1141
428/6
Düßeldorf den 16
ten
März 1788.
7
Vermerk von Hamann:
8
Erhalten den 17 Geantw Oster heil. Abend den 21 im Bette.
9
lieber Herzens Vater!
10
Buchholtz wird Dir seine Nachlaßigkeit schon gebeichtet haben. Ich erhielt
11
Deinen Brief vom 29
ten
erst vorgestern Abend, u konnte mich nicht darüber
12
zufrieden geben, was Du alles möchtest gedacht haben, daß ich nicht
13
antwortete, u auch das Stambuch u die Briefe nicht zurück schickte. Ich gebe nun
14
heute ein großes Pack für Dich auf die fahrende Post, welches enthalten
15
wird 1) die mitgetheilten Briefe, 2) das Stambuch, in welches wir alle
16
geschrieben haben, auch Freund Schenk. Das Einkleben meines Kupferstiches
17
besorge ich wenn ich nach Münster komme. – 3) Verschiedene Bücher,
18
worunter Du auch
Swifts
Leben v
Sheridan
finden wirst. Ich wünschte daß Du
19
dieses gleich vornehmen möchtest, damit Du gethan habest wenn ich komme.
20
Sey unbesorgt wegen des Verwischens deßen was ich mit Bleyfeder hinten
21
ein
excerpiert habe; es ist bereits mit Vermehrungen abgeschrieben.
22
Ubrigens sorge ein wenig daß alles rein u ganz bleibe. – Was Du mir von
23
Deinem Befinden meldest hat mich herzlich traurig gemacht. Mich wundert daß
24
man Dir noch nicht die Krätze inoculiert, Dich in einen Kuhstall gebettet, Dir
25
Menschen Urin zu trinken gegeben, u wer weiß was sonst noch für Mittel
26
mit
an Dir versucht hat, welche in dem
dispensatorio,
aus welchem Du,
27
wie es scheint, bedient wirst, zu stehen pflegen. Du zürnst wohl über dieses
28
etwas bittre Urtheil; aber ich kann nicht helfen, weil ich vor Verdruß
29
ersticken möchte. Gott stehe Dir bey gegen
seinen apocryphischen Engel
, u gebe daß ich Dich in
30
14 Tagen zu Münster wenigstens
lebendig
finde. Meinen George erwarte
31
ich übermorgen. Er kommt zu Pferde über Unna, Iserlohn u Elberfeld. Ich
32
freue mich herzlich auf den Jungen; u würde mich noch einmahl so sehr freuen,
33
wenn ich mehr Hofnung zu einer glücklichen Reise mit ihm nach Münster
S. 429
hätte. Sie werden in dem Welbergen Deine Natur bis zur letzten Crisis
2
critisieren, u Dich so reinigen, daß Du nur gewiß volkommen gesund seyn
3
würdest, wenn Du nicht gestorben wärest. – In dem Brieflein v Buchholtz,
4
worin er mir seine Nachläßigkeit beichtet, meldet er nicht ein Wort v Deinem
5
Befinden; auch stand nichts davon in einem Biljet welches ich den Posttag
6
vorher von ihm erhielt; nicht ein Wink davon daß er selbst in Welbergen war.
7
Nun erwarte ich mit Ungeduld künftigen Dienstag, ob ich auch da nichts
8
hören werde. – Mit meinem eigenen Befinden ist es ohngefähr so geblieben
9
wie ich Dir neulich schrieb. Gestern endlich hat mir Abel ein Mittel verordnet,
10
worauf ich einige
gute Würkung
Beßerung verspüre. Heute klagt Tante
11
Lotte, u ich fürchte ein Flußfieber. Die Mama treibts wie gewöhnlich. Beyde
12
laßen Dich herzlich grüßen – – Lieber, lieber Hamann! wenn ich Dich
13
einmahl wieder in meinen Armen halte! – Du antwortest mir doch gleich? –
14
Wenn ich Dienstag munter bin schreibe ich wohl noch einmahl mit der
15
reitenden Post, u Du bekommst dann beyde Briefe zugleich – Ich trage Dich in
16
meinem Herzen. Gott mit uns!
17
Dein Fritz Jonathan
18
Ich will die Briefe die ich Dir zu schicken haben, doch lieber unter dies
19
Couvert
als ins Packet legen. – Nach der Mythologie, die zurück geblieben
20
ist, soll v neuem gesucht werden. Schenk versicherte mich damahls, sie sey nicht
21
zu finden.
Provenienz
Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.
Bisherige Drucke
Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 7: November 1787 bis Juni 1788. Hg. von Jürgen Weyenschops, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2012, 139 f.
ZH VII 428 f., Nr. 1141.
Zusätze fremder Hand
|
428/8 |
Johann Georg Hamann |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
|
428/29 |
seinen […] Engel] |
Geändert nach der Handschrift; ZH: seinen Engel |