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Düßeldorf den 26
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April 1785
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Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte):
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No
10.
Erhalten den 17 May Pfingstdienst Geantw. den 18–23 —
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Liebster Haman,
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Ich reise heute Abend nach Münster, um meine gute Amalia zu besuchen.
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Wenn es mir immer möglich ist, schreibe ich Ihnen von dort aus, nachdem ich
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Ihren Alkibiades
nachdem
gesehen habe, u in Ihre Seele von ihm umarmt
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worden bin. Verderben Sie unterdeßen sich die Zeit mit dem hiebeykommenden
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Aufsatze, den ich für Sie habe abschreiben laßen, u den Sie behalten können.
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Dieser verzweifelte Aufsatz ist Schuld, daß ich Ihnen seit dem Zedel den ich in
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Buchholtzens Brief praktizierte nicht an Sie geschrieben habe; doch hat ein
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langer Besuch, den mein guter Schwager v Clermont aus Vaels mir mit dreyen
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seiner Töchter machte auch nicht wenig dazu beygetragen. Glaube mir, lieber
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guter Vater Hamann, ich mache mir tausend Vorwürfe darüber! Den Brief
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vom 31
ten
März u 4
ten
April hatte ich kaum das Herz zu erbrechen u zu lesen, so
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brennend fühlte ich meine Schuld.
S. 428
Für heute muß ichs mit diesem Wisch gut seyn laßen. Der Kopf läuft mir
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herum von allem was ich noch zu thun u zu besorgen habe; denn ich verreise
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nicht allein nach Münster, sondern auch zugleich nach Pempelfort mit meinem
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ganzen Hause, wo ich nach meiner Zurückkunft (in 14 Tagen) gleich anlanden
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werde. Ich freue mich auf meine liebe ländliche Wohnung wie ein Kind.
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Ihre Grüße haben meine gute Helene sehr gefreut. Was in meinem Herzen
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ist, ist auch
in
dem ihrigen; sie liebt meinen Haman innigst, grüßt ihn u küßt
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ihn. – Nun Ade, lieber Herzensfreund. Von Münster aus, so Gott will, sehen
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wir uns wieder. – Mein Befinden ist erträglich, u ich hoffe die Reise soll es noch
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beßer machen. – Ich herze Sie mit innigstem Wohlgefallen
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F H Jacobi
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Hemsterhuys hat meinen Brief noch nicht beantwortet. Der Krieg macht ihm
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so viel zu schaffen. Er hat eben erst das Portrait des Spinoza nach einer original
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Zeichnung nebst einem Buch der Prinzeßinn für mich geschickt, welches ich zu
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Münster finden werde.
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Es ist doch wohl gewiß daß die kleine Schrift über das Fundament der
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Kräfte Kant zum Verfaßer hat?
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An dem scheußlichen TobacksGeruch der einliegenden Blätter ist der
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Abschreiber schuld.
Provenienz
Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.
Bisherige Drucke
Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 4: 1785. Hg. von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2003, 90 f..
ZH V 427 f., Nr. 831.
Zusätze fremder Hand
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Johann Georg Hamann |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
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No 10. ]
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Hinzugefügt nach der Handschrift. |