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Kgsb. den 8.
Julii
85.
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HöchstzuEhrender Herr Kriegsrath,
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Gütigster Freund,
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Ich war eben mit Adelung fertig und wünschte Ihnen auch denselben
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mittheilen zu können, da ich diesen Morgen Ihren Brief erhielt. Um mir den
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Gang zu erleichtern, gab ich dem Boten die Bücher mit – Um Ihnen in
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meinem und Hills Namen zu danken, dem ich bereits mit voriger Post den in
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Welschl. gehabten Verlust zu ersetzen so glücklich gewesen bin. Im Nothfall
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würde mich nicht geschämt haben, auch eine
explicit
e Fürbitte bey Ihnen zu
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thun. – Es war ein bloßer Eindruck
frischer That
, und kein Wink, daß
S. 8
ich Ihnen meine Freude über den unvermutheten Empfang des ersten
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Goldpfennings meldete; ich nehme den Ihrigen jetzt zum Ersatz meines Vorschußes
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an. Mehr als 18 # hatte ich ihm nicht zugedacht – und was ich gewünscht,
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hat er erhalten. Wegen des Uebermachens war ich besorgt, und den Herrn
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Adm. Director
Jacobi damit zu beschweeren; zu gutem Glück fand ich bey
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Wulff Friedlaender dazu eine glückl. Gelegenheit, der eben nach Wien mehr
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Wechsel und an einen dortigen SchwiegerSohn des Itzig in Berl. zu
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bestellen hatte. Durch Vermittelung des HE Bock hab ich auch die Versicherung
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von p Jacobi erhalten Hill dem Legationsrath dort zu empfehlen – Ein
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Besuch des jungen Grafen Kayserlingk, der von meinem Sohn u Raphael viel
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zu machen scheint, und des Einnehmers Brahl haben mich um den gantzen
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Abend gebracht, daß ich morgen erst fortfahren muß.
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den 12 –
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Die Witterung hat mich beynahe krank gemacht – und vorgestern bekam
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ich währender Predigt die HE Scheller im Kgl. Hospital hielt, einen
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impetum
nach Weimar zu schreiben, weil ich seit Pfingsten noch den Dank für die
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zerstreuten Blätter schuldig bin und um den zweithen Theil der Ideen
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ausdrückl. zu bitten für nöthig fand. Heute wird die Graventinsche Herrschaft
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bey HE. Pf. Fischer erwartet, habe mit viel Erbauung mehr wie einmal
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einen merkwürdigen Briefwechsel des
Garve
und
Biester
über die
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Besorgniße der
Protestanten in Ansehung des Katholicismus
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gelesen in der laufenden Monathsschrift. Die philos. Betrachtungen über die
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thierische Schöpfung wie es heist auch von Garve übersetzt 769 liegen noch
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hier und warten auf Ihren Befehl, wenn Sie selbige nicht schon selbst haben
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oder kennen.
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Verzeyhen Sie mein Misverständnis wegen des Petersb.
Journal
s, das
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ich immer nach Graventihn expediren müßen, und ich glaubte Ihnen die
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Fortsetzung schuldig zu seyn.
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Wenn Ihnen mit
Sacks
Predigten und seiner Uebersetzung der
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Blair
schen
gedient ist, so lese ich selbige jetzt eben und kann die 3 Bücher auf ein
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paar Wochen länger behalten.
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Mein Sohn studiert Historie und Geographie statt der Philosophie und
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Mathematik, an denen er wenig Geschmack zu haben scheint. Kaum kann ich
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eine halbe Stunde das frantz. und engl. mit ihm vornehmen. Nicht Galenus,
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sondern Engels Mimik war das Buch, über dem ich Ihren letzten Brief
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erhielt. Ich kenne weder Theater noch die neuesten Stücke, auf die er so öfters
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verweiset: also blos der schönen Form wegen, die Materie selbst ist mir
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gleichgiltig. Eben so unwißend bin ich in Ansehung des Innhalts, habe nicht
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die geringste Sachkenntnis von den
Georgicis,
woran es dem Uebersetzer nicht
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fehlt. Seinen Fleiß habe ersehen und er schien zufrieden mit den wenigen
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Anmerkungen, die ich über das 2te Buch gemacht – ich noch mehr, meine
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Verlegenheit, in die
Sie mich wirklich gesetzt
, so glücklich überstanden
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zu haben. Theils mich zu rächen, theils das auf mich gesetzte Vertrauen zu
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erwiedern, hab ich diesem fähigen und würdigen Mann das Gelübde gethan
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Sie wenigstens jeden Monath daran zu erinnern, zu seiner Verpflanzung
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an die hiesige Cammer behülflich zu seyn, weil ich glaube, daß Sie ihn mit
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gutem Gewißen dem
Dir.
Wagner empfehlen können. Keine poetische
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Uebersetzung gehört zu meinem
Ressort;
und ich bin durch meine Hypochondrie so
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nackt und eckel wie ein Marsyas. –
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Gedruckte Beyl. u den vierten Brief des Hill bitte mit der nächsten
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Gelegenheit wider zurück – auch die erste mehr als einmal zu lesen, um mir Ihr
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Urtheil sagen zu können, damit ich es mit meinem vergleichen kann. Aus
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einem alten Brief habe erst neulich von ohngefehr ersehen, daß der Verfaßer
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den Titel eines Raths hat. Die jüngste ohne Namen, verdient seinen zu
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führen, und ihr muthwilliger Ernst gefällt mir mehr als der gesetzte Ernst
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der Katharina.
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Adelung hat in seinem ersten Theil über den hochdeutschen Styl die
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Scherflein 4 mal
citi
rt; bey einer neuen Auflage werde ich ihn wol selbst, die
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Lettres sur le Patriotisme,
das
Eloge
des
Voltaire
s und das
Milord Marechal
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von
Alembert
auch
citi
ren müßen, weil es ohnmöglich ist die
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zusammengesetzte Anspielungen ohne einen Fingerzeig zu verstehen.
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Mein unbekanter Wohltäter hat sich den 17
pr.
mit einer Marianne
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Detten vermählt; beyde haben mir den 20 d. aus Geldern geschrieben und
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sind vermuthl. schon in Paris. Sein gewesenes Logis steht für uns leer und
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fertig, weil er sich ein ander Haus besorgt. Nach seiner Rechnung sollen wir
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den Winter über bey ihm bleiben. Wie der Mensch denkt! und wies Gott
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lenkt! Seine Reise geschieht der Gesundheit wegen und ist zugl. für meine
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philosophische Neugierde sehr interessant.
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Da Sie mein GeEhrtester Freund mit HE. Pf. Hippel in Verbindung
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stehn; so habe die Abrede genommen daß er Herders Ideen, die ich ihm
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gegeben, durch Ihre Vermittelung mir übermachen sollte. Ich möchte sie gern
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vor Empfang des 2ten Theils wider haben der Verbindung und meines
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stumpfen Gedächtnißes wegen.
S. 10
HE Kr. Hippel wollte die Schrift über Offenbarung Judentum u
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Χ
stentum kaufen, in welchem Fall ich selbige auch für Sie besorgen werde.
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Wollen Sie den ersten Jahrgang der Berl. Monatsschrift; so kann ich
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auch damit dienen; die folgenden auch wohl verschaffen. Ich erinnere mich
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halb, daß Sie einmal daran dachten.
Memento interpretis Virgiliani (pro
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Julio)
Empfehlen Sie mich bestens der Frau Kriegsräthin. Mein Sohn ist
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ein wenig seekrank gewesen, und hat vorigen Mittwoch eine Reise zu Fuß
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mit unserm
Candidat
en nach Trutenau gethan, der heute bey Ihrem
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gewesenen Nachbar in seiner neuen Wohnung gespeist. Ich kann weder lesen
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noch schreiben, noch reisen – will ich auch nicht eher an das letzte denken, als
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bey dem ersten Laut von der Heimkunft aus Paris, die bald gnug geschehen
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wird, weil der Mann
endlich
ist, mich eines Lutherschen Ausdrucks zu
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bedienen.
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Spalding ist der Verfaßer der schönen vertraulichen Briefe über die
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Religion, deren erste Ausgabe dem Grafen von Lynaar zugeschrieben wurden.
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Behalten Sie in mitleidigem Andenken
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Ihren
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ergebensten Freund und Diener
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Joh. Georg H.
Provenienz
Druck ZH nach dem überlieferten Typoskript Walther Ziesemers. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Preußisches Staatsarchiv Königsberg, Nachlass Johann George Scheffner.
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VII 255–257.
ZH VI 7–10, Nr. 852.