1050
129/11
Kgsb. den 26
März.
87.

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Nun, liebster Jonathan noch ein paar Zeilen. Nach einer langen

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Verstopfung komt endlich eine schnelle Katherine, wie man hier einen Durchfall

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nennt. Am gestrigen
Dom. Judica
und Mariä Verkündigung bin ich zum

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erstenmal ausgegangen mit großen Reisestiefeln, hielt meinen Kirchengang

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zum ersten mal in diesem Jahre, konnte aber nur bis zum ersten Theil

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aushalten, besuchte meinen kranken Freund Hennings, der sich seinem Ende

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nähert, aß und trank bey meinem Jacobi, der mich nach Hause begleitet.

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Heute erschien auf dem Packhofe und habe mich meinem Beichtvater gezeigt,

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den Kranken beßer gefunden, und schreibe diese Zeilen bey Licht –

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Es sind lauter geile Äste, die beschnitten werden müßen; ich hoffe aber den

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Hügel nächstens zu erreichen, um mich alsdann auszuruhen. Ich kann den

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Rauch nicht unterdrücken; ein guter Zugwind wird ihn bald vertreiben.

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Unser
Etat
soll bereits unterschrieben seyn, und ich hoffe daß er bald

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ankommen wird. Geschriebnen Nachrichten zufolge sollen die Gehalte wieder

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gestrichen seyn, und mündl. Klätschereyen zufolge habe ich Nebenbuler zu

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meiner freyen Wohnung. Ich freue mich also daß ich so klug gewesen bin alles

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abzuwarten und den ersten Zug des Spiels.

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Hartknoch, wie ich höre, wird sehr früh dies Jahr erwartet, kommt mit

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eigenem Fuhrwerk und ohn Gesellschaft, vielleicht in Rücksicht auf die

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meinige. Selbst hat er mir noch keine Nachricht gegeben, wiewohl ich ihn darum

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ersucht habe. Sobald ich nach Berlin geschrieben habe, werde ich im Stande

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seyn auch an unsern lieben Alc. B. zu schreiben

S. 130
Vergiß mir nicht das Wort
Grove?
Ich kann nicht mehr. Es liegt noch

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viel um mich herum, das ich aufräumen muß. Morgen hab ich noch einen

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sauren Gang zu meiner Tochter oder vielmehr ihrer
Tante
und Mutter. Auch

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meine Freundin
Courtan
muß ich noch diese Woche sehn. Ich bin Gottlob!

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ziemlich auf alles gefaßt und genieße seit ein paar Wochen einer

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ungewöhnlichen Heiterkeit und schmachte nach Deinen Briefen. Spare weder Hippe

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noch Sichel, zu schneiden und zu brennen, wenn das Ubrige werth ist Deiner

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Strenge und Mühe. Ich umarme Dich unter 1000 Seegenswünschen   Gott

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seegne Dich u die Deinigen! Amen.


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Vermerk von Jacobi:

11
Koenigsberg den 22
ten
u 26
ten
/ März 1787.

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J. G. Hamann

13
beantw.

Provenienz

Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.

Bisherige Drucke

Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, V 468 f.

Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 6: Januar bis November 1787. Hg. von Jürgen Weyenschops, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2012, 49 f.

ZH VII 129–130, Nr. 1050.

Zusätze fremder Hand

130/11
–13
Friedrich Heinrich Jacobi

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
129/11
März.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
März