862
38/31
Kgsberg
den 1 Aug. 85.

32
Nun komm ich, alter liebster Freund, zweimal nacheinander, und

33
wünsche,
daß
Sie und Ihre würdige Theano viel Stärke und Munterkeit zur

34
vergnügten Feyer unserer GeburtsTage mögen zu Hause gebracht haben.

S. 39
Sind Ihre
Ideen
noch nicht fertig? – Ich bin so glücklich gewesen

2
Blair’s Lectures on Rhetoric and belles Lettres
hier zu finden, und habe

3
mit dem grösten Vergnügen vorige Woche das 1.
Vol.
zu Ende gebracht. Die

4
engl. Ausgabe ist in 4
o
mit des Verf. Bilde geziert. Wie es möglich gewesen

5
dem Adelung
dies
herrliche Werk so schnöde zu beurtheilen, weiß ich nicht.

6
Der
Blair
führt ein
Mst.
von
Ad. Smith
Vorlesungen
an; das,
was er im

7
engl. seiner
Theory of Sentiments
über die Sprache angehängt, gefällt mir

8
nicht recht, ohngeachtet ich es damals zur Beyl. der Zeitungen übersetzte.

9
Sie haben einen Brief
von
aus
Paris
erhalten, den ich aufzuheben und Hill

10
mitzugeben bitte. Der Innhalt ist mir bekannt, und die Vermuthung, daß

11
ich bereits abgereiset wäre, hat
dort
viel unnöthige Unruhe gemacht. Gestern

12
meldt mir mein guter
Christian Hill
unter dem 20
Julii
– daß er d. 25
ej.

13
hat abgehen wollen, sich in
Baden
abzuspülen und über Prag und

14
Dresden nach Weimar. Er ist über die 18 # welche ich ihm den 4
pr.
sandte

15
voller Freuden gewesen.
Dom.
X
VIII. p. Tr.
schickte mir meine gute

16
Nachbarin, die Loge von 3 Kronen ein Päckchen mit 17 # ins Haus, das noch

17
versiegelt liegt. Vom Kriegsrath Scheffner habe gleichfalls 1
dito
von
Secr.

18
Dorow, Reichardts
Schwager 1 d
o
von HE von Auerswald 1 d
o
= 20 d
o
. Die 5

19
welche ich ihm auf sein bey mir
niedergelegtes
Geld vorgeschossen, sind

20
also mit Wucher ersetzt. Unser würdige Oberbürgermeister und gemeinschaftl.

21
Freund H. hat mir ins Ohr gesagt, mehr im Nothfall zu fordern, welches er

22
noch ich nicht nöthig haben werden. Den 18.
Jul.
habe ihm wol schon von

23
dieser schönen Erndte Nachricht gegeben; ich zweifele aber, daß sie ihn

24
in Wien erreicht haben wird. Sie werden den rohen ungeschliffenen Stein

25
nicht verkennen. Können Sie ihm einen Winkel in einem guten ehrl. Wirthshause

26
anweisen, wo er sich ein paar Tage ausruhen, und wollen Sie sich ein paar

27
Abende seine Ebentheuer vorschreyen lassen: so thun Sie mir damit einen

28
großen Gefallen, denn ich sehe diesen mir lieben
Onesimum
oder Nathanael,

29
wie ihn Lavater umgetauft, als den ersten Freund meines Joh. Michael und

30
den ersten Lehrmeister meiner
lieben
guten
Lisette Reinette
an, die ein

31
wenig spielen auf dem Clavier
u
ital. von ihm gelernt hat. Sagen Sie ihm, daß

32
Reichardt
in Engl. ist und ich keine Empfehlungen nach Berl. für ihn habe.

33
Nicolai
kann er von selbst besuchen mit einem Gruß von mir und seinem Vetter

34
Jacobi, den ich diesen Mittag bitten werde deshalb an ihn zu schreiben.

35
Mendelssohn kann er auch von mir als einen alten unveränderl. Freund
begrüßen
.
,

36
E
er
hat ihn in meinem Hause wo ich nicht
irre
schon kennen gelernt. Zu

37
D.
Biester kann er auch gehen; vielleicht schreibt Kraus deshalb an ihn

S. 40
ausdrücklich. Allenfalls geben Sieihm Einl. an
D.
Lindner nach Jena mit,

2
der auch einen Brief ähnl. Innhalts mit dem Ihrigen aus
Paris
erhalten.

3
Währt seine Ankunft länger; so wünschte wenn Sie einem Freunde und Bekannten

4
in Jena die Einlage anvertrauen könnten, weil seit dem April keine Nachricht

5
von
D.
Lindner eingegangen und er damals seinen Abzug von Halle nach

6
Jena meldete mit einer Reise nach Engl.
in petto,
die vielleicht währender

7
Zeit zeitig geworden. Erfahren Sie daß
D. L.
in Jena ist, so thäte mir

8
der Wanderer einen Gefallen diesen Weg oder Umweg zu nehmen. Warnen Sie ihn

9
aber sich nicht mit
versiegelten Briefen
zu befaßen, und sich dadurch

10
Verlust
und Verdruß zuzuziehen. Die beyde Briefe aus
Paris
kann er

11
sichereröfnet
mir mitnehmen.

12
An
Nicolai
wird HE.
Jacobi
schreiben, wo er auf ein Dutzend # und

13
mehr immer
disponi
ren kann. Im Fall er schon in Weimar Vorschuß

14
brauchen sollte, so kann er Ihnen, liebster Gevatter und Freund, aus Berlin

15
wider erstatten, oder melden Sie mir davon, wenn es nöthig ist und Sie eine

16
Anweisung zur Widerbezahlung hinzufügen wollen, etwa durch Hartknoch,

17
oder ich werde selbst hier einen geschwindern Weg ausmitteln.

18
Etwa vor 14 Tagen erhielt einen sehr jammernden Brief von Ihrer Frau

19
Schwester, die außer allerhand Unglücksfällen an Ihrem Vieh und dem

20
beschwerlichen und kostbaren Bau sich besonders beklagt, gantz von Ihnen

21
vergessen und verlassen zu seyn. Ich habe ihr gleich den Tag drauf geantwortet,

22
sie so gut ich konnte zu trösten und die Unschuld Ihres bisherigen

23
Stillschweigens zu rechtfertigen. Unser neue würdige
Diaconus
Kraft
bey der

24
Altstädtschen Kirche hat mir versprochen sich genauer nach ihren Umständen zu

25
erkundigen; weil ich einige
Suggestion
en
ihres
alten Erbfeindes

26
vermuthe; denn im Grunde weiß ich gar nicht, was sie eigentl. haben will. Sind

27
Sie
I
ihr
eine Antwort schuldig, oder können Sie mir nähere
Data

28
anvertrauen – Wo nicht, werd ich Ihnen,
wenn es der Mühe lohnt
, was

29
ich erfahre, mittheilen. Unterdeßen kann auch Tr. gantz unschuldig seyn.

30
An dem Gerüchte aus Mitau ist wol nichts. Man ist gegen das, was man

31
wünscht, leichtgläubig. Ich kann weder denken, noch schreiben, noch reden –

32
alles ist ein
Tohuvabohu
in und um mir. Gott sieht den Grund, den tiefsten

33
Grund des Herzens – und die Sympathie unserer Seelen überhebt mich alles

34
eckeln und matten
details.
Der
Buchstabe
tödtet und ist selbst tod. Meine

35
Hofnung
s
uns
zu
sehen
stehet feste, und seit dem heil. Abend unsers

36
Geburtsmonats fester als jemals. Wie? und wenn? weiß der allein lebende und für

37
alles sorgende Gott.

S. 41
Ihr
Consilium
fidele
und vertrauliches Gutachten über
unse
meinen

2
Hill bitte mir aus. Erfreuen Sie mich bald mit einem Briefe und guten

3
Nachrichten von der Beßerung und Gesundheit der verehrungswürdigen

4
Theano. Gott seegne und erhalte Sie und die Ihrigen.

5
Wißen Sie nicht den ehrl. Schweitzer
welcher die
phi
losophischen

6
Vorlesungen über das so genannte Neue Testament

7
geschrieben
?

8
Mein Sohn ist heute vor 8 Tagen mit de
s Deutsch
Familie nach

9
Graventihn gereist und wird diesen
Freytag
zu Hause erwartet. Grüßen und küßen

10
Sie
Pathen
August, den wackern Griechen und sämtl. Geschwister. Gott sey

11
mit Ihnen und uns allen, geb mir bald Anlaß Ihnen beßer zu schreiben, als ich

12
gegenwärtig zu thun im stande
bin

13
Sey stille, meine Seele, biß Du erfährest wo es hinaus will, denn der

14
Mann
wird nicht ruhen, er bringts denn heute oder heuer zum Ende.

15
Ruth
Naemi vom weidlichen Boaz.

16
Ich bin und ersterbe   Ihr   alter Freund Gevatter
und Landsmann.

17
Johann Georg Hamann.


18
Den 2ten Theil der Ideen erwarte zu meiner Erquickung. Leben Sie wohl,

19
recht wohl.


20
Adresse:

21
Des / HErrn General-Superintendenten Herder / Hochwürden / zu

22
Weimar
. /
frey Halle
.

Provenienz

Krakau, Jagiellonenbibliothek, Slg. Autographa der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin (ehemalige Berliner Signatur: Acc. ms. 10787, Nr. 5).

Bisherige Drucke

Heinrich Düntzer, Ungedruckte Briefe zwischen Hamann und Herder. In: Bremer Sonntagsblatt. Siebenter Jahrgang, No. 43: 23. October 1859, 337 f.

ZH VI 38–41, Nr. 862.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
38/31
den 1 Aug. 85.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
d. 1. Aug. 85!
38/33
daß
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
da
39/3
Vol.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Vol
39/5
dies
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
das
39/6
Ad. Smith
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Ad. Smith
39/6
an; das,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
an, das
39/9
Paris
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Paris
39/9
von
aus
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
aus
39/11
dort
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
dort
39/12
Christian Hill
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Christian Hill
39/18
Schwager […] do]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Schwager 1 d
o
= 20 d
o
39/19
niedergelegtes
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
widergelegtes
39/22
Jul.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Jul.
39/30
lieben
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
lieben,
39/31
u
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
u.
39/32
Reichardt
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Reichardt
39/33
Nicolai
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Nicolai
39/35
–36
begrüßen
.
,
E
er
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
begrüßen, er
39/36
irre
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
irre,
40/2
Paris
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Paris
40/7
D. L.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
D.L.
40/10
Paris
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Paris
40/10
Verlust
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Verlust
40/11
sichereröfnet
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
eröffnet
40/12
Nicolai
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Nicolai
40/12
Jacobi
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Jacobi
40/25
Suggestion
en
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Suggestionen
40/27
I
ihr
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
ihr
40/35
s
uns
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
uns
40/35
sehen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
sehen,
41/1
Consilium
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
consilium
41/5
welcher die
phi
]
Textverlust: Ein Teil des Blattes wurde oben abgerissen.
41/8
s Deutsch
]
Textverlust: Ein Teil des Blattes wurde oben abgerissen.
41/9
Freytag
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Freitag
41/10
Pathen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Nathan
41/12
bin
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
bin.
41/16
und Landsmann.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
und Landsmann