867
50/9
den 10
Aug.
85.
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Herzlich geliebtester Freund
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Den 3 d. ist Ihr Päckchen angekommen, welches ich aber nicht eher als bey
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Zurückkunft meines Sohns aus Graventihn den 6 eröffnet. Wie unsere
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Freude gemeinschaftlich war; so unser Dank. Noch aber habe keine Zeit
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gehabt das geringste anzusehen, was zu binden war, unter deßen zum
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Buchbinder besorgt. Von der Ruß. Bibl. kommen wol die 5 Stücke des
IX.
B. an
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den
Etats
rath Scriver. Ist es erlaubt den Verf. des
Antiphädon
zu
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wißen? Er ist doch
aus
Ihr Verlag. Viel Nachfrage nach diesem Buch
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hier gewesen, aber sehr wenig Exempl. wie es der Fall bey mehreren seyn
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soll. Von Gadebusch habe nicht den
I.
Band erhalten – und mein Johann
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Michel wünscht sich, da er die Zusätze zu Fischers Naturgeschichte erhalten,
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auch Ihr gütiges Versprechen des Werks selbst, wenn es in Ihrem Verlage
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ausgekommen, bey Gelegenheit erfüllt zu sehen. Von Mümler ist wohl
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vermuthlich noch kein
dritter
Theil herausgekommen, denn die beyden ersten
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haben wir Ihrer Güte zu verdanken. Ich habe
hier
jetzt unverhoft
Blair’s
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Lectures on Rhetoric and Belles Lettres
in 2 starken
schöngedruckten
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Qvartbänden mit des Verf. Bilde geziert
Lond.
83 aufgetrieben, und den
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ersten Theil der Uebersetzung meines alten Nebenbulers mit dem Original
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verglichen, das im allen 47 Vorlesungen enthält, wovon nur 13 geliefert,
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denn durch eine unbefugte Theilung der dritten, zählt der Uebersetzer 14 für
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seinen ersten Theil. Bey allem öffentl. Lobe ist der Mann ein naseweiser
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puristischer Sudler, der sehr willkührlich zu Werk geht; ohngeachtet sich seine
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Arbeit ohne Vergleichung ganz gut lesen läßt, und dem
Sinn
auch nicht
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eben Abbruch thut. Seine paraphrastische Flickredensarten und gantz
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überflüßige Verbindungsformeln, die er einträgt, sind gantz unausstehlich, und
S. 51
verdunkeln alle Präcision und die gröste Schönheiten seines Schriftstellers.
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– Wie gehts, liebster Freund, mit Ihrer Gesundheit? Die Witterung dieses
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Sommers ist eben nicht günstig. Sehen Sie den Besuch unserer Freundin,
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als einen Beruf an, sich auch zur Erholung der seltenen schönen Tage zu
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bedienen, und zur Ruhe von der Arbeit anzuwenden. Ich wünsche, daß alles
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bey Ihnen wohl seyn möge – wie Gottlob! in meinem Hause. Man sagt hier
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unsern lieben Claudius tod; ich hoffe, daß ihm dies ein langes Leben bedeuten
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wird. Ein solcher Vorfall würde den Aufschub meiner Reise unersetzlich
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machen. Man hat hier eine eben so lügenhafte Nachricht von dem berühmten
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Rector
Scheller ausgestreut, der bald vor Gram über ein Hauskreutz
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gestorben, bald seine Vernunft verloren haben soll. Die Varianten machen
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schon diese Anekdote verdächtig. Erhalten Sie Nachricht von der guten
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Toblerin; so bitte mir auch, allenfalls durch
Me Courtan
die Zeit ihrer
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Ankunft und den Ort ihrer Bestimmung zu melden, wie auch
meine
Ihre
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Antwort auf meine obige neugierige Frage Ihres anonymen Verlags, so
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weit sie können u wollen. Mein Sohn und sämtl. Gesinde empfehlen sich
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mit mir Ihrem gütigen Andenken und den lieben Ihrigen. Was macht der
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Neumann aus Morungen? Auf den zweyten Theil der Ideen warte mit
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jedem Posttage. Der Wanderer Hill ist unterwegs. Wenn Sie an unsern
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Landsmann Arndt schreiben, so denken Sie auch meiner im besten. Gott seegne
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Sie und erhöre alle unsere Wünsche!
Ihr alter beschämter Ex-autor,
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Landsmann und Freund J G H.
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Adresse mit Mundlackrest:
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An HErrn Hartknoch, / Buchhändler / zu /
Riga
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Vermerk von Hartknoch:
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HE Hamann in Königsberg
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Empf den 13.
Aug
1785
Provenienz
Druck ZH nach der überlieferten handschriftlichen Abschrift Arthur Wardas. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VII 277.
ZH VI 50 f., Nr. 867.
Zusätze fremder Hand
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51/26 –27
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Johann Friedrich Hartknoch |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
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50/25 |
schöngedruckten ]
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Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: schöngedrukten |