1104
309/15
Pempelfort. Elys. den 16 8
br
87.
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Alter lieber guter Landsmann und Freund
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Vorgestern um Mitternacht kam
Diotime
an. Gestern frühe habe ich
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meine
Quarantaine
geschloßen.
Netto
40 Tage den Pyrmonter getrunken.
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Damit die Zahl der Flaschen der Tage ihrer gleich sey, bin ich noch willens
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zwey bey gutem Wetter allmählig
extra regulam
auszuleeren. Nach
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geschloßener Cur erhielte einen Brief von meiner Tochter, die sich Ihnen mit
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vielen Knixen bestens empfiehlt, und wenigstens mit dem Munde der
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Vorsehung dankt, wie ihr alter Vater, daß Gott Sie als einen Raphael zu
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meinem Reisegefährten und Erhalter meiner Gesundheit und Widerhersteller
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derselben ausgerüstet und verliehen hat. Sie meldet mir alles Gute vom
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Tragheim und
Licent,
und hat mir eine unaussprechl. Freude gemacht mit
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der Erzählung eines Besuchs, den mein ältester Jugendfreund Christoph
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Berens mir gegeben in der Absicht mich mit seiner Familie und in seiner
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Kutsche nach Berl. mitzunehmen. Da er mich nach 30 Jahren nicht zu sehen
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bekommen: so hat er sich wenigstens an meiner
Posterität,
und ihrer
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Magenseite satt gesehen, und Pr. Kraus hat ihm diesen Anblick verschafft. Er
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bleibt den Winter über in Berl. und wird sich mit seiner Frau und einzigen
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Sohn den er aus Deßau abholt, bey seiner Rückreise länger in uns.
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Vaterstadt aufhalten.
Die
Gestern Abend oder vielmehr in d
ies
er vorigen
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Mitternacht ist der Ex-Minister
Pericles
auch angekommen. Es werden
S. 310
Anstalten zur Jagd gemacht und ich liege noch im Bette – und muß mit allem
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Decoro
die Stube hüten. Seit dem 1 d. Monaths eße ich kein Abendbrodt
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mehr und laße es mir zu Mittage desto beßer schmecken. HE Hofr. A. hat mir
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gestern
Martialia
verschrieben und ich werde mit der
China
und dem noch
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kleinen Rest ebenfalls schließen.
Mart. Solut. Ed. gr. XV.
S
rad. Ari
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gr VI. linam. ac. gr.
II # alb.
gr. X
tägl. 3 Stück einzunehmen.
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Die Fürstin komt mit neuen Versicherungen des Asch.
Chirons
und seiner
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Hoffnung zur Genesung unserer lieben
Marianne
. Ich habe seit dem ich
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die beyden Stücke des Magnetisten gelesen habe einen kleinen Verdacht
u.
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beynahe Abscheu für seine Stärke in Theorien u Demonstrationen bekommen.
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Ihren Brief vom 10 d. habe ich mitgetheilt, und machen Sie sich auf die
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widerholten Instructionen gefaßt, womit sie beladen ist. Sie kennen den
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Mann und sein
starkes
Vertrauen auf sein
radotage,
und es wird Ihnen
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nicht schwer werden, bey aller mögl.
Condescendence
Ihr Gewißen
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unbefleckt zu erhalten. Erfreuen Sie uns bald mit der Fortsetzung guter Nachricht
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vom Fortgange Ihrer Bemühungen. Es würde Ihnen doch eine Freude seyn
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den Winter, wenn es nöthig u nützlich ist, unter 2
Reconvalisci
renden
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aufzuopfern, und gemeinschaftl. Dank der göttl. Vorsehung zu genießen. Unsers
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Franzen B. Vorschrift zum
Silentio pythagorico
komt zu spät. Sie bleiben
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immer wie Apell hinter der Wand des hofnungsvollen Hofartztes, und unter
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uns wird nur
in petto
mit 4 Augen an der Erfüllung unserer Wünsche und
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Ihrer thätigen Ausführung gedacht. Grüßen Sie
Coerman
wenn er noch da
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ist. Den 5
8
b
habe ich einem kleinen Almanach zum Gedächtniße des mit
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pollnischem Abschiede Reisenden eingetragen. Ich habe einen Hunger zu
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arbeiten, den ich nicht länger unterdrücken kann. Adelungs Fortsetzung u
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Ergänzungen zum Jöcher liegen auf meinem Bette und ich möchte gern mit
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den dicken
Quartant
en noch heute fertig werden.
Bruckeri Historia
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philosophica
und
Leibnitii opera omnia
müßen hier u in Düßeldorf auch noch
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genützt werden ohne die
Deos minorum gentium
in 8.
et
12 und was ich noch
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in Düßeldorf finden werde. Die Illuminaten u Starkschen
Acten
haben
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bisher auf dem Teppich gelegen, der alte Hierophant wartet mit Schmerzen
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auf den 2ten Theil der letzten. Im
LXXV
Bande der Allg. D. Bibl. ist ihm
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auch das Ohr gerupft worden, bey Gelegenheit des noch älteren Knaben
Dès
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Marées
in Deßau. Der
Eremita peregrinans
und
reconvalescens
möchte
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gern ein Zeichen seines
Daseyns
von sich geben, wenn es seine Kräfte
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und Aertzte erlauben. Ich erwarte zuförderst von Ihnen
veniam
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concionandi,
nicht mehr in der Wüsten, sondern im
Elysio
–
S. 311
Daß Sie in der lateinschen Zeitung
recens
irt sind habe ich Ihnen liebster
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Freund, meines Wißens schon gemeldet. Im 1 Theil des Adelungs habe
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Akenside’s
Observations
on the Origin and use of lymphatics vessels
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in den
Philosophical Transactions de ao
757 angeführt gefunden.
Anzolii
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Brief an
Pequel
in Hemsterhuys
messi aura
Heidelb. 659 wird von Ihnen
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gewiß angeführt seyn.
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Wir haben schon 2 mal hier einheitzen müßen – werden also uns bald nach
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D.
retiri
ren müßen. Bitte Franz und Marianne den
Extrait
meines
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unleserl. Schreibens mitzutheilen und die liebe kleine Gertrud fleißig auch in
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meinem Namen zu küßen, wozu Sie keinen Leiter nöthig haben werden. Gott
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gebe, daß wir uns alle gesund und zufrieden in M. widersehen!!! Auch mein
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Faß ist voll; aber ich muß den Zapfen einstecken.
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Meinen Glückwunsch an Franz zu
S
seinem Muth
Ausnahmen
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zu versuchen, die ihm beßer thun werden als die ewige Regeln und
peinliche
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Gesetze
. An dergl.
Licentiis poeticis
habe ich noch immer Geschmack –
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Jedermann sagt mir viel Gutes von meiner zunehmenden Gesundheit. Ich
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befinde mich bey meinem
non liquet
recht angemeßen, und
will nichts
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wißen
–
La diete des alimens
nous rend la santé du corps et
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celle des hommes
la tranquilleté des ames,
sagt ein sehr
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liebenswürdiger Freund des
JJ Rousseau,
ein
Saint-Pierre
in seinen
Epoques
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Etudes de la Nature
an denen ich mich nicht satt lesen kan, und die ich auch
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meinem Franz mitzubringen hoffe.
La diete des hommes
ist mein
Recipe
–
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Ich umarme Sie unter tausend Grüßen von Jonathan
Mama
und
Tante,
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die Sie so gütig seyn werden auszutheilen. Erfreuen Sie bald wieder mit ein
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paar Zeilen und guten Nachrichten
Ihren alten
par diete
auf dem Bett
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liegenden Landsmann und übrigens vergnügten Freund JGH.
Hans ist auf
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der Reitschule, und wünscht auch im guten Andenken bey Ihnen u unserm
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Freund u seinem
olim
griechischen Nachbar zu bleiben. Gott empfohlen.
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Adresse von fremder Hand:
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An / den Herrn Doctor Lindner / bey Herrn Buchholz /
in
/
Münster
.
Provenienz
Druck ZH nach der überlieferten handschriftlichen Abschrift Arthur Wardas. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 4.
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VII 380–383.
ZH VII 309–311, Nr. 1104.
Zusätze fremder Hand
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311/30 |
Unbekannt |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
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309/34 |
Die |
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: die |
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310/5 |
S |
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: S |
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310/6 |
II # alb. ]
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Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: II alb. |
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310/9 |
u. ]
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Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: u |
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310/17 |
Reconvalisci renden ]
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Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: Reconvalesci renden |
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310/23 |
8 b |
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: 8 br |
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311/3 |
Observations |
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: Observations |
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311/22 |
La diete des hommes |
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: La diete des hommes |