberfahrtsboot beynahe in den Pregel
gestürzt
wäre; weil ich durch
18
das Geschrey eines hinter mir gehenden Menschen über mein Stolpern, auf
19
mich selbst aufmerksam gemacht werden muste. Alles fügte sich zur
20
Ausführung meine
s
r Wallfahrt, über die ich selbst lachte, und auf jeden Fall,
21
unterwegens zu bleiben, meine Maasreguln gemacht hatte. Raphael Hippel,
22
mein
Reisegefährte
kam gleich nach dem Mittagseßen, fand mich auf dem
23
Bette ein wenig ausruhen, wollte erst gegen Abend gehen. Ich drang aber mit
24
Bitten und Gründen durch, uns sogleich auf den Weg zu machen. Ich hielt
25
tapferer, wie mein junger Geselle, den der Stiefel drückte, aus, legte 1½
26
Meilen im Sande glücklich zurück und kam mit 5 Uhr zum Erstaunen aller
27
und meiner selbst in
Trutenau
an, und wäre noch denselben Abend im stande
28
gewesen die Stadt und mein Haus zu erreichen, wenn man mich nicht zu einem
29
Platz in der Kutsche gezwungen
hätte
und ich mich nicht den Tag drauf zur
30
öffentl. Beichte gemeldet hätte, und ich die
letzte Woche
meines 56ten
31
Jahres mit der heil.
Eucharistie
anfangen
wollte
32
In dem
anticipi
rten Entschluß diese ganze Woche für mich daheim, ohne
33
zu wißen womit? zuzubringen, wurde ich bestärkt, da ein Bote nach dem
34
andern Montags frühe den 21
Aug.
unsere Landesleiche ankündigte. – Ich
35
fieng vor langer Weile einen Brief an unsern J. an – Dienstags frühe den 22
36
brachte mir mein lieber Junge Ihr Päckchen, von dem ich schon den Abend
37
vorher aber zu spät Wind nicht zu meiner Ruhe, weil ich nicht wuste woher?
S. 7
bekommen hatte. Es war das Fragment Ihres Hauptbriefes nebst den fünf
2
gebundenen Einlagen. Es that mir damals wehe, nicht eine Zeile
Postscript
3
von Ihrem und
Mariannens
Befinden erhalten zu haben – Ich schloß alles in
4
mein
Bureau,
bis zum
XI.
Sonntage nach
Tr.
Ich hatte aber keine Ruhe in
5
meinen Gebeinen oder Eingeweiden, bis ich alle fünf Bände verschlungen
6
hatte, brachte Ihre ganze
Correspondenz,
die ein Fach meines
Bureaus
füllte
7
in Ordnung, numerirte mit rother Dinte von
No
1–18, um alles zum
8
ruhigem Genuß fertig zu haben.
Donnerstag Abends wurde mit genauer Noth
9
mit einem abscheulichen Willkomm an J. und einem bitter lächerlichen
10
Abschiede von seinem ehrl. und bisher von mir geqvälten Statthalter Schenk
11
fertig
. Freytags schien mir der Kopf ein wenig erleichtert, durchlas die ganze
12
Correspondence
mit unserm J., fand alles bis aufs kleinste Flickchen, mit
13
Bleystift beschrieben,
numeri
rte gleichfalls diesen ganzen Briefwechsel mit
14
rother Dinte und
reponi
rte ihn in die Schublade meines Schreibetisches.
15
Mitten in dieser Arbeit überraschte mich Sonnabends der erste eigenhändige
16
Brief aus Pempelfort, und meine erregte Phantasie sahe das neue Siegel
17
eines Sphinx für den
Ixion
wegen des Rades an.
18
Nach einer schlaflosen, unruhigen Nacht erwachte ich den 27
Aug.
Mit
19
einem Gewölke in meinem Gemüth bemerkte ich den schönen heitern Morgen,
20
besuchte die Metten und meinen kranken Freund, den einzigen mir
21
übergebliebenen von meinen akademischen Jahren, Kr. Hennings, und eilte nach
22
Hause, wo ich nicht mehr als
e
Eins meiner alten Lieblingslieder singen
23
konnte: HErr, besänftige mein Herz, mach es
vom
Gedanken los. Ich muste
24
mit den ersten
sieben Briefen
Ihres Fachs aufhören.
Lisette Reinette
25
kam ungebeten zu
Mittage
.
Weil wir unter uns waren, blieb alles in seinem
26
gewöhnlichen Gleise. Das Kuchenwerk überlies ich gantz den Kindern, weil
27
mir das Butterbrodt und Käse ein angenehmer
Dessert
waren. Desto weniger
28
bekamen sie von der
Bouteille
Wein, welche die Hausmutter besorgt hatte.
29
Ich war Vorleser aus Hahns Postille, womit mich Lavater im May 77
30
erfreute, und die seitdem mein Haus- und Sonntagsbuch ist. Der müde Leib
31
erholte sich durch eine Stunde Mittagsschlaf. Unser Nachbar und
32
Gesundheitsrath Miltz war gekommen und gegangen; seine einzige Tochter machte
33
meinen 3 Mädchen Gesellschaft. Raphael und mein Michel befreuten sich mit
34
ihrem und meinem
Nicolovius.
Prof. Kraus kam auch mit einem Gelächter,
35
und gieng seiner Wege. Die jungen Leute allein nahmen mit dem kalten
36
Braten für lieb. Das Gewölke des letzten Morgens verlor
sich mit dem ersten
37
Abend meines 57sten Jahres, unterdeßen der Himmel wie aus Eimern zu
S. 8
regnen anfieng. Zu diesem Jahre wurde Abrede genommen, daß ich mich zwingen
2
müste, so viel möglich, jeden Tag auszugehen.
3
Mit der neuen Woche war ich mit Ihren Briefen beschäftigt. Dienstags
4
den 29
Aug.
wurde mir ein Brief von Reichardt aus Berlin von seinem
5
Schwager mitgetheilt, dem er meldete den 22 als
Courier
angekommen und
6
mit außerordentl. Huld und Gnade von ihm aufgenommen zu seyn nebst den
7
besten Aspecten für das arme Vaterland – und die bisherigen Stiefkinder
8
des großen
Oncle.
Zu gleicher Zeit kamen mir Lavaters Predigten wie ein
9
paar gebratene Tauben ins Haus geflogen. Ich konnte selbige nicht eher als
10
mit dem 31
Aug.
anfangen, auch nicht aufhören zu lesen – Der Brief an
11
Philemon ist immer ein wahrer Leckerbißen für meinen Geschmack; wie das
12
Büchlein
Ruth
mit dem kleinen ungezogenen Propheten, über den er auch
13
so schön gepredigt, daß ich dies Buch für ein
non plus vltra
seiner
14
Kanzelberedsamkeit hielt. Aber hier glaub ich noch mehr
i
sein
Leben, Weben und
15
Wesen gefühlt zu haben. Weil der Septembr. meines Jungen Geburtstag ist,
16
so bat ich mir eine Viertelstunde Morgens oder Abends von ihm aus, weil er
17
den gantzen Tag ziemlich besetzt ist, um den
Thomas a Kempis
lesen zu
18
können;
da
womit wir auch den Anfang gemacht und mit dem ersten Buche
19
bald fertig sind. Wir vergleichen zusammen eine Castelionische oder
20
neulateinsche und zugl. eine portugiesische Uebersetzung, die ich selbst besitze, mit der
21
Originalausgabe eines Jesuiten. Den Volksmährchen zufolge, die mich näher
22
angehen als die
aurea Legenda
des Cabinets, gehört diese
Lecture
zum
Ton
23
du jour et du Siecle illuminé –
24
Den 3 d.
Dom. XII
p
Tr.
feyerte ich wegen der schlechten Witterung in
25
angello cum libello
und überlas zum andern mal Ihre
Rhapsodie
über
26
Gottes- und Menschen- und Selbstführung durch Bedürfniße. Der Styl
27
Ihres
Gantzgefühls
erfordert ein Studium, wie die Antike – und ich
28
möchte bisweilen ausruffen, wie der Sohn der Sunamitin: O mein Haupt,
29
mein Haupt! Junger Mann meiner Seele und meines Herzens, mit welcher
30
Innigkeit und Schaam hat mich Ihre Wachsamkeit auf sich selbst, Ihre
31
Standhaftigkeit in Versuchen und Prüfungen, die Treue oder
Integrität
und
32
Originalität Ihrer Ein- und Ausdrücke
erfüllt
! Wie theuer und unschätzbar
33
ist mir
das
dies Unterpfand Ihres unerschütterten Vertrauens, das Gott
34
gewiß belohnen wird durch den rechten Artzt. Ich kann mir selbst nicht helfen.
35
Trübsal und Gedult sind unser Golgotha: Erfahrung und Hoffnung, die nicht
36
zu schanden werden läßt nach
Rom V.
unser
Schiblemini
37
Alles Geschreibsel, wie Sie es nennen, alles Gedrucksel ist nichts als Schwarz
S. 9
auf weiß. Zu Ihrem Geschriebenen fehlt mir der Text Ihrer
2
Physiognomie
, und ich lese nichts als Noten ohne Text
als
wie in einem
3
Schattenriß. Mein Gedrucktes besteht aus bloßem Text, zu deßen Verstande die Noten
4
fehlen, welche aus zufälligen
auditis, visis
ob
et lectis et oblitis
bestehen,
5
und eine
stumme Mimik
war das ganze Spiel meiner Autorschaft.
6
Sie werden aus dem Tagebuch eines halben Monats leicht ersehen, von
7
was für Winden und Wellen mein Schifflein getrieben wird, und wie leicht
8
es wie des armen Lenz seins hätte scheitern können. Auch der liebe Prometheus
9
Wzm
hat das
Resultat
seiner Schriftstellerey nicht vorhersehen können; und
10
leidet an seiner Gesundheit
–
11
Der Grund auch meiner Ueberspannung war Leidenschaft und Schwäche.
12
Meine unzeitige Geburt kostet Ihnen und J. außer der Schande noch baares
13
Lehrgeld. Wie haben Sie den ehrwürdigen Vatertitel an mir
verschwendet‥
14
Aber ein solcher Beweis meiner Untüchtigkeit und Unwürdigkeit war nöthig
15
dem reißenden Strohm Ihrer zu günstigen Vorurtheile Einhalt zu thun, und
16
die Schuld meiner Gegenliebe zu vergrößern
; denn welchem wenig vergeben
17
wird, der liebt weniger, als dem viel Sünden vergeben sind.
18
Diesen Morgen habe bereits den zweiten Brief seit seiner Heimkunft aus
19
London von unserm J. erhalten.
Seine
Ihre wie seine Freundschaft für
20
mich scheint auf einen Fels gegründet zu seyn. Zu meinem großen Glück war
21
mein Brief einen Tag eher
angekommen
abgegangen, als sein erster ankam.
22
Das Lesen ist zwar fruchtlos; aber das Schreiben ist mir schädlich, und
23
beynahe unmöglich geworden. Ich freue mich wie ein Kind über jeden Brief,
24
den ich erhalte, und habe mehr als Angst, so bald ich drauf antworten soll.
25
Alle Gedanken verschwinden mir, so bald ich die Feder ergreife. Ich habe diese
26
halbe Woche nichts als diesen Brief im Sinn gehabt –
27
Der Gebrauch der Kämpfschen
Visceral-Lavements
thut mir wohl, und
28
ich habe Hofnung – Mit dem 1
Jul.
machte den Anfang, bildete mir
aber
29
nur
ein, hämorrhoidalische Schmerzen
ein
, die mir bisher gantz neu und
30
unbekannt gewesen waren, mir zugezogen zu haben. Entschloß mich daher,
31
von oben diese Mittel zu brauchen. Seit dem 8
Aug.
versuchte ich wider den
32
nächsten Weg zu meinen Eingeweiden, bin schon über 50 kommen, und fahre
33
alle Abend und Morgen fort, wenn diese Ordnung nicht durch eine zufällige
34
Verstopfung unterbrochen wird. Wenn ich auch meinen Hunger beßer
35
mäßigen könnte; aber auch diese Leidenschaft meines Magens ist Seelenschwäche,
36
und wie Sie aus eigener Erfahrung wißen, ein Zwang und Druck langer
37
Weile, ein
horror vacui,
das man gleichviel womit auszufüllen sucht.
S. 10
Der König wird den 17 d. hier erwartet. Alle königl. Bediente haben
2
geschworen, bis auf unser Frey
corps,
an deßen Vereidung noch nicht gedacht
3
wird.
4
den 7.
5
Mit allem meinem Nachsinnen weiß ich kein beßer Theil zu wählen bey
6
der obwaltenden
crisi
in mir und allgemeinen Gährung um mich herum, als
7
ruhig die Entwickelung innerer und äußerer Umstände abzuwarten. Unser
8
Wollen und Können bleibt doch immer
ein
im Grunde ein Werk höherer
9
Hand, deren Führung ich mich überlaßen will, und die mich bisher, wie eine
10
Mutter, geleitet hat. Ein
Trahe me post
TE,
wird mir wohl Beine geben zu
11
laufen und nicht matt zu werden, zu wandeln und nicht müde zu werden
12
Jes. XL.
31 wie ich –
13
den 22 des Morgens.
14
Ich erwachte heute nach einer ruhigern Nacht von den Kanonenschüßen,
15
womit die Abreise des Königs um 5 Uhr angekündigt wurde. Gott begleite
16
ihn! Ich habe nicht den geringsten Antheil an dem Auflauf nehmen können,
17
und bin nicht aus dem Hause gewesen.
Den Tag vor seiner Ankunft erhielte
18
den dritten Brief von J. der alle meine Geister in Bewegung brachte – Eine
19
unüberwindlige
Muthlosigkeit und Unvermögenheit hat alle meine Arbeit
20
vergebens gemacht. Es geht mir wie man von Kranken sagt, die ein hitzig
21
Fieber überstanden haben, und die sich auf nichts besinnen können, was sie in
22
ihren
paroxysmis
alles angegeben haben
. Umsonst habe ich mich aus Ihren
23
beyden Qvartbändchen zu stärken gesucht – Die elende Witterung mag auch
24
das Uebel vermehrt haben. Seit gestern hat sich der Himmel aufgeklärt;
25
aber diese Nacht hat es gereift und die Kälte ist so empfindlich, als wenn die
26
Jahreszeit einen ganzen Monath übergesprungen hätte. Ich bin noch auf
27
eben dem Fleck, wo ich seit 2 Jahren gewesen bin, und weiß diesen Zauber
28
nicht aufzulösen noch zu erklären. Mein Tichten und Trachten diesen Winter
29
zu verleben, ist also nichts als Wind gewesen und zu Waßer geworden – Die
30
Vorsehung hat ihre Hand im Spiel; das einzige womit ich mich trösten und
31
aufrichten kann. Sie hat eine Strafe für uns beyde abgewandt; denn weiß
32
der Mensch, was er wünscht – Ich denke den Menschen so abscheulig zu
33
seyn, als sie mir vorkommen, und glaube oder bilde mir ein, gleichwie ein
34
Pelican in der Wüsten und ein Käuzlein in den verstörten Städten verwandelt
35
worden zu seyn. Man rühmt sehr des Königs gnädiges Betragen. Die
36
Huldigung ist ohne Schaden abgegangen. Dem Pöbel
ist
hat kein Wein
37
gesprungen, kein Geld ist ausgeworfen, nichts Preis gegeben worden. Er soll selbst
S. 11
mit der Sparsamkeit des ausgerüsteten Throns
p
ein wenig unzufrieden
2
gewesen seyn. Die überhäuften Bittschriften, womit er bestürmt worden,
3
würden ihm auch meine vereckelt haben. Vorgestern hieß es in der ganzen
4
Stadt, daß Hippel seinen Abschied bekommen, und gestern wurde er für einen
5
geheimen Rath ausgegeben. Das letzte komt mir wahrscheinlicher vor, wenn
6
der Arbeiter
seines
Lohnes werth ist.
7
Durch eine Cabinets
ordre
vom 24
Aug.
wurden alle
Geld
8
verspillernde Freudenbezeugungen
ausdrücklich verboten – Der galante
9
Ungehorsam des Pöbels wurde gnädiger aufgenommen, unterdeßen scheint
10
der Honigmond mehr in Preuß. Complimenten als deutschen
Realität
en hier
11
gefeyert worden zu seyn. Unter lauter anklagenden Gedanken und
12
Entschuldigungen, die mich
aus
beunruhigt haben, ist mir kein entscheidender Wink
13
zu Theil worden. Den halben Vormittag hat das Schießen gewährt, als
14
wenn die Freude über den Abschied lauter seyn sollte, wie zur Ankunft. Mein
15
Joh. Mich. traute mir keine Winterreise zu, und sagte heute zu seinem und
16
meinem Trost, daß der König auf den May wiederkommen wird. Gott gebe,
17
daß wir um so viel klüger als älter seyn werden um die Zeit – Wir haben
18
heute schon das letzte Buch unsers kleinen
Thomas à Kempis
angefangen,
19
welches kein
Castalion
sondern ein engl. römischer Pedant
Dr. Widdrington
20
übersetzt hat. Ich ließ am vorigen Sonntag auch vor Freuden einen runden
21
Thaler springen, für den mir ein guter Freund des
Desbillons
Ausgabe aus
22
Elbing zu verschreiben versprach; denn im hiesigen Buchladen hieß es, daß
23
diese Ausgabe wegen ihrer Kostbarkeit niemals hergekommen wäre. Ob sie
24
jetzt herkommen wird, hoff ich künftige Woche zu erfahren. Meine
25
gegenwärtige Lage war wohl dazu gemacht, diesen kleinen Tröster zu genießen.
26
Desperandum de mundo et sperandum in DEO.
In meiner
Visceral
cur
27
bin ich auf
No
80. und beym Empfange dieses denke ich über 100 zu seyn;
28
aber mit der Hauptsache, Bewegung des Gemüths u
Körpers,
will es nicht
29
fort.
30
Laßen Sie mich also, mein auserwählter und gewünschter B. schlafen,
31
ohne mich zu rühren, noch ein langes halbes Jahr. Schreiben und Lesen lohnt
32
für uns beyde nicht. Das letzte kann Ihnen nicht so sauer werden, wie mir
33
das erste, vornemlich an Sie wird. Bekommen Sie Lust mir einige Zeilen zu
34
schreiben; so wird mir das Lesen eine Erqvickung seyn wie ein Trunk
kaltes
35
Waßer
und armen Sündern u Kranken
Wein.
Vielleicht wird de
s
r 87ste
36
May dieses Jahrhunderts das verwesete und verfaulte Weitzenkorn in meiner
37
Seele
! Der reine
Λογος
und der gute Wille, Licht, Leben und Weg
S. 12
für beyde ruhen in Gottes Schooß – Er erhalte Sie und Ihre liebe
2
Marianne
gesund, zufrieden und in vollem Seegen über Ihr ganzes Haus und die
3
Freunde deßelben, Ihren
Druffzel
und das junge Paar.
Wegen der
4
übertragenen Druckkosten hat mich schon unser J. beruhigt, dem ich auch noch
5
schreiben muß, wenn ich auch nicht morgen den vierten Brief erhalten sollte
.
6
Ich ersterbe mit meinem ganzen Gesindel Ihr alter
F
treuer mit
7
kindlicher Schwachheit väterlich gesinnter Freund und Bruder
Johann Georg
8
Hamann.
9
Ihr und
Mariannens
Geburtstag fehlt mir noch.
Provenienz
Staatsbibliothek zu Berlin, Lessing-Sammlung Nr. 1841 s.
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VII 339–341.
Ludwig Schmitz-Kallenberg (Hg.): Aus dem Briefwechsel des Magus im Norden. Johann Georg Hamann an Franz Kaspar Bucholtz 1784–1788. Münster 1917, 108–117.
ZH VII 5–12, Nr. 1017.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
|
6/9 |
83 ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: 83. |
|
6/17 |
beym ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: beim |
|
6/17 |
gestürzt ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: gestürtzt |
|
6/22 |
Reisegefährte ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Reisegefährte, |
|
6/31 |
wollte ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: wollte. |
|
7/8 –11
|
Donnerstag […] Schenk fertig] |
Geändert nach der Handschrift; bei ZH nicht unterstrichen. |
|
7/23 |
vom ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: von |
|
7/25 |
Mittage . |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Mittage. |
|
8/14 |
i sein ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: sein |
|
8/24 |
p |
Geändert nach der Handschrift; ZH: p. |
|
8/36 |
Schiblemini ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Schiblemini. |
|
9/6 –10
|
Sie […] Gesundheit] |
Geändert nach der Handschrift; bei ZH nicht unterstrichen. |
|
9/11 –16
|
Der […] vergrößern] |
Geändert nach der Handschrift; bei ZH nicht unterstrichen. |
|
9/13 |
verschwendet‥ |
Geändert nach der Handschrift; ZH: verschwendet. |
|
10/10 |
TE, |
Geändert nach der Handschrift; ZH: TE |
|
10/17 –22
|
Den […] haben] |
Geändert nach der Handschrift; bei ZH nicht unterstrichen. |
|
10/19 |
unüberwindlige ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: unüberwindliche |
|
11/1 |
p ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: p. |
|
11/6 |
seines ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: eines |
|
11/19 |
Castalion |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Castalion, |
|
11/28 |
Körpers, ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Körpers |
|
11/35 |
Wein. ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Wein . |
|
11/35 –37
|
Geändert nach der Handschrift; bei ZH nicht unterstrichen. |
|
|
12/3 –5
|
Wegen […] sollte] |
Geändert nach der Handschrift; bei ZH nicht unterstrichen. |