1140
410/2
Vlubris
den 4. März 88
3
Lieber Fritz Jonathan! Heute ist es ein rundes volles Vierteljahr, daß ich
4
in dieser
feuchten
und
morastigen
Wüste und Burg residire, nicht wie
5
Du sie schiltst, sondern wie in einem lustigen Gefilde und fruchtbaren Thal,
6
wo ich meine Palingenesie und
ὁλοκληριαν
Act. III.
16 meines Heils, statt
7
des Frühlings, erwarte. Gottlob! daß der
terminus fatalis
des 9
Martii
bis
8
zum April verlängert worden!
Etiam hoc erat in votis
– Ich stehe heute
9
wieder zum ersten mal auf nach einem schweren beynahe viertägigen Lager.
10
Doch ehe ich zur Geschichte meiner Krankheit komme, wirst Du vielleicht gern
11
die Bewegungsgründe wißen wollen, welche mich so plötzlich nach Welbergen
12
versetzt. Sie sind so mannigfaltig, daß ich nicht alle weder zählen noch
13
schreiben kann. 1. Die mir natürl. Neugierde den Erbsitz unsers
Franz
kennen zu
14
lernen und in Augenschein zu nehmen, da fast tägl. von einer Wallfahrt und
15
Auswanderung dahin, nicht kurzen Lustreise gesprochen wurde, und allerley
16
vom Freunde
D. Corman
und seiner
Angela,
und mir in diesem seltenen
17
Paar nichts weniger als einen Philemon mit seiner Baucis nach verjüngtem
18
Maasstabe denken und vorstellen konnten.
19
2. Frantz hatte mir unter seinen frühsten Briefen die
Silhouette,
den
20
Character und das Schicksal dieses wirklich außerordentlichen Mannes mit der
21
grösten Vertraulichkeit mitgetheilt. Den 8 Aug. erschien
D. Arnold
selbst in
22
Person, und verschwand eben so bald. Ich gab ihm die Hand auf meine
23
Freundschaft und einen Gegenbesuch von Dauer und Stätigkeit. Mein
24
gegebenes Wort lag mir immer auf dem Herzen; es war mir aber alles daran
25
gelegen, dieses Paar ein acht Tage wenigstens allein zu genießen, ohne so viel
26
Nebenverhältniße unserer ganzen
Caravane.
Münster konnte ich ohnmögl.
27
verlaßen ohne unsere fromme Fürstin auf ihrem Landsitze überrascht zu
28
haben. Dies geschah nach Herzenswunsch den 1
Xbr.
an dem schönsten Tage,
29
den ich in meinem ganzen Leben behalten werde. Mit ihm nahm auch der
30
erste Winter auf einmal Abschied. Da gieng es über Hals und Kopf.
31
Montags den 3 erhielt ich das Jawort zu meiner Reise von Marianne, von deren
32
Ausspruch das Amen unsers Frantzens abhieng. Dienstag des Morgens reiste
33
ich mit
Extrapost
nach glücklich überwundenen Bedenklichkeiten und
34
Schwierigkeiten mit einem mir gantz unerwarteten u unbekannten Begleiter ab, der
35
die Stelle eines dienstbaren Geistes vertratt und mir desto angenehmer war,
36
da ich ein sehr unbehülflicher
Autodiaconus
nicht daheim, geschweige
S. 411
unterwegs und in der Gestalt eines
Oedipus
mit einem geschwollnen linken Fuße
2
bin. Und so kam ich noch bey guter Zeit mit der grosten Ungedult aber vor
3
meiner Erwartung hier an –
4
Ich war im Eigentum meines Franz, auf seinem Grund und Boden,
5
folglich zu Hause. Mein Wirth einer seiner ältesten und innigsten Freunde,
6
und das bisherige
Problem
jetzt mein Nächster im
Original
mit allen
Datis
7
in natura
und in der Qvelle, die ich mir beßer zu Nutz machen konnte als alle
8
Schattenriße, hieroglyphische Charactere und idealische Hypothesen. Kurz,
9
ich freute mich mit meinen eigenen Augen ohne Brille sehen zu können.
10
Der dritte Hauptbewegungsgrund meines Ritterzuges war ein Bedürfnis
11
meines
homunculi interni
nach seinem Element
der langen Weile
.
12
Fruges consumere natus
ohne Kräfte selbige zu verdauen noch zu verleugnen
13
lebte ich in einem unaufhörlichen Zweykampfe mit Versuchungen, wo ich
14
immer unterlag und den kürzern zog, unter lauter Zerstreuungen, die jeder
15
Posttag häufte – In Münster gieng es nicht beßer. Mit dem Ferment meiner
16
Lebensgeister wuchs immer d
as
er geheime Schade meiner bemäntelten
17
Nahrungssäfte
.
Mit der Wirthschaft meiner Zeit sah es so liederlich aus,
18
daß ich keinen müßigen Augenblick mehr finden konnte um Herders zerstreute
19
Blätter zu lesen, und ihm dafür zu danken – und dergl. kleine Angelegenheiten
20
waren unzählich, die mir im Sinn lagen und zu deren Abmachung ich meine
21
alte Muse und Muße unumgänglich brauchte.
HEV est, quod petis. Vlubris
22
est
Εὑρηκα
meum.
Es ist aus allem nichts geworden, aber zu meinem
23
Gewinn
au bout du compte,
wie ich
glaube
und
hoffe
.
24
Die Wahl des Zimmers wurde mir überlaßen; da es mir unangenehm ist
25
von Menschen isolirt zu seyn: so gefiel mir keins so sehr als das dritte neben
26
der Schlafstube meines Wirths. Ein großes Himmelbette, worinn seine Engel
27
ihr Kindbette gehalten hatte, nebst einem Lehnstuhl und Seßel, die ein
28
beqvemeres Faulbette ausmachten und ein
Repositorium
mit Büchern und die
29
schöne etwas dunkle Aussicht waren gantz nach meinem Geschmacke. Weil
30
aber der Ofen
repari
rt werden muste; so war es gantz in meinem Plan die
31
halbe Woche in der Küchenstube, welches zugl. die Eß und Wohnstube ist,
32
mich zu behelfen. –
33
Mit der vollen Woche (den 2
Adv.
) bezog ich meine eigene Stube.
34
den 5 –
35
Der 7
Dec
als der Princeßin
Mimi
Geburtstag war wegen der herrlichen
36
Witterung uns allen eindrücklich und wurde durch die Entdeckung der zwey
S. 412
ersten Unterzähne in Gertrudchens Munde noch köstlicher. Ich besuchte den
2
Garten, die Kapelle, den
Pavillon
aber mit schweren trägen Schritt, und
3
hielt mein Mittagseßen den Tag drauf im Bette, das neben der Wiege
4
stand und abends in der Eltern Schlafzimmer gebracht wurde.
5
Mit der neuen vollen Woche des 2
Advents
bezog ich erst meine eigene
6
Stube, wo ich meinen gewöhnl. Schlaf vermißte. Hier vertiefte mich in so
7
viel Urkunden zum
Studio
meines räthselhaften
Problems,
daß ich es für das
8
rathsamste hielt für die 3
Interessenten,
ich meyne
Philemon, Baucis
und
9
den neuen Gast den 11
Xbr. punctum
auf das feyerlichste zu machen, eilte
10
meine angefangene Briefe an Dich, die christl.
Diotime
und nach Münster zu
11
endigen, um der langen Weile, die mir zu ahnden anfieng mit Arbeiten auf
12
eigener Hand, entgegen zu gehen. Mittwochs las ich des
S. Pierre
13
Reisebeschr. aus und wollte an den kleinen Versuch meiner Anmerkungen über
14
Dein Spinozabüchlein gehen, nemlich von S. 7–10. So bald ich auf Sp. u
15
Hemst. komme, stehen die Ochsen am Berge, weil ich mich seit Jahren qväle
16
diese beyde Qvellen zu untersuchen. Hierzu wird bey mir eine besondere Muße
17
und Laune erfordert, die ich wohl unterwegs
nicht
haben werde, sondern
18
einmal zu Hause erwarten muß. Die euclidische Schaale des einen und die
19
platoni
sche des andern ist mir verdächtig, daß ich meine morsche faule Zähne
20
nicht an ein paar tauben Nüßen misbrauchen will, in denen ich statt des
21
Kerns einen Wurm oder vielleicht die reinen Reliquien seiner Excremente
22
vermuthe. Herders Gott wird vermuthl. zu mehr Untersuchungen Anlaß
23
geben, die mir vorarbeiten und die Mühe erleichtern werden. Alle
24
Lügensysteme sind natürl. Auswüchse unserer verdorbenen Grundlagen, die allen
25
Menschen gemein sind. Ein Schlüßel für alle, Eine Sonne für den Tag,
26
unzähliche für die Nacht. Wer im Tage wandelt, stößt sich nicht. Wir sind
27
beruffen zu Kindern des Lichts und nicht der Finsternis. Es gieng mit meiner
28
kleinen Arbeit nicht recht fort und ich beschloß die zweite Woche mit einigen
29
Besuchen im Dorf unter Begleitung des
D. Arnold
bey meinem Barbierer,
30
dem handfesten Meister Wi
s
esling, bey einem Schuhmacher, bey unserm
31
Hofjäger der seinem Beruffe nachgieng, und einem gleichfalls verreisten
32
Hospes,
wie man die Krüger hier nennt.
33
Den
III Adv.
16
Xbr.
kam ich
zum Mittagseßen, kehrte aber
34
meinen Teller um, und bat um Erlaubnis den
Boten
abwarten zu dürfen
35
ohne was zu genießen. Er kam mit Briefen von meinen Münsterschen
36
Gefährten, und ich
gieng mit selbigen in mein Bett, das ich seit
37
dem bis jetzt noch immer hüten
muß. Nachdem ich mich lange gnug
S. 413
drinn gewältzt, habe ich endlich ziemlich still und stätig so horizontal liegen
2
gelernt, daß ich mich allmählich zu einer perpendicul ähnl. Stellung und ihren
3
krummen u stumpfen Winkeln wider gewöhnen muß.
4
Ohne zu wißen, was mir fehlte war ich kaum im stande Buchstaben zu
5
schreiben, die ich selbst lesen konnte, endl. einen eben so unnützen Brief an
6
meinen Artzt über meinen Zustand. Mein
hospes
ersetzte so gut er konnte
7
durch seinen Bericht. Noch war ich im stande am Ende der dritten Woche den
8
Geburtstag des Printzen Mitri den 22
Xbr. in petto
zu feyern und Meister
9
Wi
s
eling erhielt ein außerordentl. Biergeld für meinen geputzten Bart.
10
Am letzten
Adv
ent den 23 erhielt zum heil. Christ einen neuen kleinen
11
Münsterschen Almanach, über deßen längst gewünschte und erbetene Ankunft
12
ich mich wie ein kleines Kind freute, weil es mir in Ansehung eines solchen
13
Haus- und Tagbuchs wie dem Abt
Gagliani
geht und ich ohne selbiges Dir
14
mein lieber Fritz Jonathan auch keine
Historiam vitae et morb
i
orum
15
meorum
zu leisten im stande seyn würde. Den
II.
Weynachtstag oder
16
vielmehr Abend gegen 10 Uhr wurde mir gleich einer engl. Erscheinung die
17
Ankunft meines
D. Raphael
und
Famuli
Michael angemeldt. Ich mußte alle
18
meine Kräfte zusammen raffen um nicht vor Freuden und Bewunderung in
19
Ohnmacht zu fallen. Sie hatten sich bey der letzten Meile verirrt, waren vom
20
Postillon
im Stich gelaßen worden und in einem Morast stecken geblieben,
21
wo sich ehrl. Bauern noch ihrer angenommen hatten. Vor allem neugierig
22
zu wißen, wie lange ich meinen Artzt hier bleiben
sehen
könnte, war der
23
erste Balsam die ganz unerwartete erfreul. Nachricht, daß die Cur mit
24
Marianne glücklich geschloßen wäre, er sie wohlbehalten verlaßen hätte, und er
25
nicht zu einem Besuch, sondern mit der Absicht käme, meine
ganze
26
Krankheit
ausdrücklich und
exclusive
abzuwarten bis zu einer glücklichen
27
Auflösung des verwickelten Uebels. Wie redlich er sein Wort gehalten und wie
28
sauer er sich es hat müßen werden laßen, wird der Fortgang lehren. Franz
29
hatte dem
D.
den Auftrag widerholt,
nichts zu sparen
und
keine
30
Kosten zu schonen
!
31
So hungrig und müde die Reisenden und angekommene Gäste waren; wurde
32
mir noch dieselbe Nacht den 26
Xbr
eine spanische Fliege aufgelegt. Sie that
33
die beste Wirkung und in wenig Tagen war die Wunde ganz heil, daß ich
34
weder das geringste fühlte, noch vielmehr weiter jemand daran dachte. Den
35
Morgen drauf den 27 bezog ich Fr. u Mar. Schlafzimmer, das mir
36
nunmehro unendlich beßer gefiel wegen meines Schlafgesellen, der neben mir ein
37
Bette bekam. Mehr Licht und Luft, statt der Stämme und des dunkeln
S. 414
Schattens hatte ich nun mehr den hohen Gipfel der Tannen zu meinem
2
Gesichtspunct, und
D. Raphael
nahm meine untere Stube ein. Meine Krankheit
3
bekam den Namen eines
schleimichten Faulfiebers
.
4
Den 28 speiste
Pastor Kuhlmann
hier, der mir als ein sehr exemplarischer
5
Mann bey einem gut besetzten Tische, als ein guter Jäger nach jedem Winde
6
der Neuigkeiten und Krug Legenden, anbey als ein großer Exorcist aller nur
7
ersinnlichen Hexereyen und Zauberkünste beschrieben worden war. Um mich
8
diesem Hohenpriester und Oberhirten in Person darstellen zu können, that ich
9
mir die Gewalt an zum Miteßen und Augenschein ausdrückl. aufzustehen –
10
vielleicht wegen der ebentheuerl. Gerüchte, die von meiner Ankunft in dieser
11
Gegend circulirten. Man machte mich beynahe zu dem ewigen Juden
12
Ahasverus, ehemaligen Schuhflicker in Jerusalem
, oder zu einem
13
flüchtigen
Pater rediuiuus,
wenigstens für einen 100 bis 140 jährigen Greis,
14
einen
Descendent
en des Jonker
Christian van Oldenhüss, die dit Hüss
15
Welberg
gebauet hefft
Obiit Ao
1583 wie auf seinem Gemälde im
16
Küchensaal mit dem Pinsel geschrieben steht, der alte Familienangelegenheiten hier
17
mit unserm Franz ins reine zu bringen hätte. Dieser vorwitzige Versuch
18
aufzustehen war der letzte, den ich seit meiner Krankheit gemacht hatte. Er
19
bekam mir sehr schlecht, ich muste mitten unter der Mahlzeit nach meinem
20
Bette – und der
Pastor loci
hatte mich wenigstens für einen 80 jährigen
21
Greis geschätzt.
22
den 6 –
23
Diese Nacht ist nicht so gut, als die vorige gewesen, doch ruhig gnug; habe
24
meinen Mittag im Bette gehalten, und bin erst nach dem Eßen aufgestanden.
25
– Nun fahre ich in der Geschichte meiner Krankheit fort und auf dem
26
Trübsalsvollen Weg der Reinigung, die noch immer nöthiger schien als
27
Stärkung. Am letzten Abend des verfloßenen Jahrs machte mir Frantz eine
28
überaus große Freude mit einem neuen
Collect
aneen Buche in 4
o
das einige
29
Nächte immer neben mir liegen muste, worin ich aber noch keine einzige Zeile
30
habe schreiben können
.
Ein 8
o
Band liegt noch in Münster, nicht zu
31
Collect
aneen sondern zu
Confessio
nen u
Soliloqui
en in eben so unbefleckter
32
Jungfrauschaft.
33
Den 2 Jänner versuchte ein paar Zeilen in
Valerio Maximo
zu lesen, den
34
Mich
.
auf dem Balken oder Boden gefunden hatte – den 3 die erste Pfeife
35
wider zu rauchen. Die schlaflosen Nächte hörten nicht auf, oder wechselten
36
höchstens. Weder Arzney- noch Nahrungsmittel konnten meine Natur zu
37
einer förml. Erklärung bringen. Den 14 machte den Versuch gegen die Nacht
S. 415
mit einem
Opiat,
weil immer ein Ausschlag vermuthet wurde. Den 17 u 18
2
zeigte sich auf einmal ein
Gallenfieber
. Meine bisher schwarze und
3
zottigte Zunge wurde in einer Nacht rein. Ich konnte wieder ein wenig lesen
4
und
Burigny Leben
des Erasmus von Rotterdam fiel mir in die
5
Hände, das ich lange gewünscht hatte. Kurz darauf brach ein Flechtenartiger
6
(
herpeti
scher) Ausschlag auf den äußern Fingern aus, inwendig wurde die
7
Haut unempfindlich wie ein Pergament, und mein Rücken soll einem
8
Blumenstück von allen mögl. Arten von Friesel, Peteschen und kleinen Geschwüren
9
ähnlich
gewesen seyn, ein einziges auf der Brust, das ich statt eines
10
Speciminis
der übrigen selbst ansehn konnte – ein paar unter der einen Achsel
11
machten mir viel Schmerzen. Zwey auf dem Rücken unterschieden sich aber
12
durch ihre Größe und Fülle unter einer Brut von kleinen, die erweicht und
13
geöffnet werden musten, wozu ein äußerlicher Wundarzt erfordert wurde.
14
Mein sorgfältiger
Rd
Dr. Raphael
schrieb deshalb an unsern
Medicin-
15
Apotheker in Steinfurt und zugl.
eventualiter
nach Münster. Ersterer wuste
16
keinen dort vorzuschlagen und unser
hospes Arnold
empfahl einen gewißen
17
Chirurgum Laubner
in
Neukirchen,
den er auf den Nothfall zur
18
Entbindung seiner Engel im Nothfall bey sich gehabt hatte, wenn
Prof. Erpenbach
19
aus Steinfurt nicht allein als
Accoucheur
fertig geworden wäre. HE
20
Laubner
kam den 27 Jänner selbst, und sein Anblick beruhigte mich von dem
21
panischen Eindruck, den sein Bruder den Tag vorher auf mich gemacht hatte.
22
Dieser junge Mensch sah unsern nach Vieh herumziehenden Fleischern
23
ähnlich, erkundigte sich wohl um den Schaden Josephs und schien auch einem
24
Handlanger der
Chirurgie
ähnlich zu seyn, begnügte sich aber für heute
25
seinen Bruder zu entschuldigen und auf morgen anzumelden, schickte auch
26
ein ganzes Glas mit einer Salbe noch denselben Abend. Der Mann selbst
27
gefiel mir beßer als sein Vorläufer, und ich faßte Muth mich der ersten
28
Operation
eines Wundartztes in meinem ganzen Leben zu überlaßen. Ich
29
habe noch keine einzige Wunde noch nicht die kleinste Heimsuchung eines
30
äußerlichen Artztes an meinem Leibe nöthig gehabt. Ich fühlte weder die
31
Sonde noch die zwey kleine Schnitte, und weinte vor Freude und Schaam
32
über meine lächerliche Furcht vor einer so leicht überstandnen
Operation.
33
Mein von so vielen kleinen Geschwüren
punctirt
er und durchlöcherter Rücken
34
schien aber meinem sorgfältigen Freunde, der nicht nur als gewißenhafter
35
Arzt sondern auch als der sorgfältigste Krankenpfleger und Wärter
36
unermüdet und an Gedult so wohl als Vorsicht unerschöpflich ist, mehr als eine
37
handwerksmäßige Behandlung und behende
Incision
zu erfordern; daher
S. 416
wurde HE.
Prof. Erpenbach
der sich in Strasburg mit der
Chirurgie,
2
Accouchement
nebst der ganzen Arzneywißenschaft einige Jahre lang
3
beschäftigt hatte.
Dr. Raphael
that zu diesem Behuf selbst eine Reise nach
4
Steinfurt, lernte den Mann kennen, und ich sah ihn den 1
Febr.
5
den 7
6
Ich beklage Dich, lieber Fritz Jon. daß Du so ein tummes Geschwätz
7
lesen mußt; habe wenigstens ein wenig Mitleiden mit dem alten kranken
8
Mann, der nichts klügeres u beßeres schreiben kann. – Dieser mein Artzt
9
brachte mir ein
Scapulaire,
um mich in selbiges einzukleiden und fuhr
10
per fomentationes
fort, was der erste vielleicht mit Pflastern gethan hätte.
11
Den 4 kam Frantz u Marianne in Begleitung oder
Duce pia Diotima
an.
12
Den 5 speiste gar die ganze Gesellschaft in meiner Stube. Ich lag wie ein
13
Klotz, hören und sehen vergieng mir und ich fiel in einen Schlaf – Den 9
14
schickte mir die Fürstin 10 Krucken von ihrem Bier, und Mohnsaat, nach dem
15
ich lüstern war, und 2 gute Mahlzeiten von selbigem bestritt. Alles gieng gut,
16
nur die Entkräftung währte immer fort. Ich konnte manchen Tag mich nicht
17
rühren um das Bette machen zu laßen. Die Hypothese der
Stärkung
stieß
18
mir immerfort; ich machte Versuche von der
laten Observantz
in meiner
19
Diät, weil mir die
stricte
unerträglich wurde.
Raphael
überlies mich
20
dem Instinct meines Magens – Das Uebel nahm überhand, aber keine
21
Kräfte
emergi
rten, muste also wider auf den schmalen
W
Pfad des
22
Hungers und der Enthaltsamkeit zurück u.s.w.
23
Den 13 war der zweyte Besuch meines treuen
Franz
. (Kopf und Magen
24
hielten immer Stich; aber der Schlaf wurde verscheucht und war lauter
25
Stückwerk.) Er hatte mir das Museum mitgebracht, und ich las den
Febr
.
26
den 15 nach seiner Abreise, mit mehr Antheil des Herzens als des Sinns,
27
weil ich vieles nicht verstand. Denselben Nachmittag fand mein Sohn von
28
ungefehr das
Noli me nolle
im
Mst
von Lavater, auf das ich wie ein
29
hungriger Wolf fiel und den Morgen drauf den 16 das zweite Bändchen las.
30
Dom. Reminiscere
las ich Deinen Beytrag zum Febr. das
zweite
mal
31
und war imstande einige mehr grammaticalische als
φφ
ische Noten zu
32
schreiben. Mittags aß ich der Fürstin
Mohnklöße
, die mir das Museum
33
geschickt hatte ohne mir vom Innhalt etwas merken zu laßen, aber es bald
34
zurück verlangte.
35
Den 18 Febr war ich zum ersten mal im stande mich wider an Tisch zu
36
setzen und mitzueßen, enthielt mich aber noch vom Fleische. Den 11 Jänner
37
versuchte die ersten Zeilen an Frantz zu schreiben. Den 19 Febr. schrieb ich
S. 417
zum zweiten mal. Den 20 fieng ich erst an den zweiten Theil des
Stark
zu
2
lesen, mit dem ich hatte den Anfang machen sollen um Deinen Hirtenbrief zu
3
verstehen, in dem mir jetzt viele Stellen deutlicher wurden. Versuchte nunmehr
4
auch des Abends aufzustehen, rauchte meine Pfeifen Toback statt des
5
Abendbrodts, und trank 2 bis 3 Gläser von der Fürstin Bier. Den 22 war ein
6
allgemeines Freudenfest im ganzen Hause über 3 Hauben, welche die gute
7
Engel von der frommen Fürstin zum Geschenk erhielt. Den 23 wurde mit
8
Stark
fertig und versuchte die ersten Bratfische.
9
Dom. Oculi
aß den ersten Bißen Fleisch den 26 die erste Fleischsuppe,
10
wurde ohne an Post zu denken mit dem Päckchen von
Dir
, Herzenslieber
11
Autor Jonathan und Beyl. aus Kgsb. erfreut
.
Den 27 wurde meine Zunge,
12
die weder so schwarz und rauh aber hartnäckiger als das erste mal, den
13
Nachmittags von neuen flugs rein.
14
Den 28 der dritte Besuch vom lieben Franz, aber zugleich stellte sich die
15
kritische
Diarrhoe
ein, in der ich mich von neuen verwahrlosete.
16
Den 1. d. erwachte ich mit einem Appetit nach einem
Vomitif,
gegen das
17
D. Raphael
schwierig war wegen der Abreise des Erbherrn u Gastes, den
18
ich schlecht genießen, aber mich desto mehr über seine Heiterkeit freuen konnte.
19
Mittags war Besuch von
D. Arnold
s Bruder aus Brachhorst, der einen
20
Rentmeister
Becker
aus Steinfurt mit sich bracht. Mein freundschaftl. Artzt
21
versäumte beynahe den Mittag um ein klein
Vomitif
abzuwarten, das mich
22
von allem dem erleichterte was ich den Tag vorher in
Alcibiades
23
Gegenwart
verschlungen hatte. Gegen Abend war ich im stande den Besuch der
24
beyden Gäste anzunehmen. Seit dem ist mein Magen, der bisher den
25
starken Geist
gespielt hatte, zur feigen Memme geworden. Ich habe einige
26
Tage Pappe mit
Malaga
einen Zwieback geßen, ein wenig Hühnersuppe –
27
Kurz nach dem
Vomitif
erschien ein
Sediment
in meinem Urin, das gestern
28
früh aufhörte, und des Mittags sich wider einstellte, gegen die Nacht wider
29
verschwand. Alle Abend muß ich eine starke Ausdünstung abwarten, und die
30
Natur bedient sich aller mögl Wege zur Ausführung. Die kleine Wunde ist
31
zu und mit einer Rinde bedeckt. Den 3 besuchte mich einmal wider
Pr.
32
Erpenbach
mit dem
lapide infernali et divino.
Jeder Verband macht Freude und
33
Hoffnung zu einer baldigen Widerherstellung. Vorgestern habe zum ersten
34
mal meine Strümpfe mir selbst anziehen, und meine gewöhnl. Beinkleider
35
über Deine
Caleçons.
Für Dein
Pallium pelliceum
habe ich Dich 1000 mal
36
geseegnet. Ich schone ihn aber wie meines Augapfe
l
s wegen des
panni
37
serici
zum Oberzeuge und weil ich gern unversehrt
ad patriam
bringen
S. 418
möchte. Heute habe ich mich zum ersten mal meinen kahlen Kopf mit kaltem
2
Waßer waschen und baden können.
3
Ob meine
ὁλοκληρια
dieseits
oder
jenseits
liegt weiß Gott am
4
besten.
Mens sana in corpore sano.
Unser
Virtuos
in Babel soll mit seiner
5
Suppe wenigstens warten, bis mein Puckel wider gesund ist. Mein armer
6
Artzt
Raphael
ist von seinem wilden Patienten gnug
scalpi
rt worden.
7
Einmal sagte er zu mir mit einem fast wehmüthigen Gesichte: Ich
thue alles
8
was ein Freund thun kann
– aber hier findt auch ein
ne quid nimis!
9
statt; und
mein Dank ist der bitterste Spott
. Mäßigkeit ist eine
10
Bürgermeistertugend; ich habe kein
metrum
weder in meinem
Gehör
noch
11
in meiner
Seele
.
ανευ μετρου το πνευμα
, sag ich mir zuweilen zu meinem
12
Trost. Was Du von den spanischen Fliegen sagst, paßt gar nicht auf meine
13
Geschwüre, noch auf meinen Ausschlag.
Juxta se posita
haben keine
14
Beziehung der
Causalität
auf einander. Als der Sohn eines Wundartzt hab ich
15
spanische Fliegen und die dabey vorfallende Symptome gnug gesehen und
16
darüber schwatzen gehört. Nun auf Deine 3 Briefe, lieber Fritz Jonathan
17
und was mir sonst noch in den Wurf u Schuß kommen wird.
18
den 8.
19
Daß Krankheiten auch an Deinem langen Stillschweigen Schuld gewesen,
20
suchte ich mir durch die Vorstellung auszureden, daß Du mit der neuen
21
Ausgabe Deines Buchs beschäftigt seyn würdest, und ich machte mir viel Grillen
22
in mehr als einer schlaflosen Nacht über den letzten Brief vor meiner
23
Krankheit
.
Als ich Deinen Beytrag zum Museo las, befremdete mich von Dir
24
vergeßen zu seyn. Dein Päckchen kam eben an da ich den Tag drauf willens
25
war zu schreiben, ohne mir das geringste merken zu laßen, daß ich durch die
26
Fürstin etwas erhalten hatte, weil sie mir nichts vom Inhalt des Musei
27
sagte. Den 28
pr.
fieng ich zum
dritten
mal zu lesen an, muste aber bey
28
S. 171 stehen bleiben, weil Franzens Besuch und mein
Recidiv
mich
29
unterbrochen haben. Daß Du auch an mich gedacht, merkte ich an einer Stelle auf
30
die ich mich nicht mehr besinnen konnte, und die mir sehr zufällig in die Augen
31
fallen mußte.
32
So sehr ich mich über die Erinnerung freue; so bin ich doch besorgt, daß
33
Du der Freundschaft zu Liebe mit der Klugheit eines Weltmanns vorsichtiger
34
mit dem Hohenpriester und theol. Händeln umgiengest, und ihn nicht durch
35
ausdrückl. Anführung einer meiner Brochüren
an mich
36
erinnert hättest. In den hierophantischen Briefen die 75 herauskamen, wurde
37
der erste Verdacht des Kryptokatholicismus gegen den Mann in seiner
S. 419
damaligen Lage gegen meiner in meinem Vaterlande gerügt. Was für eine
2
Kluft von Jahren und
Revolutio
nen bis zum Aufgange der Berlinischen
3
Dianae, prolis Jouis
oder ihres vom Himmel gefallenen Bildes. Jetzt ist
4
der Eifer des Triumvirats für den
Protestantismum
ein eben so großes
5
Miracul in meinen Augen als des Darmstädtschen
Dictatoris Zellotypia
für
6
die Orthodoxie. In beyden Theilen ein blinder Affect, und politischer
Deus ex
7
machina.
Sie brennen von gantz ähnl. Eifer gegen den Katholicismum, und
8
sind in ihrem Herzen für ihn gantz brüderlich gleichgesinnt, bekennen sich mit
9
lauter Stimme zur Tolerantz, und ihre Werke überschreyen ihr
10
Maulbekenntnis durch die That. Wer ist imstande zu diesem Chaos zu sprechen: Es werde
11
Licht! Wie hat mir die vier Tage lang der Kopf über dies
monstrum
12
horrendum
gebrannt gleich einem feuerspeienden Berge! Ein Scribler in kleinen
13
Heften, der mit Einfällen u Zweifeln ficht, ist unter der Würde dieses
14
orthodoxen Goliath, es muste ein Triumvirat der babylonischen Hure seyn, nur ein
15
solches war dem aufgeblähten Wanste seines Stoltzes angemeßen. Nun komt
16
es auf die Frage an: Ist denn der Definitor wirklich so rein und weiß, wie er
17
sich gebrannt und gewaschen hat? Sind denn die Sünder des römischen
T
und
18
griechischen
Θ
wirklich so scheußlich und schwarz – oder ist hier kein
19
Unterscheid
, keine
differentia specifica
dieses ehebrecherischen Geschlechts? und
20
sind sie alle Brüder von gleichem Schroot und Korn, keines Schußes Pulver
21
werth in den Augen des alten Mannes vom (Koenigs)
Berge
, der zu
22
Welbergen
in stoltzer Ruhe auf seinem Krankenbette lag, weinte daß er
23
nicht eßen und lachte, daß er nicht schreiben konnte, wie ihn leider! gelüstete.
24
Nicht eine Zeile mehr, Herzenslieber Fritz Jonathan über Materie und
25
Form meines Abschiedes aus Deinem
Elysio
und
Burg
zu D. zu deren
26
Verkauf ich Dir Glück wünsche und statt des Kunstgartens mit der Zeit ein
27
ländlicher
Tusculum.
Meinen eben so herzl. als ehrerbietigen Grüße und
28
Küße an Deine bestgesinnte und Deiner ganzen Freundschaft, welche die
29
meinige zum immerwährenden Einschluße hat, würdige Schwestern
Mama
30
und
Tante.
31
Vergebt es alle samt und sonders dem ehrlichen Knappen eines irrenden
32
Ritters, wenn ihm in der Angst sich selbst nicht zu verstehen, und noch ärger
33
misverstanden zu werden von vorschnellen Auslegern, so mancher Seufzer
34
wider Wißen und Willen entfährt. Mit
s
meiner
Ueberzeugung
von
35
Gott
würklich
verstanden zu seyn, leb ich wenigstens guter Hofnung. Ein
36
guter Vater nimmt sich und läßt sich ein wenig mehr Zeit und Jahre lang
37
die Wünsche seiner Kinder zu verstehen; als diese die Absichten und Winke
S. 420
ihrer Väter, sie mögen so arg seyn wie sie wollen. Nach dieser Analogie
2
vermuthe ich daß der Vater im Himmel mehr Jahrhunderte nöthig hat die
3
Plane seiner Kinder hienieden auszuführen, ins reine zu bringen, als selbige
4
Augenblicke anwenden ihre
pia desideria
auszustoßen oder zu entwerfen,
5
schwarz auf weiß.
6
Bringe mir doch Deines guten Oheims Beweis u Bürde mit
nil alienum
7
a me puto,
was Dich an
h
geht – Wenn ich kommen kann und soll, laß
8
mich ungebeten kommen und mit einem pollnischen Abschied oder vielmehr
9
ohne alle Form, nicht ohne Materie des schönsten großen Danks mit Fried
10
und Freud heimfahren meine Straße,
duce DEO et naso meo, quem mihi
11
dedit.
12
Meinen herzl. Gruß an Theobald Hoffmann für den mitgetheilten Brief.
13
Vergiß nicht
Berkley’s Principles etc. Prudentius
heist mein dritter
14
delphischer Fuß, und ist zugleich ein Symbol
klüger
(prudentius)
zu handeln
15
und zu wandeln vor Eintritt der
VII. Decade
meines köstl. Lebens, auf die
16
ich mich nicht frühe gnug vorbereiten kann, wenn es so weit mit mir kommen
17
sollte selbige
würklich
zu erleben. Sorge
Du für mein Pack in Leipzig
18
mit den
Lavaterianis
u Seidels Mährchen. Warum sollen
19
wir beyde darum gebracht werden
durch
einen unnützen
20
Commissionair
.
Ich verliere ungern eine Stecknadel, die mir beschärt
21
und zugedacht ist von meinen Freunden. Also vergiß nicht – Du hast doch des
22
Hemsterh. Mst
des
Simon
nebst den ausgelesnen Büchern richtig erhalten
23
aber den Empfang noch nicht bescheinigt.
24
Mama Lene
wird auch vom neuen
Abelard
so gut denken lernen, als vom
25
Leben des Urvaters. Wir sind in unserm Geschmack und Urtheilen
homogener
26
als Sie es selbst weiß. Es ist nicht alles für Einen Tag, das menschl. Leben
27
besteht aus vielen Abenden, und jeder hat sein bescheiden Theil, das sich für
28
den andern nicht schickt, weil alles zu seiner Jahreszeit genoßen werden muß.
29
Hat Dir nicht Heinse den zweiten Theil zugeschickt und merkst Du nicht,
30
warum ich darnach frage. Die
Politica
des zweiten Briefes sind
αλλοτρια
für
31
mich.
Paroli
auf alle Deine Christ- und Neujahrswünsche; die bis 790 für
32
uns beide gelten sollen. Gott
gebe Dir
behüte Dich für Autorsorgen, wie
33
mich für dem leidigen Bauchdienst der Gefräßigkeit und Völlerey! Meine
34
Zufriedenheit über den
prolongirt
en
Termin
bis in den
April
hast Du
35
ersehen. Wie ich mich freue meinen Namensvetter und meinen Gottingschen
36
jungen Fuchs zu sehen. Er soll seine Noth von dem alten haben und dem
37
Famulo
deßelben –
S. 421
den 10 – frühe um 9 Uhr.
2
Den gestrigen Sonntag hatte schon durch ein Misverständnis und aus
3
Ahndung vorgestern des Morgens beym Erwachen und des Abends vor dem
4
Einschlafen
anticipi
rt, indem ich das Ev. u die Ep. aus meinem griechischen
5
N.T. las. Gestern den ganzen Tag gelegen ohne mein Bett machen zu laßen
6
und dafür heute desto früher aufstehen können, um den verschlafenen
Dom.
7
Judica
einzuholen, der ein blauer Montag wurde. Er war zu einem
Vomitif
8
bestimmt. Den 1 d. wirkten 200 Tropfen
Huph.
Wein eine reichliche
9
Uebergabe; gestern konnten 560 Tropfen 1½ gr. □
emet.
eine
Tasse The,
und
10
eine trocken gerauchte Pfeife Toback die Uebelkeiten nicht zum Ausbruch
11
bringen; dafür 6 Oefnungen und 6 Löffel Biersuppe u d
o
zum Abendbrodt
12
ist meine ganze Nahrung gewesen. Vorgestern gieng auch ohne meine Pappe
13
und mein Gläschen Wein zu Bette. Mein Magen hat sich endlich bekehrt
14
und scheint allen
Appetit
und Lüsternheit verlohren zu haben.
Occidit seu
15
pars – Achillea, magister artis
und
autor et officina omnium meorum
16
malorum.
Habe ich sonst zu viel gethan, so war es nicht meine Schuld; bin
17
ich jetzt mäßig; ist es nicht mein Verdienst. Jetzt eile ich die 4
ventriculos
18
meines Gehirns eben so zu reinigen und zu erleichtern, von allem Wust der darinn
19
kocht und den ich so unverschämt bin – – War nicht die sokratische
20
Philosophie die Mutter des
Scepticismi
und
Cynismi,
wie des
Epicurismi
u
21
Stoicismi
– wie der welsche
Catholicismus
der Vater des mannigfaltigen
22
Aberglaubens und einförmigen
Atheismo
in jeder
Theorie
und
Praxis
ist und
23
bleibt bis ans Ende der Tage.
24
Nun abermal zur Antwort Deines dritten Briefs. Du siehst lieber Fritz J.
25
daß ich wenigstens den guten Willen habe Dir nichts schuldig zu bleiben. Mit
26
der baaren oder papiernen Münze wirst Du es nicht so genau nehmen.
27
Swifts letzter Brief ist mir entfallen, steht er in den 3
Tom. posth.
oder in
28
Sheridan
– den ich gern zu lesen wünsche und den Du nicht vergeßen wirst
29
mitzubringen, ohngeachtet ich nicht viel erwarte.
Orrery
u
Delary
besitze
30
selbst und den dicken
Esq. Swift
habe ich in Engl. gelesen. Fehlt also zu
31
meinen
Collectaneis
die Uebersicht des
Sh.
Laß Dein Herz nicht noch Deinen
32
kranken Kopf von Autorsorgen beschwert werden, damit es Dir nicht wie mir
33
geht.
Os ventriculi
heißt auch im Gr.
καρδια
und seit meiner letzten
34
Krankheit ist
Baco
mir verdachtig mit der Vormundschaft des Magens, er bleibt
35
der dritte und ist nicht der erste. Herz u Kopf haben den Vorrang in unserm
36
animalischen System. Laß der Mamma Marthe ihren Willen
.
37
Ich darf also nicht um Verzeihung bitten Dir meine ganze Brieftasche ohne
S. 422
Auswahl zugeschickt zu haben. Mamma Marthe thut einen Eingriff in mein
2
Amt, und schickt
falcem in alienam messem.
Wenn ich einen Artzt
scalpi
re,
3
so handele ich wie ein
Freund
und nach der Kritik meiner Vernunft. Der
4
Erfolg wird ihn nicht nur entschuldigen?! sondern ihn so wohl als mich
5
rechtfertigen
. Er hat eben so viel Ursache Gott zu danken ihm eine solche
6
complici
rte
intricate,
incarcerirte Krankheit zur
Vollendung
oder
7
vielmehr
Zernichtung
seines eitlen Studierens in
Collegiis
und todten oder
8
blinden Handleitern zugeschickt zu haben, als einen solchen Patienten, der alle
9
feindseel.
Minen
und
Launen
, grobes und kleines Geschütze gegen seine
10
Wißenschaft und die Politik derselben hat spielen und springen laßen. Gottes
11
Vorsehung hat durch diesen Engel Raphael Wunder an mir gethan und ist
12
am besten im stande auf eine ähnliche Art seine engl. Gedult und Klugheit
13
gegen die Sophismen meiner Natur und ihres Schadens und gegen die
14
ambages
und
sesquipedalia verba
meiner schweren jetzt wider zum dritten
15
und Gott gebe! zum letzten mal belegten Zunge ausgerüstet hatte. Mein
16
Ausschlag an den Fingern konnte eben so wenig physische Folgen der spanischen
17
Fliegen seyn, als die Heerde von Geschwüren u Ausschlagen auf meinem
18
Rücken, durch eine metaphysische Consequentz und rhetorische Figur wurde
19
die
der
Tempel zu Ephesus ein Aschenhaufen, weil Alexander in eben
20
der Nacht zur Welt kam.
21
Mit dem Gedruckten habe ich bereits vor Empfang deßelben Deinen
22
Willen erfüllt und
will
fortfahren, so bald ich kann
.
23
Wenn Dein Kopf nur nicht noch
wüster
wird durch die
24
Schwatzhaftigkeit meiner Berichte! Die
Addresse
des Packs war nicht von meiner eignen
25
sondern des unartigen Hans Michels Hand
,
Raphaels
auf dem letzten
26
Briefe. „Der junge Herr sieht viel zu klug aus für diesen Namen“ soll Deine
27
neue Haushälterin zu ihm gesagt haben. So lachten die glückl. Einwohner
28
aus vollem Halse in Angelmodde, daß es einen Menschen geben könnte, der
29
meinen Namen führte. Der arme Junge hat alle Hände voll mit seinem
30
Vater, an deßen Erbsünde er auch laborirt, ohne zu bedenken daß
πολλα
31
γραμματα εις μανιαν περιτρεπουσι
, wie der zwar nicht h. doch weise Festus
32
die Consequentz auf Paulum machte.
33
Meinen Gruß an Freund Schenk und die lieben Seinigen, wo ich den
34
letzten Mittag hielt. Kann er mir nicht aus
Gesneri
oder seinem eignen
35
Schatz von Gelehrsamkeit sagen wo
Noli me nolle
geschrieben steht und was
36
es an der
Stelle
für eine Bedeutung hat. Nach den
Debatt
en der Welb.
37
Academie
sind nur 2 Bedeutungen vermöge der
Syntaxis
mögl.
me
entw.
S. 423
acc. cum infinitiuo
oder wird von
nolle
regiert. Im ersten Fall hieß es: an
2
meinem guten Willen soll es nicht fehlen gl.
Noli (putare, suspicari) me
3
nolle
im zweyten: verschmähe mich nicht
i. e.
meine Lehren
.
Nolo eum,
ich
4
mag von ihm nichts wißen, er ist nicht nach meinem Sinn.
5
Wenn mein
famulus
nicht Herz hatte mein
vicarius
zu seyn hatte er
6
wenigstens an seinen Freund Max schreiben können, dem er Glandorps
7
Formenlehre mir alten lüsternen Knaben zu gefallen mitgenommen hat, aber
8
hier so gut aufgehoben ist als des Herrmanns Mythologie Kistenmaker
de
9
verbis Mediis
ist bey HE Schenk gut aufgehoben u ein
donum auctoris.
10
Der gute Frantz hat unter manchen andern Büchern ein franz. Werk hier
11
gelaßen, das meine Neugierde ebenso gereitzt als befriedigt hat über eine
12
Materie wo ich längst mehr Unterricht nöthig gehabt u mehr Ueberzeugung
13
gewünscht – und daher auch in Deiner Bibl. Die Lust es selbst zu übersetzen
14
ist mir vergangen, und ich hoffe daß es schon längst wäre. Ich will den gantzen
15
Titel abschreiben
La necessité du culte public parmi les Chretiens, etablie
16
et defendue contre la Lettre de Mr. D.L.F.E.M. sur les Assemblées des
17
Religionaires en Languedoc. Ecrite à un Gentilhomme Protestant de
18
cette Province et imprimee en France sous le faux titre de Rotterdam
19
1745 par Mr.
Armand dela Chapelle
, Pasteur de l’Eglise
20
Wallonne dela Haye. ib. (Scheurleer)
746.
p.
406.
gr.
8. Ich bin vorgestern bis
21
p.
288 gekommen, ob ich die Beyl ansehen werde, weiß ich nicht. Es ist der
22
Schwanengesang eines Greises, und selbst der polemische Ton sehr lehrreich
23
für mich gewesen; nur gegen das Ende weniger
interessant
und zu
24
individuel
und eine
Recapitulation
–
25
Denk nicht daß ich die Schadenfreude nicht eben so reichlich genoßen die
26
Berl. so weidlich gezüchtigt zu sehen, und daß die Nothwehr den Definitor
27
auch entschuldigt und die Nothwendigkeit, dem
Fleisch und Blut
seiner
28
muthwilligen Leser nicht nur gewachsen sondern auch überlegen zu seyn. Als
29
Einkleidung! – aber es ist sein
eigen Fell
, das er mishandelt, und er giebt
30
so viel Blößen sich selbst, als er andern aufdeckt. Der philosophische Garve
31
that mehr Wirkung und der Bibliothekar wurde wenigstens mit einem
32
Gallenfieber heimgesucht. Der dreikopfige Cerberus wird die orthodoxe Lauge
33
abschütteln, wie katholisches Weyhwaßer. Wenigstens noch keinen Laut von
34
den physischen Folgen gehört; an metaphysischen Conseqvenzen
pro et contra
35
wird es nicht fehlen u Dir an
relationibus curiosis
auch nicht – die Du mir
36
auch mittheilen wirst mündl. oder schriftl.
37
Mein herzenslieber Fritz Jonathan! sey kein
politischer Rathgeber
,
S. 424
wenn Du gute Tage behalten willst u schone Deinen kranken Swiftschen
2
Schedel – und laß Dich durch keine rathfreygebige Freunde Gevatter u
3
Vetter zu theol. u philosop. Katzbalgereien verhetzen. Hätte ich damals guten
4
Rath erkannt u nicht den meisten Stimmen u meinen eigenen Begierden nach
5
Genuß gefolgt: so wären Deine Pyrm. und der
Mama
mütterl. Freundschaft
6
nicht so verschwendet – In dieser feuchten u morastigen Wüste –
geseegnet
7
sey der Erbherr deßelben! es hat ihm weidlich gekostet, der
Marianne
200
8
Citronen, zwey Ärtzte und ein
Laus Deo
aus der lateinschen Garküche, das
9
sich gewaschen haben wird – es ist aber Sein eigener guter Wille gewesen
10
son bon plaisir,
wie der allerchristlichste König maulkoset – Auch Dein
11
Elysium wird nicht vergeßen seyn; aber in Welbergen hat der Greis von
12
Ottoca
rs seinen 7 Hügeln gefunden – lange Weile, seine alte Muse und
13
credite Posteri!
Ruhe – Ruhe – Ruhe – Euch Dämagogen sey unbeneidt
14
Actio
(
ὑποκρισις
) mit samt ihren
Dictionibus, Fictionibus
und
15
politicotheol.
Factionibus.
Laß mich zum Schluß mit der horazischen Spitz und
16
Landmaus Dir zu guter letzt zuruffen:
17
Haud mihi vite
18
Est opus hac, ait et Valeas: hic sylva cauusque
19
Tutus ab insidiis tenui solabiter eruo.
20
Laß den schlafenden Brutus von selbst erwachen. Ein Schriftsteller, der eilt
21
heute und morgen verstanden zu werden, läuft Gefahr übermorgen vergeßen
22
zu seyn. Nimm einem alten
Ruperto experto
seine Winke nicht übel,
nicht
23
Dich nicht unter das unschlachtige und verkehrte Geschlecht zu mischen um
24
nicht von ihnen zerrißen zu werden.
25
Erinnern darf ich Dich nicht; ich weiß daß Du nicht leer, lieber Fritz
26
Jonathan, mit Deinem und meinem George
in spe
erscheinen wirst. Ach wenn
27
Du mir Neckers neues Werk aus der feuchten Preße mitbringen könntest!
28
Wie ich darnach schmachte Wind und Waßer für meine eigene Mühle darinn
29
zu finden. Wie viel Kreuzzüge sind durch meinen grauen kahlen Kopf hier
30
durchgegangen! von denen doch einige haften mögen. Nach dem Pfluge und
31
der Egge hat es an dem guten Säemann nicht gefehlt, und ich hoffe Garben
32
zu sammlen in meine leere Bücher – Auch Herders zerstreute Blätter habe
33
erst auf meinem Lager lesen können, und mich gefreut auch einige meiner
34
verstoßenen Kinder von ihm
adopti
rt zu sehen. Ich hoffe in meinem alten
35
Thema:
Religion und Sprache, ein wenig weiter gekommen zu seyn. Hierauf
36
beruht das
Problem
so wohl menschlicher als gesellschaftlicher
37
Glückseeligkeit. Aufklärung und Erziehung sind Folgen, nicht eitle
prolegomena
–
S. 425
Doch wozu
promissoris tanto hiatu
– Ach meine Eitelkeit ist zwar
2
gekreuzigt, aber weder tod noch schon begraben. Wenn ich nicht an
amphoras
denken
3
kann, liegen mir doch immer noch
vrcei
im Sinn –
4
Hast Du so viele
Morellets
verschenkt und verthan; so bekommst auch
5
Dein Anlehn nicht wider. Mein
Politicus Crispus
soll an diesem Geschenk
6
Antheil nehmen. Er hat so einen zu schlechten Rock für Deine Bibliothek und
7
paßt sich eher für die halben Bände der meinigen. Es wird Dir leicht werden
8
einen andern zu verschreiben und ihn beßer binden zu laßen. Ich hoffe daß
9
Du eben so treuherzig mir etwas abschlagen kannst, als ich zu geilen. Ihr
10
müßt es fühlen, daß ein alter Mann vom Berge euch heimgesucht hat. Laß
11
mich den Ueberschlag machen und rechnen: Der goldene Hahn u der Thurm
12
zu Samaria – Ardinghello, und Stark, wenn Du diese Schulden eintreiben
13
kannst, nebst dem Päckchen in Leipzig.
Necker?
Alles übrige was mir noch
14
einfallen sollte zum Lesen und Widergeben. Die fromme
Diotime
soll auch
15
eine überflüßige
Doublette
aus Ihrer Bibliothek für den poetischen Bericht
16
einbüßen.
17
Bey meiner Zurückkunft von mir nach Münster, will ich um nichts als das
18
dortige
Triumvirat: Alcibiades, Aspasie – Diaphane
und
Pericles
19
bekümmern –
instar omnium.
Den
Jordanum Bruno
will ich
euentualiter
20
in Weimar bestellen aus der Bibliothek zu Göttingen oder Jena
.
21
Den Brief des Ministers an den Grafen von Schmettau erwarte ich auch
22
noch am liebsten
in originali
als ein Stück meiner
Acten,
von denen ich
23
keinen Starkschen Gebrauch machen werde – wenigstens in
copia.
24
Mein
Prof Aulicus Erpenbach
schickte dem
Philemon
und seiner
Baucis
25
ein Hochzeitgedicht von einem gewißen
Siegfried von Goue.
Die lettische
26
Mythologie fiel mir auf und ich erkundigte mich nach diesem Kraftmann,
27
der Feldmarschall oder eigentl. Ober
Lieut.
der hochgräfl. Steinfurtschen
28
Armée
ist. Ich ziehe Nachrichten von diesem Manne ein, die aus dem Munde
29
eines Freundes ein weniger günstiger ausfiele, als die Stimme des
Publici.
30
Dies machte mich neugierig nach
den
Opp. omnibus
und da höre daß sein
31
jüngstes Werk die Freymäurer angeht; in der allg. Bibl. nicht gut beurtheilt
32
seyn soll, und er mit einem Feldzuge gegen die reisenden Buchführer
33
schwanger geht. Mit genauer Noth bekomm ich von diesem Manne, der ein
34
Polygraph
und mir völlig unbekannt bisher geblieben
Gedanken von
35
Monarchie und Republick
1 Theil 75 durchzulesen.
Naemah
; ein
36
Schauspiel in dem Geister erscheinen ein guter und ein halbschlägiger, der die
37
Naemah verführt, des großen
Mizraim
Gemalin trotz aller seiner
S. 426
ägyptischen und hieroglyphischen Weisheit und Freymäurerey. Sonderbare
2
Verhängniße eines nunmehrigen Benedictiners vom Stande in den Begebenheiten
3
des Osterreichschen Grafen von S. 2 Theile Münster 784 die meinen
4
hochwürdigen Nachbarinnen, einer in Engl. u Ital. gelehrten Gräfin von
5
Meerfeld, dedicirt sind. Er hat auch prosaische Gedichte, Ode auf Gellerts
6
Tod, Freymäurer Reden, Duodrams und Donna Diana, ein Trauerspiel
7
geschrieben nebst
Betrachtungen über die Einsichten der uns
8
bekannten ältesten Völker
– zu einem schönen Roman ist mir noch
9
Hoffnung gemacht aber seine ubrigen Werke kann ich hier nicht auftreiben.
10
Einen Besuch des Mannes selbst habe ich mir verbitten müßen; aber seine
11
Producte sind mir nicht gantz gleichgiltig. Im Meusel wird wenigstens ein
12
completer Catalogus
davon stehen.
13
Von der Erscheinung eines gelehrten Holländers
Prof. dela Marck
in
14
Steinfurt, wo er ein patriotisches und politisches Institut hat anlegen wollen
15
habe ich auch hier spuken gehört. Mein Spürhund hat 3 Bücher von diesem
16
Mann in einem
alten
Catalogo
gefunden, deren Innhalt mich auch lüstern
17
gemacht hat, über
Grotium cet.
vielleicht weiß unser Freund Schenk mehr
18
von ihm um mir einiges Licht geben zu können. Hierum bekümmert sich kein
19
Mensch hier, am wenigsten
Philemon
und
Baucis
und mein
Prof. aulicus
20
kaum um meine
vulnera postica,
ist mit dem Steinfurtschen Rentmeister
21
seinem Schwager
Becker
stoltz vorbey geritten und hat meinem Hans wenig
22
Hoffnung gemacht, ansprechen zu können. –
23
Es ist Zeit für uns beide, aufzuhören. Tausend Grüße an Deine beyde
24
Schwestern Martha u Maria, an Deine lieben Kinder daheim und zu Aachen
25
u den Apostel Georg, auch Deinen verstummten Bruder nicht zu vergeßen,
26
dem es vermuthl. an einem poetischen Frühling fehlt.
27
Nun, Herzens
F
lieber Fritz Jonathan, schreib und lies Dich nicht zum
28
Sw
Swift; sondern sey
Cunctator
und
Festina lente.
Gut Ding will
29
Weile haben.
Quod cito fit, cito perit.
Nimm Dich vor den Kretern und
30
ihren
κακαις ὁμιλιαις
in Acht, a
fabis abstineto
und lach so viel Du kannst
31
über deinen alten
Sancho Pancha,
der sich begnügt von
Gott verstanden
32
zu seyn
und ohne von
Frantz
und
Jonathan
gezogen zu werden diese
33
wohlthätige und heilsame Wüste kaum vor Ostern oder dem 1 April
34
Philemons
Geburtstag verlaßen wird. Auch hier wohnen die Götter, sagte jener
35
Philosoph von seiner Küche.
36
Mein Hans Michel treibt sich um und sonnt sich;
D. Raphael
macht sich
37
aus
Pernant Excerpte
und ich eile in meine Arche, Wiege und mein
S. 427
Kämmerlein, einen holzernen Himmel über mich u Gardinen um mich. Laß mich
2
schlafen, aber mein Herz soll wachen. Eßen und Schreiben auch Lesen geht
3
nicht mehr.
Vale et faue TVO et Meis. Nolle alium
nicht
aliquem.
4
Stammbuch u
retour
meine Briefe erwarte mit der nächsten Post um meiner
5
Gevatterinn antworten zu können.
6
Copia ob fugam vacui.
7
S. 154. Anstand hatte ich lieber gesetzt S. 155.
Zorn
und Leidenschaft
8
diese
S
piam fraudem
S. 157. Gnug St. war – wenn er beybehielt und
9
dem selben gemäß S. 162 Energie für Wirklichkeit. 167. mit
ihr
NB.
10
S. 168 Die Erscheinungen eines
refractirt
en Radii als
p
verstehe ich nicht aus
11
mathematischer u optischer Unkunde. Operation scheint nicht das rechte Wort
12
zu seyn. Den göttl. Strahl – verstehe ich nicht. Wär die Gewalt des sinnl.
13
Eindrucks
p
d
o
S. 168, 169 der Weg nach dem gelobten Lande über eine
14
Eselsbrücke – d
o
15
S. 168, 169.** Eine Sache die nicht ist kan sich nicht offenbaren.
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Offenbarung setzt allerdings so wohl das Seyn der Sache als die Unwißenheit des
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dem die Offenb. geschieht zum voraus. Nicht das
Seyn
sondern das
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Attribut des HErrn der sich für den Gott des Volks erklärte wurde offenbart. Wie
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lieber Jonathan, wenn Du Dir die neue Ausgabe in 4 Theilen der
Etudes
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anschafftest u mein angestrichenes Exemplar für meine
Lisette Reinette
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ausmustertest. Das
Ideen aufregende
eine Wendung? Ohne
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Anthropomorphismus
ist keine Offenbarung mögl. = ohne Fleisch u Blut. S. 170.
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Die Hauptsache ist die Eigenschaft eines sich mittheilenden, gesell. Wesens
.
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Imbecillitate
hast Du ein corrigirtes Exemplar gehabt, im gedruckten steht
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ein Gedächtnisfehler. Die Stelle ist aus einer
Epistel
des
Seneca. Imbecillus
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ein malerisches Bild von
bacillus,
der ohne Strebe nicht gehen kann.
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S. 171. Beßer Begriffe als Lehre – so ausschlie
ßend
, so
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überschwenglich. Ich kan die
ομοι
ο
τελευτα
nicht leiden,
dawider wider
.
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Kants Unterscheidung des absoluten u
symboli
schen
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Anthropomorphismus, der ihm der einzige zu seyn scheint – ist ein Pendant zu den
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Beobachtungen u Berechnungen der Sternkunde, die zieml. weit hergeholt sind den so
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nahe liegenden Abgrund uns.
Univ.
aufzudecken.
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S. 164*) ist dunkel u unverdaulich für mich. Ist ein lebendiger Gott =
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Summa intelligentia.
Da der alte Cartesianische Sauerteig
Cogito ergo
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sum.
Ein
ὑστερον προτερον
Spiel (vermuthl. Wortspiel) worinn der
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Deismus (der römische) allein gewinnt u der Theismus (griechische
S. 428
Atheismus) – also die neue Ausgabe soll den
terminum a quo et ad quem
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erörtern. S. 164
Signum exclamandi
ein Ende der Junkerschen Verse S. 170
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warum wüßten corrigirt. Wüßten oder
wußten
wißen scheint mir richtiger
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Cetera desunt.
Provenienz
Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.
Bisherige Drucke
Friedrich Heinrich Jacobi’s Werke. Hg. von Friedrich Roth. 6 Bde. Leipzig 1812–1825, IV 3: J. G. Hamanns Briefwechsel mit F. H. Jacobi, 399–402.
Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, V 600–620.
Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 7: November 1787 bis Juni 1788. Hg. von Jürgen Weyenschops, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2012, 116–133.
ZH VII 410–428, Nr. 1140.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
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425/30 |
den ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: dem Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1979): lies: den |