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Pempelfort den 13
ten
May 88


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Vermerk von Hamann:

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Erhalten den 14 Geantw den
16, 17


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Lieber Herzens Vater!

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Ich bin heute morgen mit einem so argen Schwindel aufgewacht, daß ich

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mich kaum besinnen u
s
zu mir selbst komen konnte. Auch jetzt vermach ich

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kaum aus den Augen zu sehen, u habe arge Schmerzen.

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Ich schicke Dir mit vielem Dank die mitgetheilten Briefe aus Koenigsberg

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zurück, die ich mit Vergnügen gelesen habe. In den Briefen der Elise ist doch

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etwas v kalter Ziererey, das mir nicht behagt, u mich zweifelhaft läßt, ob die

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Kälte v der Ziererey, oder die Ziererey v der Kalte herrührt.

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Den Brief v De Marrees hatte ich zurück behalten, aus Gründen welche

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Du geahndet zu haben scheinst. Hier ist er, nebst einem Briefe v Reichardt,

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den ich vorigen Posttag allein deswegen nicht beylegte, weil ich fest glaubte,

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Du hättest unmittelbar v Lindner umständlichere Nachrichten.

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Wie in aller Welt, Lieber, kommst Du zu dem frühen Aufstehen? Billigt

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das Dein Arzt? Wäre ich nicht krank, ich hätte eine Spottschrift gegen

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Fürstenberg, Amalia, Mariane und Sprickmann ergehen laßen, darüber daß

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sie nicht einmahl vermögen einen Weisen, einen
Magum
zu regieren; was

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werden sie mit andern Menschen ausrichten? – Bleib Du hübsch im Bette,

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wenigstens bis Morgens um 8 Uhr, u sorge nur so gedekt zu seyn, daß Du

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nicht schwitzest.

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Wir alle sind in voller Freude darüber, daß wir Dich Anfangs Juni

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wieder haben sollen – Grüße
Sprickmann
.
,
Dein Wesen mit ihm thut mir wohl.

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Es ist ganz recht daß Du ihm Lavaters Briefe mitgetheilt hast. Wie oft muß

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ich Dirs wiederhohlen, daß Du mehr recht hast als ich selbst über das Meinige

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zu schalten. Du magst also Sprickmann auch alles was ich
zul
Freytag

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geschickt habe zeigen. – Ich sage Dir noch einmahl, grüß ihn.

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Ich zielte nicht auf eine besondre Stelle, sondern auf Beckers ganzen

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Aufsatz. Meiners hatte die Rechtmäßigkeit des Negernhandels, aus Gründen des

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Nützlichen darthun wollen; u Becker antwortet, (wahrscheinlich weil er den

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Tag vorher ein gutes Buch gelesen hatte), solche arme Wichte wie wir,

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könnten daher kein Recht bestimmen, u thäten beßer uns an dem Satz zu halten:

35
was ihr nicht wollt das Euch Leute thun sollen, das thut

36
Ihr ihnen auch nicht
.

S. 470
Ich kann nicht mehr schreiben; der Kopf
w
will mir zerspringen.

2
Entschuldige mich bey Amalien.

3
Ueber die Idee der Schloßerinn in Absicht der Frau v der Recke habe ich

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gelacht u ein X gemacht wie Du; auch so darüber an Schloßer geschrieben,

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u Deiner
dabey
gedacht.
nach einem gestern v der Schloßerinn

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eingelaufenen Briefe, hat Schloßer die Idee an die v. d. R. so zu schreiben wie er

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vor hatte aufgegeben; er konnte nicht damit zu Stande komen. Meine

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Anmerkungen uber diese Idee hatte er noch nicht.
– Auch über Rehberg denke

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ich gerade wie Du. Ich fürchte aber nicht daß er mir zu nahe kommen wird.

10
Diese Art Menschen sind mir – ich möchte sagen
geläufig
. Rehberg aber

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hat immer eine gewiße Derbheit, die ich achte, u ist kein Heuchler. – Von

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Leipzig habe ich noch nichts. Wie mich nach dem Büchlein v der v d. Recke, u

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Zimmermanns Schrift verlangt, kannst Du Dir vorstellen.

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Lebe Wohl. Grüße Franz u Marianen in meine Seele – Gott mit uns!

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Dein Fritz Jonathan.


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Höre doch auf mit den Entschuldigungen wegen des Rißes in Schenks

17
Seuthes.

Provenienz

Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.

Bisherige Drucke

Friedrich Heinrich Jacobi’s Werke. Hg. von Friedrich Roth. 6 Bde. Leipzig 1812–1825, IV 3: J. G. Hamanns Briefwechsel mit F. H. Jacobi, 415 f.

Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, V 646 f.

Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 7: November 1787 bis Juni 1788. Hg. von Jürgen Weyenschops, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2012, 212 f.

ZH VII 469 f., Nr. 1158.

Zusätze fremder Hand

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Johann Georg Hamann

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
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16, 17
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
16/17
469/25
Sprickmann
.
,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Sprickmann,
470/1
w
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
470/5
–8
nach […] nicht.]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
– nach
470/5
dabey
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
dabei