859
29/32
Königsberg den 31
Julii Dom X p
Tr.
85.
33
Mein auserwählter, mein gewünschter Sohn
34
Sie müßen 3 Briefe über
Mannheim
erhalten haben 1.) vom 20
Jun.
35
2.) vom 25 bis zum 29
ej.
3.) vom 4
Julii.
Diesen Monath habe ich 4
36
bekommen;
37
den 13 d.
ein Briefchen vom
14
Junii,
an dem Sie mir Ihre
S. 30
Hochzeit u Abreise meldeten
2
nebst einem
alto silentio
3
– – 27 –
Ihr
Circulair
vom
11
Jul.
aus
Paris
4
Gestern frühe
– 30
d
o
–
d
o
– – über Düßeldorf ohne eine Zeile von
5
Jacobi durch Commercien Rath Fischer
unsern
6
seinen hiesigen
homme d’affaire
7
– Nachmittags –
ein Briefchen vom
4
Julii
über Mannheim, in dem Sie mir Ihre glückl.
8
Ankunft zu
Paris
ankündigten, welche ich schon einen Posttag eher durch
9
das spätere
Circulair
erfahren hatte zu meiner großen Beruhigung. Aus
10
meinen beyden letzten Antworten, nemlich vom 25–29
pr.
und 4
huj.
werden
11
Sie den ganzen Qveerstrich durch unsere Zeitrechnung ersehen haben,
12
aber zugleich meine dringende Bitte und inständiges Anliegen – unsere
13
gemeinschaftliche Angelegenheiten gänzlich ruhen zu laßen – damit Alles
14
nach Gottes Willen, und zu unserm wahren Besten gehe. Auch mir ist ein
15
höherer Einfluß in den ganzen Weg dieser Sache fühlbar und
augenscheinlich
16
– Warum sollen wir uns beyde daher nicht auf die Treue Gottes und die
17
Integrität
s
Seiner Vorsehung und Regierung auch der kleinsten Umstände,
18
verlaßen? – Ich mag Sie daher mit einer Widerholung des seit dem 22
pr.
19
überstandenen nicht behelligen; weil ich das Hauptsächlichste schon
20
geschrieben habe. Ihre Hauptsache für mich ist jetzt, daß Sie und Ihre
21
liebe
Marianne
gesund und zufrieden leben, daß Ihnen
Paris
recht sehr
22
gefalle, so lange Ihre
Geschäfte
dort währen, und daß nach verrichter
23
Arbeit und genoßenem Vergnügen ein sanftes Heimweh Sie wieder nach Münster
24
ziehe, wo Ruhe, neue Freude und Freundschaft und Glück Ihrer erwarten mögen!
25
Wenn Sie währender Zeit ja an mich denken und sich um mich bekümmern
26
wollen: so will ich es Ihnen allenfalls erlauben einen Augenblick den 27 Aug.
27
zu thun, wo es mir beym Eintritt in mein 56stes Jahr an Muße und Anlaß
28
nicht fehlen wird, mich eines so auserwählten, so gewünschten Ehepaars von
29
Menschenseelen und Menschenherzen
zu erinnern, deren zärtliche Zuneigung
30
mir Gott geschenkt, ohn all mein Verdienst und Würdigkeit – denn Seinen
31
Freunden giebt ers
schlafend
.
32
Denken Sie nicht einmal an Ihren
Hauptbrief
eher, als biß Sie
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wieder an Ort und Stelle sind – und versäumen gegenwärtig nicht das
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allergeringste, den Aufenthalt in Paris für Ihre liebe Marianne angenehm und
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für Ihre Absicht einträglich zu machen. Ihr Urtheil über den
Mann
36
wünsch ich mit der
Zeit
zu erfahren – aber nicht damit Ihnen, wie mir mit
37
seinem Buche, das meinem
Geschmack
und
Glauben
widersteht.
38
Weder
Widerspruch
, noch
Beyfall
sind
Criteria
der
Wahrheit
,
39
denn
sondern unvermeidliche Zufälligkeiten, und kräftige
vehicula.
S. 31
Um Ihnen ein Beyspiel des
alti silentii
zu geben, schreibe ich den ganzen
2
August
über nicht, als wo eine
Antwort
oder ein
Bericht
nöthig ist.
3
Sie können sich meine Unvermögenheit nicht denken zu jedem Geschäfte oder
4
Umgange, und wie sauer mir das Reden und Schreiben wird; weil ich gantz
5
leer von Gedanken bin, und alles in mir stockt und nicht von der Stelle will –
6
alles mich erschüttert und
perplex
macht. Was für eine klägl. Gesellschaft
7
würden Sie den Winter über gehabt haben? Würden nicht auch die besten
8
Leute unserer
gespottet
haben. Alle diese Rücksichten, die keinen
9
schwachen Eindruck auf mich machen, sollen mich nicht abhalten meine Pflicht und
10
Zusage thätig zu
leisten mit deßen Hülfe und Kraft, die in den
11
Schwachen mächtig ist. Ohne Beruf rühr ich mich nicht, wenn es auch ein
Seculum
12
währen sollte oder wie das
moliuntur et comuntur
der französischen
Damen
13
– auf den ersten Wink einer allergnädigsten Erlaubnis werde ich laufen, um
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desto länger bey Ihnen ausruhen zu können – denn im Fluge und im
15
Vorbeygehen uns zu sehen, würde uns beyden nicht Gnüge thun.
16
Gottes überschwenglich reicher Vater-Seegen über Sie und Ihre
17
liebenswürdige Marianne –
im
von
Geist
Ihrem
Alten im Geiste und Sinn alle
18
Tage Sie begleitenden und verfolgenden vielmehr, und Einmal einholenden
19
Johann Georg
H‥
20
Da die Briefe über Mannheim, besonders der letzte den ich gestern
21
erhalten, langsamer gehen, ich den gestrigen über Düßeldorf viel früher erhalten,
22
so werde ich diesen durch Einschluß unsers J. befördern. Auf dem
Couvert
23
des gestrigen über Mannheim gegangnen stand oben
de Neustatt
und unten
24
frey
Cassel
; woraus ich fast eine Reise des
HE p
von
Lamezan
vermuthe,
25
wodurch die Absendung des Briefes verzögert worden.
26
Gott sey Ihr Schild und Ihr sehr großer Lohn! Amen.
27
Da Capo.
28
Adresse von fremder Hand:
29
à Monsieur / Monsieur
Francois Bucholz
. / Seigneur de Welbergen / à /
Paris
. / à Lyon / poste restante.
30
a la Chambre de La Reine au
Sare
31
den 31.
Jul.
85.
Provenienz
Staatsbibliothek zu Berlin, Lessing-Sammlung Nr. 1841 l.
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VII 268.
Ludwig Schmitz-Kallenberg (Hg.): Aus dem Briefwechsel des Magus im Norden. Johann Georg Hamann an Franz Kaspar Bucholtz 1784–1788. Münster 1917, 74–76.
ZH VI 29–31, Nr. 859.
Zusätze fremder Hand
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31/29 |
Unbekannt |
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31/30 |
Unbekannt |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
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29/32 |
Julii Dom X p |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Julii Dom. X p. |
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29/37 –30/7
|
den […] glückl.] |
Zeilenfall entsprechend der Auflistung in der Handschrift geändert. |
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30/3 |
– – 27 – ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: – 27 – |
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30/4 |
– 30 ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: 30. |
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30/7 |
– Nachmittags – ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: – Nachmittags – |
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30/15 |
augenscheinlich ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: augenscheinlich. |
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30/29 |
Menschenseelen […] Menschenherzen] |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Menschenseelen |
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31/17 |
im von Geist Ihrem ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: im Geist von Ihrem |
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31/19 |
H‥ ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: H. |
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31/24 |
HE p ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: HE |
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31/29 –31
|
à […] 85.] |
Hinzugefügt nach der Handschrift. |