854
17/4
Kgsberg den 18
Julii
85.
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Mein sehr lieber Freund,
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Ich hoffe, daß Sie gegenwärtig sich schon ein wenig ausstafiret haben
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und an Ihr Vaterland zurück denken – und habe zugl. die Freude Ihnen
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zu melden, daß ich vom Kr. Rath Scheffner den 8 d. aus eigenem Triebe 1 #
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erhalten und am gestrigen
VIII.
Sonntage nach
Tr.
von meiner guten
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Nachbarinn der 3 Kronenloge, die ihr jährliches Fest feyerte ein versiegeltes
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Päckchen
beyl
17 # das ich auf Ihren Wink erst erbrechen werde. Ich bitte mir
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aber aus, bey Ihrer Rückreise nicht
Weimar
vorbeyzugehen, wohin ich
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schon an meinen alten Freund Gevatter und Landsmann Ihrentwegen
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geschrieben. Jetzt befindt er sich im Carlsbade, wird aber im künftigen August
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Monath schon wider daheim seyn. HE
Assessor
Hoppe war auch erbötig
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etwas für Sie zu thun, ich hielt es aber nicht für nöthig ihn bey seinem Worte
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zu halten; aber Ihr lieber
Oncle
hat jetzt die
Pocken
Blattern im Hause
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gehabt; die kleine Marie den Anfang gemacht, und Louischen auch schon
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alles glückl. überstanden. HE Kr. Deutsch ist gegenwärtig mit seiner Familie
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hier und wird morgen abreisen. HE Scheller hat bey mir
logi
rt u die Familie
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bey HE Pf. Fischer, wo der liebe Ernst in
Pension
steht seit Ostern. Ich
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erwarte bald gute Nachrichten von Ihnen. Vetter Becker hat seinen Lauf
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vollbracht bey den Bermudischen Inseln und das Ziel seiner Reise nicht
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erreicht, sondern ist unterwegs über Bord gefallen. Jensch besuchte mich
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gestern, und ist entschloßen nach Berlin zu gehen. Alles grüßt Sie und
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wünscht Sie gesund wider zu sehen. Vorzügl. nimmt unser würdige Ober
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Bürgermeister an Ihrem Schicksal Antheil, und wünscht Sie im Vaterlande
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versorgen zu können. Dort können Sie wohl durch Einl. bey dem
Banquier,
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der Ihnen das Geld ausgezahlt, antworten, unterwegs schreiben Sie auch
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ohne sich um das
Porto
zu bekümmern oder einen Heller dafür auszulegen.
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In W. wird H. Ihren Brief einschließen. Das gestern erhaltene Päckchen
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hatte die Aufschrift: Für
den Wanderer Hill
. Bitte aber diesen
Titel
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als keinen
Beruf
anzusehen. Melden Sie mir auch, ob HE
Admiralitäts
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Director Jacobi an seinen Bruder den HE
Legations
rath Ihrentwegen
S. 18
geschrieben, und schreiben Sie so umständl. als ich kurz seyn muß. Besonders
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seyn Sie mir aufrichtig in Ansehung Ihres ökonomischen Fußes auf den Sie
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stehen, damit man bey Zeiten im Nothfall Anstalten machen kann. Daß es
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Ihnen nur nicht wie in
Rom
geht. Nächstens denke an den lieben Zürcher
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zu schreiben, der Sie zu einem
Nathanael
umgetauft. Meine
Lisette
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Reinette
macht Ihnen viel Ehre und mir Freude, und beydes wie man mir
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versichert, der würdigen Baroneße. Ihr alter Freund Johann Michael freut
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sich sehr auf Ihren Unterricht im Arabischen. Hartknoch hat ein Exemplar
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des arabischen Wörterbuchs, das Sie mir angewiesen auf allen Fall für mich
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bestellt; aber aus Neid hab ich
dem
Pr. Köhler nichts davon gesagt, Ihren
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Gruß im Vorbeygehen bestellt. Speise heute zu Mittag bey unserm Gönner
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mit den Graventhinern u Mayer, der bald nach Curland gehen wird. Gott
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nehme Sie in
s
Seiner gnädigen Obhut. Erhitzen Sie sich nicht. Die noch
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immer kühle Witterung scheint den Wanderern günstig zu seyn. Leben Sie
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wohl, und erfreuen mich fleißig mit Briefen und guten Nachrichten,
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den
als Vorboten unsers Widersehens. In Ihrem und meinem Hause steht alles
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wohl. Jakob ist beym Kupferschmidt in die Lehre gekommen; ob er seine
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Lehrjahre aushalten wird, weiß ich nicht. Grüße und Wünsche verstehn sich
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von selbst. Vergeßen Sie nicht das Vaterland und Ihren alten Freund
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Johann Georg Hamann.
Provenienz
Wilhelm Dorow (Hg.): Facsimile von Handschriften berühmter Männer und Frauen, Berlin 1836, H. 2, Nr. 3. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Dortmund, Stadtbibliothek, Atg. 2559; ZH zufolge wurde die Handschrift vernichtet.
Bisherige Drucke
ZH VI 17 f., Nr. 854.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
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17/11 |
beyl ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: sign. |
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18/10 |
dem ]
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Geändert nach der Kopie der Handschrift; ZH: dem |