483
297/17
Kgsb. den 7 März 777.

18
Geliebtester Freund,

19
HE Toussaint
Frédéric Toussaint
Gestern war im stande zum ersten mal aufzustehen, da ich durch den HE

20
Pet. Journals
Dezember- und Januarnummer von
Arndt,
St. Petersburgisches Journal
Toussaint
die beyde Monathe
Xbre
u Jänner des Pet.
Journals
erhielt;

21
aber keine Zeile von Ihnen. Zufällig hab ich gehört, daß Sie jetzt Gottlob!

22
außer Gefahr aber in übler Laune sind, vielleicht haben Sie mit selbiger auch

23
Schreibens
HKB 480
die
schiefe Laune
meines letzten Schreibens ausgelegt, welches ich Ihnen gar

24
nicht verdenken kann. Sie sehen daß ich auch meinen neuen Dienst mit einer

25
sehr ungelegenen und unwillkommenen Krankheit anfangen müßen, d
as
ie

26
Flußfieber
„Febris catarrhalis, ein nachlaßendes Fieber, welches sich mit Flüssen auf der Brust vereinigt. Man macht einen Unterschied unter ein gutartigen [Catarrh] und bösartigem Flußfieber.“, vgl.
Krünitz
, Tl. 14, S. 420
wieder in einem
Composito mixto
von Gallen- und Flußfieber bestanden. So

27
leicht der Paroxysmus auch an sich selbst war, so hab ich mich doch nicht aus

28
dem Bette rühren und mit genauer Noth lesen können, und mich mit Sorgen

29
u Grillen quälen müßen, die allein allen Geschmack des Lebens auszusaugen

30
China
Die chininhaltige Chinarinde wurde zur Fiebersenkung verwendet.
im stande sind. Heute habe Gottlob mit der
China
wieder den Anfang gemacht

31
und ich hoffe nächste Woche wider die Luft schöpfen zu können.

32
Außer dem Dank für gütige
Expedition
und der Verlegenheit einem

33
Misverständniße der Freundschaft vorzubeugen, muß ich Sie
nolens volens
mit

34
einer neuen Bitte beschweren. Ich bin von einem Freunde, dem ich große

S. 298
Herders Drama
Herder,
Brutus
Verbindlichkeit schuldig bin um
Herders Drama zur Musik
ersucht worden,

2
hab es ihm versprochen abzuschreiben; es würde mir aber eine große

3
Erleichterung bey meiner gegenwärtigen Unvermögenheit seyn, sondern auch von

4
mehr Gewicht und Einfluß seyn, wenn ich ein gedrucktes Exemplar des

5
gedachten
Drama: Brutus
aufzutreiben im stande wäre. Wenn Sie also im

6
stande wären mir damit gefällig zu seyn: so bitte mir entweder selbiges mit

7
erster Post auf meine Kosten zu übermachen, oder mich
zum
vom

8
Gegentheil mit einer Zeile zu
averti
ren, damit ich mich zum Abschreiben entschließen

9
kann. Ich versehe mich eins oder des andern von Ihrer gefälligen Freundschaft.

10
Haben Sie schon meinem Gevatter
Claudius
antworten können von dem

11
ich, weiß nicht mehr wie lange? einen Einschluß einmal an Sie erhielt. Habe

12
an Gevatter Herder weder selbst bisher schreiben noch von Ihm oder sr.

13
Schwester einen Einschluß erhalten, wie ich immer erwartet. Kann die Feder

14
3 Dedicationen u das erste Hauptstück
von
Hamann,
Schürze von Feigenblättern
nicht halten nicht führen. Meine 3
Dedicationen
u das erste Hauptstück sind

15
fertig geworden, kann nicht fortfahren, bis ich den Anfang gedruckt sehe, und

16
hier stehen also die Ochsen am Berge. Weiß also nicht ob ich zur Meße

17
denn die Einsame …
Jes 54,1
kommen werde; soll mir auch an allem nichts gelegen seyn; denn die Einsame hat

18
mehr Kinder denn die den Mann hat, spricht der HErr –

19
Leben Sie wohl, werden Sie so bald gesund, als ich es selbst zu werden

20
wünsche und hoffe – Tragen Sie zu Ihrer Cur durch Gedult und Gelaßenheit

21
das Ihrige bey. Erfüllen Sie wenn Sie können, meine Bitte in Ansehung des

22
Brutus und hören Sie nicht auf der Freund zu seyn Ihres aufrichtig

23
verpflichtesten Dieners.

24
J G Hamann

25
zeitiger
invalider
Packhof Verwalter


26
Adresse mit Vermerk von Hartknoch:

27
HErrn / HErn Hartknoch / Buchhändler / zu /
Riga
. /

28
beantw. d 8
nicht überliefert
HE Hamann in Königsb Empf
d
5 Merz 1777 beantw.
d
8 –

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.

Bisherige Drucke

ZH III 297 f., Nr. 483.

Zusätze fremder Hand

298/28
Johann Friedrich Hartknoch