1070
217/2
Kgsb. den 2
Junii
87.
3
Herzens lieber Jonathan,
4
Mein erster Gang war heute bey Fischer, wo ich schon von weiten einen
5
Brief liegen sahe, der mich anzulachen schien; von da bey Deinem
6
Namensvetter, der auch seinen 36 Geburtstag, wo ich nicht irre feyert. Ich nahm mir
7
da einen Augenblick Zeit Deinen Brief u die erfreul Beylage anzusehen. Von
8
da bey
Me Courtan,
die auch an meiner Freude Antheil nahm, von da bey
9
meinem Beichtvater, dem ich heilig hatte angelobt ihn an dem ersten Wink
10
Theil nehmen zu laßen.
11
Ich bin wie neugeboren, aber Gottlob! nach dem überstandenen Sturm
12
kommt eine Stille und ein desto heiterers Wetter. Ich sehe allenthalben
13
Spuren der Vorsehung, die jeden meiner Schritte lenkt und mir den rechten Weg
14
zeigt. Aber gearbeitet habe ich wacker, und meine Freunde haben mich
15
beynahe binden müßen. Was in meiner Seele alles vorgegangen, weiß Gott am
16
besten. Gottlob! daß alles überstanden ist, und sich nunmehr das Gewölke in
17
mir und außer mir aufklärt. Mein Brief nach Berl. kam mir allerdings
18
närrisch vor. Aber nunmehr ist es mir lieb daß es geschehen ist. Am Sonntage
19
Exaudi
schrieb ich einen
kriechenden Brief
an den Geh. Finantzrath
20
von Köpcken, deßen
Departement
Preußen ist. Am Pfingstheil. Abend wurde
21
ich endl. mit meinem
pro Memoria
an Minister von Werder fertig.
22
Denselben Tag gieng hier ein blindes Gerüchte, daß Schulenburg an seine Stelle
23
gerückt wäre. Den Pfingstsonntag schrieb mir Reichards Schwager, daß er in
24
Berl. angekommen war. Den Tag drauf schrieb ich ihm einen sehr muntern
25
Brief, wo ich den gantzen
Statum causae
meldete, nachdem ich 8 Tage vorher
26
seine Schrift erhalten, die mich mehr als irgend eine hier
interessi
rt, sowenig
27
ich auch zum musicalischen Publico gehöre. Darauf denk ich die nächste Woche
28
Antwort zu erhalten. Der Brief
an
Minister ist nicht eher als den 1
Junii
29
abgegangen. Den Tag vorher wurde der
Etat
der
Pensionaires
hier
30
publici
rt, ob er den Abend vorher angekommen, wie es heißt, weiß ich nicht. Das
31
Datum
ist vom 4 May. Da ist mir die Hälfte meines Gehalts, also 150 rth
32
zur jährl.
Pension
ausgesetzt. Ich war damit zufrieden, so ungl. auch die
33
Vertheilung überhaupt ausgefallen. Für einen Menschen der nichts dafür zu
34
arbeiten hat, ist es gnug. Von Rechtswegen sollte ich das ganze Gehalt zur
35
Pension erhalten haben gleich den Tabacks
offician
ten u andern die ohne ihre
36
Schuld außer
Activität
gesetzt sind. Den 1. vorgestern geschah die Abnahme,
S. 218
machte mich sehr unruhig, gieng aber zu meiner Zufriedenheit von Statten,
2
und man fand alles ordentlich bis auf eine
Assignation,
die blos von meinem
3
Nachbar dem bisherigen
Licent Inspector
unterschrieben war und nicht vom
4
Director,
dem ich heute eine Vorstellung deshalb einreichte. Heute habe meine
5
Decharge
erhalten, bin mit meinem Hause zur Beicht gegangen. Kaum
6
komm ich aus der Kirche, wo
Me
die auch zur Vorbereitung gewesen war zu
7
mir komt, voller Freuden mit einem Briefe vom Geh. Commerzrath
Simson.
8
Sie trank ein einziges Schälchen
Caffé
und fuhr in der Kutsche fort.
9
Copia
.
10
Wertheste Freundin, beruhigen Sie sich wegen HE Hamann und beruhigen
11
Sie auch zugl. Ihren Freund, deßen Sache bey weitem nicht so
schlecht
12
übel
stehet
, als Sie es sich dort vorgestellt haben; man glaubte hier, ihm durch
13
den Abschied mit 180 rth (ist ein
error calculi pro
150)
Pension
eine
14
Wohlthat zu erweisen, itzt aber, da man vom Gegentheil spricht, hoffe ich, daß der
15
Abschied widerrufen werden wird.
16
Ich habe seinetwegen mit dem
Departement
rath v. K. gesprochen und
17
er wird diese Angelegenheit morgen in der Versammlung vorlegen, also
18
längstens über 8 Tage erfahren Sie das Schicksal Ihres Freundes, welches,
19
ich bin es gewiß, in diesem Fall nicht ungünstig seyn kann.
20
Empfangen Sie zugl meinen besten Dank, daß Sie mir einmal eine
21
Gelegenheit gegeben haben Ihnen zu zeigen, welchen Werth ich auf Ihre
22
Freundschaft setze. Würdigen Sie mich ferner derselben
p
23
Simpson.
Berl. den 28 May.
24
Ich hätte den Geburts- und Hochzeittag heute bey dem Namensvetter
25
gefeyert, aber ich habe viel auf dem Herzen gegen ihn – und mich des jungen
26
Paars in der Kirche erinnert. Gott laße Dir Freude u Seegen erleben –
27
Hill ist auch den 1 d. aus seinem Dienste gegangen und hat 1½ Jahr bey
28
Deinem unwürdigen Namensvetter aufgeopfert. Gott wird es dem armen
29
Jungen gewiß vergelten.
30
Nun bin ich neugierig, was mein p. M. bey dem Minister für Wirkung
31
thun wird. Ich habe ihn um einen Reisepaß bis nach Berl. gebeten, das
32
Duplum
meines Gehalts zum Verhältnis meiner
Pension
bestimmt und
33
allen mögl. Unfug getrieben, den sich nur ein ehrl. Mann gegen einen großen
34
Herrn erlauben kann, keinen meiner Freunde darüber zu Rathe gezogen, und
35
meinen Muth, wie ein Patriot, gekühlt. Meine Freunde, besonders Hippel
S. 219
und Kraus hatten keinen andern Gesichtspunct als meine Erhaltung,
den
ich
2
nicht ganz zu dem meinigen machen konnte.
Copiam
meiner Acten bringe ich
3
selbst. Ich habe eine Ruhe der Seelen, die ich bisweilen selbst für Verkleidung
4
ansahe, jetzt aber davon beßer zu urtheilen im stande bin. Nach Münster
5
kann nicht eher schreiben, bis ich fertig bin, und in diesem Geschäfte hoffe und
6
wünsche ich
endelich
zu seyn
Prov XXII.
29. Ihr macht es, wie der
7
Patriarch Joseph, mit seiner Familie
Gen. XLV.
20. Ich gehe so leicht wie
8
mögl. und werde schon mit der neuen Woche Anstalt machen. Der morgende
9
Sonntag ist
Eucharistia
und
Viaticum.
–
10
Der Hamb. Buchhändler
Vischamp
ist aus Petersburg hier angekommen
11
u scheint sich zu gefallen. Er speißt alle Tage bey Kayserling. Er hat mir
12
einen
Comte de Bernier de Suze, Piémontois
als den Verf.
des Erreurs et
13
dela Verité
genannt, der sich zu
Niewenpot
7 Meilen von Cleve bey einer
14
Baronin von Neßelrode, geb.
Haxhausen
aufhalten soll. Er ist ein sehr
15
unterhaltender Mann, dem ich wenig trauen kann. Die ehemaligen
St.
16
Martinisten sollen jetzt
Thevecotes
heißen.
17
Ja, lieber Fritz Jonathan, es geht alles nach Wunsch, wenn es nach Gottes
18
willen geht, und die Prinzeßin ist eine wahre
DEA ex machina
– Wenn Dir
19
so viel an mir gelegen ist, so must Du am besten meine Empfindungen
20
auszudrücken im stande seyn. Ich bin nicht werth aller Barmherzigkeit – Ich
21
gehe gerade nach
Münster
. Dies ist mein fester Vorsatz und
propositum,
22
ohne eine höhere
Disposition.
Also gehe Deinen Weg, wie ich meinen gehe –
23
Nun lese ich erst daß die Hochzeit den 2
Julii
ist und daß ich heute einen
24
Monath früher
in petto
gefeyert. Auch auf Deiner genealogischen Tafel
25
steht der 2
Jul.
als Geburtstag. Ich bin leider! meiner Sinnen nicht mehr
26
mächtig. Kraus u Brahl waren hier. Des letztren Verleger hat ein Exemplar
27
seiner Uebersetzer durch den Düßeldorfschen Buchhändler besorgt. Hier ist
28
noch keins. Guten Abend!
29
Trin.
Des Abends.
30
Jetzt komme ich von meinem Beichtvater, den ich diesen Nachmittag
31
besucht, beynah unruhiger, wie ich hingegangen war. Ich liebe die
32
Frühpredigten und verschlief diesen Morgen; vertiefte mich in Gedanken bey meinem
33
Caffé
und Pfeife Taback, fand ein Lied, in dem ich meinen ganzen Zustand
34
abgemahlt fand und womit ich mich zugl. tröstete. Den
II
vers fand ich schon
35
unterstrichen. Jetzt fand ich am
g
Ganzen eben so viel Geschmack. Auf
36
Gerathwol setz ich den Anfang hin:
O Jesu, siehe drein
– Nach dem
37
Eßen war ich bey Hippel angesprochen, um ihn an den tröstl. Winken Theil
S. 220
nehmen zu laßen. Ich finde nirgends die Sympathie, welche der meinigen
2
entspricht, und mache mir deshalb Vorwürfe – auch Besorgniße.
3
Auf Deinen vorigen Brief zu kommen, ist die Abhandlung über Aristoteles
4
in Cäsars Journal und ich kenne den Verf. ziemlich genau. Er
heist
Pleßing,
5
und sein Vater ist ein Preuße; er hat 2 Octavbände von der Abgötterey
6
geschrieben, die mir gefielen als ein zieml. gelehrtes Werk für einen
7
Landprediger. Der Sohn hatte mancherley Schicksale gehabt und Werthersche
8
Leiden, daher er mit Göthe bekannt geworden. Semmler hat seinen Namen
9
mit dem ersten Buchstaben angeführt im
I.
Theil seines Lebens. Aus
diesem
10
Umstande
vermuthe ich, daß er an Dich geschrieben. Er wollte hier
11
griechisch lernen, die
Recension
eines Drama kam ihn in die Qveere, und sie
12
gerieth ihm länger als irgend
eine der
Litteratur
Zeitung. Sie machte einige
13
Beylagen unsrer hiesigen Zeitung aus. Er gab hier eine lange Predigt heraus,
14
ist überhaupt ein
animal scribax,
der Wochen lang einsitzen konnte Osiris,
15
Mnemonium
p
sind von ihm. Er wird sich blind und so leer aus schreiben, daß
16
nicht ein Tröpfchen übrig bleiben wird. Was reifes und gesundes ist kaum
17
von ihm zu erwarten. Er ist mit
Dohm
in Berl. sehr bekannt worden und
18
dedicirte ihm seinen Osiris. Ihm ist an einem gelehrten Namen gelegen, und
19
hat die Freude erhascht, wie einen Schatten. Es lohnt kaum mehr zu sagen.
20
Melde mir doch, ob Du durch Deinen Nachbar von ihm gehört, oder ob er
21
sich unmittelbar an Dich gewandt. Im letzten Fall wirst Du ihn bald
22
übersehen können, daß er mehr ein Schwätzer als Denker ist.
23
Die Hypothese der Berlinschen Schule kommt mir nicht als ein Mährchen
24
vor. Hier möchten sie
quoad materiam
mehr Recht haben als
quoad formam.
25
Das Pabstum ist eine Absonderung de
s
r menschl. Natur und des fleischl.
26
Χ
stentums oder wie der seel. Witzenmann sich ausdrückte, eine göttl.
27
Entwickelung des Antichrists durch das menschl. Geschlecht. Gott ruht, und der
28
Menschenfeind ist auch des Nachts geschäftig sein Unkraut auszustreuen
29
selbst durch Jünger, wie Petrus und Judas
p.
Der Schein der
Vernunft
30
und der Religion, der Sittenlehre und selbst des Evangelii sind splendide
31
Mittel auch (wo es mögl. wäre) die Auserwählten in den Irrthum zu
32
verführen. Matth.
XXIV.
24. Er spukt im Cabinet und in der Wüsten Bileam
33
und Kaiphas weißagen, ohne sich
selbst recht
zu verstehen noch
34
verstanden
zu werden.
Conf. 2 Chron. XVIII.
20–22.
35
Alle Hypothesen sind gut, auch Mährchen nicht zu verachten; aber die
36
Anwendung erfordert Behutsamkeit.
Spinoza
wußte seiner Hypothese eine
37
Form
zu geben, die einer Demonstration ähnlich sah. Du glaubst, darum
S. 221
schreibst Du; Deine Gegner glauben auch vielleicht und zittern. Ich habe die
2
Berl.
Recension
Deines Dav. Hume abschriftl. gelesen. Sie hat auch an
3
Deiner
Form
manches auszusetzen. In welchem Zusammenhange ich
4
damals geschrieben weiß ich nicht. Wir werden darüber vielleicht am besten
5
mündl. sprechen können. Da ich ein Verhältnis angegeben habe, das Dir
6
bekannt seyn muß; neml. des seel. W. seins zu Dir: so könnte das meinige nicht
7
gantz unverständlich seyn. Du hängst überhaupt zu viel an Kunstwörtern der
8
philosophischen Sprache, die in meinen Augen nicht viel beßer als wächserne
9
Nasen sind. Und hierüber ist
Spinoza
das deutlichste Beyspiel. Mich verlangt
10
nach Herders Gesprächen und Hartknochs Ankunft. Diesen Augenblick schickt
11
mir
Me Courtan
das elende Geschmier über M. M. Character u Schriften
12
ins Haus, den ich damit fortjagte. Der seel. Mann lachte u beschwerte sich
13
einmal über die Art womit ihn
Zimmerman
in der Erfahrung angeführt
14
hätte. Das ganze Buch taugt nicht so viel als das leere Lob einer einzigen
15
Stelle von Zimmermann. Auf
Mirabeau
bin ich auch neugierig.
16
den 4
17
Ich komme aus dem Montagsgebet und komme in
meinem
alten Gleis die
18
Früh- und Wochenpredigten zu besuchen. Mein brutaler Magen macht mir
19
viel zu schaffen. Eben habe ich mein letztes Haus für 4150 fl. losgeschlagen,
20
das ist das dritte, bey jedem gegen die Hälfte verloren. Die
Capitali
en sind
21
schwer anzubringen für 5
p
%. Also neue Sorge für mich, und Geschäfte, zu
22
denen ich nicht das geringste Geschick habe. Gott gebe mir auf meine alten
23
Tage einen Schwiegersohn, den ich zum Vormunde und
Curator
in
24
Geldsachen installiren kann.
25
Mein Kopf leidet, da ich sonst von eigentl. Schmerzen nicht weis. Ich
26
muß ausgehn und ein
Redin
gotte oder etwas ähnl. besorgen. Ein Kleid auf
27
dem Leibe, u eins im Mantelsack, mit dem ich dem
braunen Mann
28
ähnlich sehe, und nothdürftige Wäsche ist des irrenden Ritters u jungen Knappen
29
gantze
Equipage.
Ich kann nicht aushalten und muß laufen. Morgen kommt
30
mein
P.M.
in Berl. an was es nach sich ziehen wird, überlaße ich der
31
Vorsehung und Wahrheit – – Vielleicht feyre ich den 2
Jul.
unterwegs. Gott sey
32
mit uns allen, den Deinigen u Meinigen! Amen!
33
den 5 auf dem Bette.
34
Mich überfiel gestern ein Flußfieber, daß ich die gröste Mühe hatte zu
35
Hause zu kommen. Nachdem ich mich an bekannten und unbekannten Orten
36
ausgeruht hatte, wurde mir mein Sohn nachgeschickt, der mich vollends zu
S. 222
Hause schleppte. Ich verfiel sogleich in einen tiefen Schlaf, und bin jetzt
2
erleichtert. Mehr schreiben kann ich nicht.
3
Fortsetzung auf dem freien Raum einer Abschrift des Briefs von Thomas
4
Wizenmann vom 4. Juli 1786 (vgl. Brief Nr. 990), die Johann Michael Hamann
5
machte. Darauf bezieht sich Hamanns Anmerkung und der zunächst folgende Absatz.
6
Erhalten den 15
Jul.
86
7
Geantw. den 22, 23
8
N.S. am Dreyeinigkeitsfeste
3. Juni 1787
.
9
Ist meines
Joh
Mich. Tatze, der seinen alten Vater in seinen gelehrten
10
Untugenden übertreffen will; in seiner Kindheit schrieb er beßer. Predigen
11
ohne Beyspiel hilft nicht. Was macht Dein
George mit dem
12
Mantelsack
?
13
Ich schrieb schlecht und ich weiß nicht was an unsern seel. Freund; weil
14
sein Vertrauen über die Schnur sind, und wenn ich Ja sage, nicht gern
15
wiederruffen mag, mir lieber ein wenig Zeit laße Ja zu sagen. Eurer eigenen
16
Ehre wegen müßt Ihr schon mit
mir für lieb nehmen
. Wenn es nur
17
zu Gottes Ehre gereicht, so wollen
wir
die Schande gern tragen, und uns
18
theilen in der Last. Ihr beide meine Unwürdigkeit, und ich Eure doppelte
19
Freundschaft.
20
Ob fugam vacui
Cop
ey
ia des kriechenden Briefes
.
21
Ew. Hochwolgeboren sind schon längst durch meinen Landsmann u Freund
22
HE Capellm. R. zur Theilnehmung meines Schicksals bewogen worden, und
23
die Verschlimmerung deßelben durch meine eigene Schuld wird Ihnen h.
24
Herr, dort eher und näher, als mir selbst bekannt geworden seyn. Es hat mir
25
nur in einem schweren Anfall der höchsten Hypochondrie einfallen u gelüsten
26
können an des dirigir. HE
Etats
Min. von W. Exc. eine
Supplique
zu
27
schreiben, die mir deßelben Ungnade, und zur Strafe meiner Unbesonnenheit eine
28
Resolution
zugezogen hat, die ich den 9 d. erhalten und
dadurch
dergestalt
29
übertäubt worden bin, daß ich nach einem harten Zweykampfe, mich nicht
30
eher als
erst
gestern frühe nach einer schlaflosen Nacht mich zu erholen
31
vermocht habe. Ich erkenne freylich die verdiente Züchtigung, durch welche ich
32
treul. gedemüthigt worden bin, getröste mich aber gleichwol durch eben
33
dieselbe Hand, welche ich mit kindlicher Ehrfurcht küße, von meinem tiefen Fall
34
wider aufgerichtet und von meinen geschlagenen Wunden geheilt zu werden.
S. 223
Mit Reue und Leid bekenne ich mein Vergehen, und flehe zugl. um
2
Vergebung u Erlaßung der schmähl. Todesstrafe, zu der ich durch
einen
plötzl.
3
Abschied verurtheilt worden bin mit meinem ganzen Hause umzukommen und
4
zu verhungern.
5
Ew Hochw geruhen in geneigte u ernstl. Erwägung zu ziehen
6
1. daß mein Verbrechen im Innersten des Herzens ein blinder
7
ungedultiger Diensteifer gewesen, in dem ich mir selbst immer die
Wenigkeit
und
8
(zum Theil) Unnützlichkeit meiner bestallungsgemäßen Geschäfte
9
vorgeworfen u zu Gemüthe gezogen habe, trotz des verhältnismäßigen Gehaltes,
10
wobey während meiner 20 leider! jetzt unerkannten Dienstjahre den Rest
11
meines schwächl. Vermögens zugesetzt habe und beynahe zum Bettler
12
geworden bin
13
2. daß ich nicht aus Dürftigkeit meines guten Willens, sondern vielmehr
14
durch die von dort her erhaltene Bestallung in meiner jetzigen Packhofv. Stelle
15
dergestalt eingeschränkt worden bin und mir die zweyjährige Weigerung eines
16
rechtmäßigen Urlaubes zur Erneuerung meiner Gesundheit und zur
17
Abmachung meiner letzten und einzigen Privat- und Familien Angelegenheit
18
desto empfindlicher nahe gegangen, da ich diese doppelte Nothreise am
19
füglichsten und sehr gern während des mir zur Last gelegten Stillstandes u
20
Müßigganges zurückgelegt hatte, um zu den bevorstehenden Veränderungen desto
21
gerüsteter u wackerer zu seyn.
22
3. Daß der in der allergnädigsten
Resolution
von 26
Apr. c.
angeführte
23
ausdrückl. Kgl. Befehl dem ächten von
Fridr. Wilh. glorr. And.
24
herstammenden und festgesetzten Packhofverwalter günstiger sey, dieser also in seiner
25
ersten, alten eigentüml.
Activität
hatte
restitui
rt, hingegen der neuerdings
26
von den Franzosen mit fast doppeltem Gehalt eingeflickte und jezt gantz
27
überflüßige
Inspecteur
füglicher eingezogen und
annullirt
werden sollte, als ein
28
zur Amtsverrichtung des Packhofv. natürl. gehörigen Theil und Zweig, der
29
durch willkührl. eigenmächtige Gewalt
abgetrent
worden war.
30
4
Daß der
Wunsch
durch die geöffnete Thür des Abschiedes zur Ruhe zu
31
gelangen mir
wi
weder in meinen Sinn noch Gedanken gekommen war,
32
sondern just die bey der jetzigen verstümmelten Packhofv.stelle leere und lange
33
Weile mir zur schwersten Last u Schande gereichte, u ich vielmehr gesonnen
34
u entschloßen war nach überstandener Reise mit erneuerten Kräften und
35
erleichtertem Herzen mich mehreren u nützlichen Geschäften aufzuopfern.
36
5
glaubte ich zu dieser einzigen Bedienung ihrer Art vorzüglich bestimmt
37
und gebildet zu seyn, und mich durch Treue und Uneigennützigkeit, als die
S. 224
Hauptbedingungen eines solchen Amts nicht nur dazu
qualifici
rt, sondern
2
hatte mich auch 10 Jahre mit dem Gerippe eines
Pakh.V.
begnügen laßen,
3
folglich die nächsten, rechtmäßigsten u ältesten Ansprüche auf das ganze und
4
völlige Erbe meines unmittelbaren Vorgängers und seiner Vorfahren für
5
mich hatte.
6
6. In dieser Rücksicht war es mir nur mögl. mit so vieler Gleichgültigkeit,
7
die jetzt tägl zunehmende Beförderung jüngerer Leute zuzusehen, die lange
8
nach mir, theils unter mir gedient hatten, bey noch weit wenigeren
9
unbestimmten u entbehrl. Geschäften, als die meinigen je gewesen, mit desto
10
freygebigern Gehalt ausgestattet worden sind und werden.
11
Fortsetzung des Kriechenden Briefes.
12
7. Es ist mir daher unbegreiflich, wie ich meiner Wenigkeit u
13
Unbrauchbarkeit so strenge bestraft werden soll, unterdeßen der jetzige Nachfolger des
14
eingeschlichnen französischen
Inspecteur,
der blos dazu diente den alten
15
hiesigen von Friedr. Wilhelm constituirten Packhofverwalter seines Ansehens
16
und Einflußes zu berauben und monatl.
Etats
und
Rapports
in seiner
17
Muttersprache dort einzuschicken, durch die jetzige Administration noch zu
18
einer vollkommn
ern
Ruhe, als mir gegönnt worden ist, gelangen soll auf
19
Kosten der schon überladenen und überflüßig beschäftigten Buchhalterey.
20
8. Daß ich bey allen nur mögl. mißlichen Folgen des neuen
21
Operationsplans und meiner zunehmenden Erschöpfung und Sorgen wenigstens die
22
Erhaltung des Packhofverwalters und die Landesväterl. Nachsicht und
23
Vorsorge aller ohne ihre Schuld außer
Activität
gesetzten Bedienten vermuthet
24
und gehofft habe.
25
Ew. Hochwolg. geruhen demnach zum Merkmal meiner Verzeihung und
26
zu Milderung des nicht nur über mich selbst, sondern über mein ganzes
27
Haus, welches aus 4 Kindern, ihrer armen Mutter und einer einzigen
28
Dienstbotin besteht, ergangenen Urtheil, mir Dero guten Rath und Beystand
29
angedeyen zu laßen.
30
1. ob ich mich bey Ihro
Exc.
dem dirigirenden Staatsminister abermalen
31
melden und wegen meines gut gemeinten, aber zu heftig ausgelaßenen
32
Diensteifers Gnade hoffen darf?
33
2.
ob
und
wie
mir aus der Grube wider geholfen werden kann, in die
34
ich gefallen oder gestürzt worden bin, damit ich nicht durch gröbere und ärgere
35
Verzweifelungsmittel in noch tieferes Elend gerathe, wenn sich ein
36
grausameres denken läßt, als die Noth mit den Seinigen zu verhungern, und die
S. 225
gewünschte Ruhe und Erndte 20 mühseeliger, kümmerl. Jahre durch einen
2
einzigen Fehltritt mit Schimpf u Hohn zu verlieren?
3
Hierüber erflehe eine baldige Antwort u ersterbe
p
4
Am Erhörungs-Sonntage und Himmelfahrtfeste.
5
Status causae
oder
P. M.
von Freund Crispus, durch
Mme
6
Courtan
den 18
May
abgegangen an ihren Schwager, den
7
geh.
Commerci
enrath
Laval
u do
Simpson.
Der erste hat
8
noch nicht geantwortet
.
9
Der Packh. H. nachdem er schon 2 Jahre hinter einander um Urlaub zu
10
einer für ihn überaus nöthigen u wichtigen Reise vergebens gebeten hatte,
11
widerholte diese Bitte vorigen Monat zum dritten mal u stellte dabey theils
12
die Beschaffenheit seines Postens, bey welchem durch seine Reise keine
13
Verwahrlosung des allerhöchsten
Interesse
statt finde, theils die Beschaffenheit
14
seiner Gesundheit vor,
die
der durch die Reise am besten aufgeholfen
15
werden würde. Beyde Gründe scheinen bey Hofe ausgelegt worden zu seyn, als
16
ob Supplicant selbst seinen Posten für entbehrlich u seine Gesundheit für
17
unwiederbringl. erklärt und sonach in den Quiescentenstand versetzt zu
18
werden gewünscht hätte.
19
Aber was 1. seine Gesundheitsumstände anbetrifft: so hat er durch seine
20
vormalige äußerst mühseel. Amtsarbeit u durch häusl. Sorgen u sitzende
21
Lebensart sich dermalen
temporaire
körperl. Beschwerden zugezogen, hoffte
22
aber davon eben durch die Reise befreyt zu werden, da er eben dadurch einer
23
Haussorge, die mit bisher an seiner Gesundheit nagte, sich entledigen würde,
24
und da er sonst einer treffl. Constitution sich zu erfreuen gehabt. Weit gefehlt
25
sich für eigentl.
invalide
u unfähig zu allem Dienste zu erklären, hat er
26
vielmehr erklärt, daß er durch die Reise seine Gesundheit zu erneuern und frische
27
Kräfte zum Dienste wieder zu erlangen gedenke.
28
Und was 2. den Posten anbelangt: so hat zwar
Suppl.
mit einer höchst
29
seltnen Treuherzigkeit den ganzen Umfang der damit verknüpften freyl. nicht
30
großen Arbeit aufgedeckt, aber auch angezeigt, wie fern er 1.) von diesem
31
Posten, selbst wenn er als ein bloßes Gnadenbrodt angesehen würde,
32
gleichwol seine 10 jahrige außerordentl. anstrengende Uebersetzerdienste, nach
33
welchen er erst dazu gelangt ist, wohl verdient haben möchte 2. wie es zugegangen,
34
daß dieser Posten der gleichwol noch immer Arbeit hat, Ordnungsliebe u
35
Treue erfordert, nicht mit noch mehr Arbeit verknüpft ist. Neml von dem
S. 226
ursprüngl. als Packhofverw. Dienst, womit ehedem außer dem Beysitz im
2
AdmiralitätCollegio
noch die
Inspection
über das ganze
Licent
verbunden
3
war, ist letzterer durch die franz. Administr. weil der damalige Packhofv. ein
4
stockdeutscher war, abgetrennt und zu einem besondren Posten mit 2 mal so
5
viel Gehalt für Franzosen erschaffen worden.
6
Weit gefehlt sich vor mehr Arbeit zu scheuen, hat vielmehr
Suppl.
aus
7
wahrem Gewißenstriebe diese Lage seines Postens aufgedeckt, um wenn man
8
es für billig fände mehr Arbeit wieder zu verknüpfen, seine Bereitwilligkeit
9
dazu erklärt.
10
Suppl.
hat in allen jetzt 20 Jahren mit allgemein bekannter Treue u die
11
ersten 10 Jahre bey einer fast sclavischen Arbeit gedient. Er ist wirkl. jetzt
12
unter allen
Accise
u Zoll
Officiant
en, den Dienstjahren nach (: beynahe :)
13
der älteste. Als solcher hätte er wohl mit mehrerm Rechte als somanche
14
jüngern, sich um weitere Beförderung melden können. Er that es nicht, weil
15
er seinen altfundirten Posten ob selbiger gleich nur 300 rth trägt für
16
unverlierbar hielt und weil er selbigen nicht eben wegen der damit verknüpften
17
mäßigen Arbeit, aber wohl des Umstandes wegen, daß die dabey statt
18
findenden Geschäfte von andern
Bureaux
unabhängig und nicht mit großer
19
Verantwortung verbunden sind, seiner von allen Durchsteckereyen u
20
Verwirrungen abgeneigten Denkungsart am angemeßensten fand.
21
Soll nun gleichwol Kraft des allerhöchsten Kgl. Befehls, daß bey der
22
jetzigen
Accise
Einrichtung überflüßige Posten eingezogen und die wenig
23
beschäftigten verbunden werden sollen der Packhofverwalter als zu wenig
24
beschäftigt eingehen: so wäre immer noch erst genau zu untersuchen ob nicht
25
beßer die damit verknüpft gewesene Licentinsp. mit derselben vereinigt würde;
26
die letztere obgl.
sie durch
franz. Einrichtung an 500 rth
(1000 mit den
27
E
t
molumen
ten die jetzt eingezogen und dafür 600
Etats
mäßig sind)
und
28
noch so viel
Emolumen
te hat, doch im Grunde noch weniger Arbeit giebt als
29
selbst der
Pakhov.
Posten: auch wäre zu untersuchen ob die neuen
30
Aßeßorenstellen bey der
Prov. Direction
welche mit so hohem
Gehalt versehen
31
u zum Theil an Personen von so jungem Amtalter gegeben
worden, nicht
32
wirkl. genau besehen, ohne alle Arbeit seyn werden.
33
Erlaßung von allem Dienst kann
Suppl.
unmögl. weder wünschen noch
34
ertragen; denn da er selbst bey den 300 rth seines Postens mit seinen 4
35
heranwachsenden Kindern nicht leben konnte, ohne sein bischen Vermögen allmähl.
36
gantz zuzusetzen so muß er bey einer blos verhältnismäßigen
Pension
mit
37
den Seinigen, durchaus, unverschuldeter Weise, in Noth u Elend gerathen.
38
Abgegangen den 18 May.
S. 227
Ob fugam vacui.
Nach erhaltener
Decharge
reichte ich der
Direction
2
folgende Vorstellung ein.
3
Dem allergn.
Special
Befehl
d d
Berl. den 26 Apr
c.
gemäß habe ich zwar
4
vom E Kgl. Ostpr.
Prov. Directorio
nach geschehener Uebergabe der Hiesigen
5
Packhofverwaltung die gewöhnl.
Decharge
erhalten. Da aber dem HE
6
Kriegsrath
de
Xhenemont
unter den Belegen meiner zehnjährigen
7
Packhofverwaltung einer
de
ao
82.
No
4: über 99 rth, 89
gr.
der blos von HE
p
8
de Marvilliers
unterschrieben worden, bedenklich vorgekommen ist: so sehe
9
mich genöthigt bey E Kgl. Ostpr.
Prov Dir.
ergebenst anzusuchen,
10
entweder
beyl. Beleg
No
4. annoch beliebigst zu
autorisi
ren;
11
oder
mir geneigt eine
Special-Decharge
zu meiner u meiner Erben Sicherheit
12
zu ertheilen: weil
13
1. alle
Assignationes
von einigen Betragen immer von E.
Licent-Casse
14
vorschußweise
ausgezahlt und die Hinlänglichkeit derselben von dem
15
Einnehmer erkannt u angenommen worden; mir daher weiter nichts
16
obgelegen hat, als die von der
Licent Casse
geschehene Auszahlung in mein
17
Register einzuschreiben und in Ausgabe zu bringen
18
2. weil HE
de Marvilliers
nicht nur bey Einhändigung dieser
Assignation
19
sondern auch bey der neuerdings geschehnen
Verification
des
Calculatoris
20
mir öffentl. die mündl. Versicherung gegeben daß er für die Gültigkeit haftete;
21
mithin kein Bedenken tragen wird, seine mündl. Erklärung auch schriftl. zu
22
bekräftigen.
23
3. Ist hierüber nichts vorschrift mäßiges in meiner Bestallung
d d
Berlin
24
4.
Feb.
77 enthalten.
25
4. hab ich mir niemals erlaubt mich um die Anwendung u Bestimmung der
26
von meinen Vorgesetzten oder in ihrem Namen mir
praesenti
rten
27
Assignatio
nen weiter als zu meiner Amtspflicht gehört, mich zu bekümmern.
28
Folgl. müßte Aussteller dieser
Assignation
und der
Licent
einnehmer der
29
das Geld ausgezahlt hat ledigl. deshalb
responsable
bleiben und ich mit den
30
Meinigen vor aller Verantwortung gedeckt und gesichert seyn durch eine
31
Special-Decharge
oder vollständige
Authorisation.
Kgsb. den 2
Junii
87.
32
H. Kgl.
Pensionn.
a.c.
33
Dieses Geld ist gebraucht um das halbe
Magazin
wider in Wohnzimmer
34
zu verwandeln, unterdeßen ich der meinigen entbehren muß. Der
Licent Insp.
35
u Einnehmer spielten sich einander in die Charten; weil dieser in jenes
36
Wohnung zieht. Der
Dir.
verstand sich zu keiner
Authorisation.
Man hat sich
37
darüber brav gezankt, u
Marvill.
bracht mir eine
Caution
wegen dieses
S. 228
Postens vor das Bett u nahm mit vieler
Courtoisie
Abschied. Er wird gnug
2
gegen die
Dir. denuncii
ren. Ich habe mich allein
selbst
denunciirt,
und
3
niemals um das geringste bekümmert.
4
Billet-doux
an Namensvetter des Morgens nach einer schlaflosen Nacht.
5
Lieber HE. Gevatter und Freund
6
Nicht
Spatziergänge
,
7
sondern
Krankenbesuche
, wo nicht zu ererben noch zu erwerben ist, werden
8
in das
Hauptbuch
des großen Menschengläubigers und Menschenrichters
9
eingetragen, wenn es einmal heißen wird:
was ihr nicht gethan habt einem
10
unter diesen Geringsten
, das habt ihr
mir auch nicht gethan
. Sollte die
11
populaire Dogmatik hierüber neuerer u näherer Offenbarungen gewürdigt worden
12
seyn: so wird es die Zeit lehren.
13
Ich habe Freytags mein Amt niedergelegt; Sonnabends Vormittags
14
meine
Decharge
auf der
Direction
u Nachmittags vom Altar erhalten.
15
Montags frühe mein letztes Haus, zwar wider mit ⅓ Verlust, aber mit
16
vieler Zufriedenheit an rechtschaffene Leute verkauft, die ich noch denselben
17
Nachmittag besuchte aber so krank nach Hause kam, daß ich meinen
18
Schneider weder sehen noch sprechen konnte. Für meinen armen verlaßenen
Hill
19
Freund Hill habe ich auch
s
gesorgt, wenn ers annehmen will, u denke an
20
weiter nichts als meine Reise, welche ich mit einem Sprunge aus meinem
21
Lager auf den Post
t
wagen wo nur immer mögl. mit nächster Woche in
22
Θ
tes Namen anzutreten wünsche; weil ich selbst meine Krankheit als eine
23
Praeservativ-cur
zur Reise ansehe u allen Schlamm u Unrath heim laßen
24
will.
25
Die 1000 fl. liegen seit Dienstag einsam bey mir. Aus der Beyl. (es war
26
die
Punctation
des Kauf
Contr.
) sehen Sie das übrige, das Mich. baar
27
ausgezahlt werden wird. Nun komt es noch auf die Gewißensfragen an: ob Sie
28
bey diesem freundschaftl.
Depot
an den bezahlten Zinsen viel eingebüßt, daß
29
Sie sich bis zu meiner Heimkunft dieses Waysen annehmen wollen u ob ihre
30
liebe 3 Kinder dabey um 1% reicher oder meine 4 um
d
o
ärmer werden
31
sollen.
32
Es sollte mir leid thun, wenn es mir in der Freundschaft mit dem
33
Buchstaben J wie mit dem Buchstaben B. gehen sollte. Ich unterwerfe mich
34
meinem Schicksal und bin auf jeden Fall Ihr längst vorbereiteter u kräftig
35
ausgerüsteter Fr
eund
u
D
iene
r J G. H.
S. 229
Kgl.
Pension.
u in Abrahams Schooß liegender
2
Lazarus dem übermorgenden Evangelio zu folge
3
Ew. Exc. werden geruhen meine arme Familie in dem bisherigen Genuß
4
der halben Freywohnung zu schützen,
und
mit hoher Hand auf die
5
Wiederherstellung und Ergänzung bedacht seyn und mich zu dem volligen Zustand
6
eines
gantzen
hiesigen Packhofverwalters verhelfen, deßen diese jetzige
7
Stelle gegen 20 Jahre
ungerechter Weise
entsetzt gewesen.
8
Ew. Excell. weise und huldreiche Vorsorge einen im Konigl. Dienste verarmten
9
Mann
, der sich an dem Gottespfennig seiner Kinder ohne Sünde und Schande
10
nicht vergreifen kann, und der mit Gott und Menschen gekämpft
Ge XXXII. 28. 30.
11
das Angesicht seines Wohlthäters zu
sehen
und zu
genesen
, mit einer
12
verhältnismäßigen
Pension
zu unterstützen, erkenne mit fußfälligem Danke.
13
Da ich als ein
ohne seine Schuld
außer
Activität
gesetzter Kgl.
14
Bedienter laut
eines
ausdrückl. allerhöchsten Befehls auf mein volles Gehalt
15
Anspruch machen kann: so w
äre
ürde die allerkleinste Verhältnis zur
16
Gnugthuung des erlittenen und neuerdings meinem ganzen Hause zugedachten
17
Uebels das
Duplum
seyn;
so
wie ich zum Ersatz des bezahlten
Porto
mir
18
schmeichele von Ew. Exc. Grosmuth einen Konigl. Freypaß zu meiner Reise
19
zu erhalten, die ich in Gesellschaft meines ältesten Kindes und einzigen Sohns,
20
welcher sich zu meiner großen Zufriedenheit der Arzneywißenschaft wiedmen
21
wird, abzulegen genöthigt bin. Ich werde für diese außerordentl. Huld
22
verpflichtet seyn mich bey meiner Durchreise in Berlin so viel zu laßen, daß ich
23
mich zu
Ew
Exc. Füßen werfen und meinen persönl. Dank mehr mit
24
Empfindungen als Worten abstatten kann.
25
K
Gott wird Ew Exc. und Dero hohes Haus nicht unbelohnt, noch meine
26
brünstige Seufzer für das unverrückte Wohl deßelben unerhört laßen.
27
Seine Ehre ist es, eine Sache verbergen
; aber der Könige und
28
ihrer
Minister Ehre ist es, eine Sache
zu erforschen
(
Prov.
29
XXV.
2)
30
Auch in der Dunkelheit giebts göttlich schöne Pflichten
31
Und unbemerkt sie thun, heißt als Held verrichten.
32
Die Fabel erzählt, wie eine pfeifende dankbare
Maus
Spitzmaus sich
33
um einen im Netze des Jägers verstrickten Löwen verdient gemacht haben soll.
S. 230
VIXI. SCRIBSI. ET. LIBERAVI. ANIMAM.
2
J. G. H.
3
Kgl. Preuß. Packhofverw. und zeitiger
4
Pensionnaire par excellence depuis la
5
dette omineuse du XXVI. Aout.
6
Kgsb. den 26. May am Pfingstheil. Abend 87.
7
Ψ
LVII = anno aetatis et
quietis
meae.
8
Vermerk von Jacobi auf abgesondertem Blatt:
9
Koenigsberg den 3
ten
Juni 1787.
10
J. G. Hamann
11
empf den 14
ten
–
12
beantw den
22
ten
. –
Provenienz
Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.
Bisherige Drucke
Friedrich Heinrich Jacobi’s Werke. Hg. von Friedrich Roth. 6 Bde. Leipzig 1812–1825, IV 3: J. G. Hamanns Briefwechsel mit F. H. Jacobi, 369–372.
Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, V 537–547.
Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 6: Januar bis November 1787. Hg. von Jürgen Weyenschops, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2012, 164–173.
ZH VII 217–230, Nr. 1070.
Zusätze fremder Hand
|
230/9 –12
|
Friedrich Heinrich Jacobi |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
|
217/28 |
an ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: an den |
|
218/7 |
Simson. |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Simson |
|
218/12 |
stehet ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: steht |
|
218/32 |
Duplum |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Duplum |
|
219/1 |
den ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: die |
|
219/15 |
St. |
Geändert nach der Handschrift; ZH: St. |
|
220/4 |
heist ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: heißt |
|
220/12 |
eine der ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: eine in der |
|
221/13 |
Zimmerman ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Zimmermann |
|
221/17 |
meinem ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: meinen |
|
222/6 |
Jul. |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Jul |
|
222/9 |
Joh ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Joh. |
|
222/28 |
dadurch ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: dad urch |
|
223/2 |
einen ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: meinen |
|
223/27 |
annullirt |
Geändert nach der Handschrift; ZH: annulirt |
|
223/29 |
abgetrent ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: abgetrennt |
|
223/30 |
4 ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: 4. |
|
223/36 |
5 ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: 5. |
|
224/2 |
Pakh.V. ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Packh.V. |
|
224/14 |
Inspecteur, |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Inspecteurs |
|
226/10 |
Suppl. |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Suppl. |
|
226/12 |
Accise |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Accise - |
|
226/26 |
sie durch ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: die durch |
|
226/29 |
Pakhov. ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Packhof. |
|
226/30 –31
|
Gehalt […] gegeben] |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Gehalt gegeben |
|
227/3 |
d d |
Geändert nach der Handschrift; ZH: d d |
|
227/6 |
de |
Geändert nach der Handschrift; ZH: de |
|
227/8 |
de Marvilliers |
Geändert nach der Handschrift; ZH: de Marvilliers |
|
227/23 |
d d |
Geändert nach der Handschrift; ZH: d d |
|
229/7 |
ungerechter Weise ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: ungerechterweise |
|
229/9 |
Mann ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Manne |
|
229/10 |
Ge XXXII. 28. 30. |
Hinzugefügt nach der Handschrift; am linken Rand von Hamann nachträglich eingefügt. |
|
229/14 |
eines ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: seines |
|
229/23 |
Ew ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Ew. |
|
229/28 |
zu erforschen |
Geändert nach der Handschrift; ZH: zu erforschen |
|
230/7 |
quietis |
Geändert nach der Handschrift; ZH: quie tis |
|
230/12 |
22 ten . – ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: 22 ten . |