874
72/7
Kgsb. den 28
Sept
85.

8
Innigst geliebtester Freund und Jonathan,

9
Alles erhalten mit der grösten Freude und – Verdruß Ihnen keine

10
Gegenfreude machen, und kaum einen kahlen todten Dank dafür leisten zu können.

11
Den 17
Aug.
bekam Ihren lieben Brief vom 29
Jul
– 5
Aug.
in dem die

12
Nachrichten von B. mich beruhigten und erqvickten, alle die kleinen

13
Anekdoten von seiner Liebe und Ehe, besonders daß sich
Jedermann über

14
die Heirath gefreut
. Ohngeachtet
Jedermanns Freude
nichts

15
zur Hauptsache thut in einem solchen Fall: so ist es doch in meinen Augen

16
ein wahres Glück und wichtiger Nebenumstand von großen Einfluß. Also

17
sind wir in Ansehung der lieben Cardinaltugend Brüder von gleichen

18
Kappen. Die
Zeit
zu sammlen und zu zerstreuen gehört auch zu Gottes

19
Geheimnißen – und vielleicht zu eines jeden Beruff. Das schlimmste ist nur,

20
daß mit
Verschwendung
immer
Geitz
unvermeidlich ist, und man
es
also

21
mit 2 Feinden zu kämpfen – Wir wollen uns also, statt der
Weisheit
,

22
wenigstens auf
Klugheit
einschränken, und zur ersten wenigstens die unsrigen

23
anführen, und sie ihnen auch vermachen. Vielleicht muß Weisheit geerbt und

24
Klugheit erworben werden. Wenn meine Kinder nur wachsen und zunehmen:

25
so will ich alter Mann gern abnehmen – und jene Freude giebt mir Gott im

26
vollen Maaße.

27
Ueber meines Wohlthäters Stillschweigen darf und kann ich mich nicht

28
wundern. Die Vermuthung meiner wirkl. Abreise hat ihm sowol

29
vergebliche – und fast möcht ich sagen zärtliche Unruhe gemacht, daß ich ihm

30
beynahe verwiesen sich um mich zu bekümmern, und nicht ehe an mich zu

31
denken als bey seiner Heimkunft. Ich sehe dies würklich als einen sehr unbilligen

32
und ungerechten Eingriff an in die Aufmerksamkeit, die Er Seiner lieben

33
Marianne
– und einem so merkwürdigen, vielleicht noch gefährlichern

S. 73
Ort als
Paris
in meinen Augen ist, und seinen dortigen Geschäften oder

2
Angelegenheiten gantz und gar wiedmen soll. Ist er wider zu Hause und in

3
Ruhe: so ist es Zeit gnug für unsere Wünsche zu sorgen. Sagen Sie mir

4
unpartheyisch, liebster Jacobi, ob ich hierin Unrecht gethan, wenn auch die

5
Form unartig gewesen seyn sollte? Meine Lage ist und bleibt einförmig,

6
giebt mir also nicht die geringste Materie zu schreiben. Die geringste

7
Veränderung, die kleinste Ausnahme würde auch mein GedankenSystem und

8
meinen Plan ändern.

9
Dii Deaeque me perdant
– möcht ich auch zur Noth sagen, wenn ich das

10
geringste von dem weiß was ich in meiner letzten herzlichen Epistel zu Ihrer

11
Freude geschrieben habe. Von Grund des Herzens schreib ich immer, besonders

12
an Sie – oder lieber gar nicht. An Hofnung uns einander zu sehen, fehlt

13
es auch nicht. An Lust und Liebe noch weniger – Aber leider an der Kraft,

14
Berge zu versetzen – oder alte Eichen auszuwurzeln und in ein ander Element

15
zu verpflanzen, trotz allem Geschmack an dem was nicht Jedermanns Ding

16
ist.

17
Ich bin noch immer beym ersten Briefe, den ich gleich in der ersten Hitze

18
beantworten wollte – So bald ich aber nach der Feder griff, erstarrte alles

19
in mir. Den 22 d. fieng meine Antwort an Lavater an, und muste auf der

20
halben Seite aufhören, wie ein stätiges Pferd, das nicht von der Stelle will.

21
Den 23 kam
HE
Scheller, meines Sohnes gewesener Hofmeister der eine

22
sehr
erwünsch
t
e
Adiunctur
einer Landpfarre erhalten und zum Examen der

23
Facultät erscheinen muste, und kehrte auf 2 Tage und 1 Nacht bey mir ein.

24
Gegen Mittag ein Päckl. Bücher aus Engl. das mir auf einige Augenblicke

25
Verdruß und Kummer machte,
der aber durch die Erscheinung Ihres lieben

26
Päckleins Nachmittags völlig ausgelöscht
wurde. Ich verschlang
den Inhalt

27
und lief voller Freuden mit dem Zwillings Exemplar und Einem Kupfer zu

28
Hippel um selbige bis zu Erhaltung eines Briefes zu
deponir
en. Dieser

29
Brief kam auch den 24 d. in aller
Frühe an. Ich war zu Mittag mit

30
Scheller und meinem Sohn zu Hippel eingeladen und konnte nunmehr das

31
eventuelle Depot
zu einem von Ihnen selbst ihm zugedachten Geschenk

32
bestätigen. Er ist ein außerordentlicher Liebhaber von Gemälden und

33
Kupfern, hat seit wenigen Jahren eine ziemliche Sammlung von gelehrten

34
Köpfen angefangen, auf deren Fortsetzung er sehr erpicht ist – besitzt

35
ein seltenes Original von
Rousseau,
das dieser dem
Lord Marshall
verehrt,

36
der es bey seinem frühen Tode ihm selbst ausliefern sollte unter gewißen

37
Bedingungen, die den Erben gemeldt worden, welche darauf nicht geantwortet

S. 74
und es dem
Executor Testamenti
überlassen haben – Sie können leicht denken,

2
wie vergnügt er ein so schönes Denkmal Ihrer Freundschaft aufgenommen.

3
Er wust aber gar nicht, wie er dazu kam, welches mir schon bey dem ersten

4
Gruß, den Sie mir auftrug
en
, ein wenig auffiel. Ich frug ihn daher, ob

5
er nicht in einiger Verbindung mit Ihnen gestanden hätte, etwa des Ordens

6
wegen? Da er mir dies rund leugnete: so machte ich mir ein wenig Muthwillen,

7
ihn einer
politischen
Verschwiegenheit, in der er sehr stark ist und seines

8
Postens
wegen, auch wol
seyn muß
, zu überführen. Er betheuerte mir

9
aber mit dem grösten Ernst und auf das feyerlichste, keinen Brief an Sie

10
geschrieben noch in seinem Leben von Ihnen erhalten zu haben. Ich weiß

11
freylich, daß er an dem Buch über die
Ehe
und an den
Lebensläufen

12
wenigstens großen Antheil haben muß, und begreife nicht, wo er die Zeit dazu

13
bey seiner ehmaligen
Praxi
herbekommen, noch wie zwey an einem Werke so

14
geheimnisvoll haben arbeiten können. Kriegsrath
Scheffner
, der auf einem

15
kleinen cöllmischen Gute
Sprintlacken
in der nächsten Nachbarschaft seiner

16
Schwester,
privati
sirt und Machiavell nebst
Guicciardini
übersetzt hat, ist

17
sein vertrautester Freund immer gewesen und noch, hat also an beyden

18
Schriften eben so viel wo nicht den grösten Antheil. Beyde leben so vertraut,

19
und beschänden sich einander so laut, bald ins Gesicht, bald hinter dem

20
Rücken, daß ich aus nichts klug werden kann und von Ihrer Autor

21
Mascopey auch keinen Begriff habe – so wenig ich mir obiges

22
Misverständniß wegen Ihres Briefwechsels
mit H. recht erklären kann.

23
Sollten Sie sich irren, oder H. bey seinem außerordentl. Gedächtniße alles in so

24
kurzer Zeit vergeßen haben – oder ich weiß nicht warum? leugnen.

25
Zum dritten Exemplar waren 4
Candidaten.
Dem Kayserlingschen Hause

26
habe ich mit Ihren vermischten Schriften einen Gefallen gethan; also auch

27
mit dieser – Kant liest alles, sammelt aber gar keine Bücher. Vorgestern war

28
er im
Senat,
ich fand ihn also nicht zu Hause. Ich gieng gestern zu ihm, und

29
legte ihm den
Casum
offenherzig vor. Er freute sich sehr über die Aufschrift,

30
war sehr neugierig selbige zu lesen, und eben so willig sie morgen im

31
Kayserlingschen Hause einzureichen, weil er gewöhnlich Donnerstags daselbst speist.

32
Ich hoffe, daß Sie also auch mit dieser unserer Verfügung zufrieden seyn

33
werden. Hippel schlug mir auch Kayserl. oder Scheffner vor, der eine sehr

34
artige und starke Bibliothek besitzt. Mein vierter Competent war ein
Accise

35
Einnehmer Brahl, der die Hartungsche Zeitungen schreibt, und durch deßen

36
Canal
ich manche Neuigkeit erhalte. Er hat
Imberts Reveries

S. 75
Philosophiques
neul. übersetzt und arbeitet jetzt an
Mirabeaus
schönem Buch über den

2
Cincinnatus-
Orden, wozu ich ihn aufgemuntert, auch im Nothfall meine

3
und unsers
Morczinimastix
Pr. Kraus Unterstützung versprochen.

4
Ich habe Ihre Schrift schon zweymal durchgelesen, das 2temal mit

5
Auslaßung des Briefes an
Hemsterhuis
, zu deßen Verstand ich den
Aristée

6
zu Hülfe nehmen muß. Mit Ihrem Entschluß dem Mendelssohn

7
zuvorzukommen und mit der Art den
Statum causae
darzustellen, bin ich vollkommen

8
zufrieden. Die Aufnahme mag gerathen, wie sie will: so ist Ihre Absicht und

9
Ihr Gang in dieser Sache aufrichtig und intereßant. An Tichten und Trachten

10
hat es über Ihr Problem seit Mittheilung deßelben nicht gefehlt – ich habe

11
auch ein paar Wochen während meines Stillschweigens versucht, und mehr

12
als Einmal versucht zu schreiben. Aber Wind und Wetter haben auch

13
vermuthlich, wie auf die diesjährige Erndte,
in meine kleine Welt gewürkt. Ich

14
bleibe also vor der Hand beym
Buchstaben
, und vermuthe S. 14 Z. 13,

15
14 einen Druckfehler, neml. daß
durch
jedes Entstehen wie S. 48 Z. 9
für

16
anstatt
vor
. Ist es
erlaubt
die Sternchen S. 174 zu wißen. Soll die

17
Nachricht S. 173 von mir seyn: so habe ich den ganzen Sommer an keine Seele in

18
Berl. geschrieben, noch von da eine Zeile erhalten, aber die zuverläßigsten

19
Nachrichten aus der dritten Hand, daß bereits ein
Theil würklich

20
abgedruckt wäre. Ich habe mir selbige aber als die Theile des Jerusalems

21
vorgestellt und nicht, daß es mit dem zweyten Theil noch lange Zeit haben würde

22
nach S. 167. Von
Nicolai
habe einen
Aviso
brief erhalten bey dem Empfang

23
der letzten Theile, und eben so merkantilisch geantwortet – sonst bin ich allen

24
Berlinern abgestorben, bis auf Reichardts Zurückkunft.

25
Ehe ich Ihnen mehr über Ihre Schrift schreibe, liebster Jacobi, laßen Sie

26
dem Weitzenkornchen
Zeit
zu verwesen oder zu keimen, damit es Frucht

27
bringe. Ihr Problem soll der Brennpunct meiner Metakritik über den

28
Purismum der Sprache und Vernunft seyn – denn ich meyne den Schlüßel zu allen

29
Dunkelheiten in Spinoza und unserm Kant gefunden zu haben, oder

30
wenigstens auf die rechte Spur gekommen zu sein. Was Pope von Schönheiten

31
sagt, gilt eben so gut von Wahrheiten. Zufall hilft mehr als die gröste

32
Sorgfalt.
For there’s a
happiness
as well as
care
.
Durch ein eben so blindes

33
Glück bekomm ich den 23 d. an eben dem Tage wie ich Ihre Schrift erhielt

34
3
Quartanten
nebst ein paar sehr entbehrl.
Brochuren
aus Engl. – – Wie

35
ich auf diesen Einfall gekommen war,
wußte
ich selbst nicht mehr. Der

36
Kaufmann, ein guter Freund, hatte sich selbst nicht die Rechnung so übertrieben

37
vorgestellt, und ich hatte oben ein das
Gelübde
auf meinem Herzen, kein

S. 76
Buch mehr für mich, sondern höchstens für meine Kinder zu kaufen. Sie

2
können allso leicht denken, daß meine Cardinaltugend über die gegen sie

3
begangene Untreue ein wenig aufgebracht war. Unterdeßen belief sich der

4
Bettel nicht mehr als einen
einzigen
Monath meines Gehaltes – und dies

5
schien mir für eine gute
Lection
nicht zu viel. Ich hatte den
I.
Theil von

6
Monboddo’s
Werk über die Sprache eben nicht mit vielem Beyfall gelesen,

7
und sehr lächerliche
Recensionen
von seiner
Ancient Metaphysics

8
und dies war eben der Apfel meiner Lüsternheit. Zu meinem noch größeren

9
Leidwesen seh ich, daß der
I
Theil 79 der
II.
82. der
III.
84 erschienen

10
und wenigstens noch einmal so viel Theile zu erwarten sind.

11
Vorigen Sonntag fieng ich an dies Buch zu lesen, weil es mir nicht mögl.

12
war an Sie zu schreiben, und je
länger
weiter ich im ersten Theil komme,

13
je mehr freue ich mich, und bilde mir fast ein an diesem Werk ein
Organon

14
und Instrument zu meiner Metakritik – der lieben Cardinaltugend zum Pos-

15
sen! – gefunden zu haben. Der dritte Band handelt von der vegetabilischen

16
und animalischen Natur des Menschen – folglich der 4te von seiner

17
intellectuellen; und der letzte wahrscheinlich von Gott und der Natur. Ich will mit

18
Freuden 3
Guinées
fertig halten, um das Ende einer solchen Metaphysik, wie

19
diese ist, zu erleben; wenn ich mich nicht wider in meiner Rechnung betrüge.

20
Mein lieber Gevatter Landsmann und Freund in
W.
hat dem Buchdrucker

21
in Erfurt aufgetragen mir den zweiten Band seiner Ideen zu übermachen.

22
Ich warte und schmachte mit jedem Posttag darnach und erhalte auch keine

23
Nachricht von Hill, der da zum Geschenk ansprechen sollte. Mit dem Ende

24
des Julius ist er von Wien abgegangen. So viel weiß ich zuverläßig. Ich

25
danke Gott, daß diesen Sommer aus meiner Reise nichts geworden. Er helfe

26
auch unserm lieben B. und Seiner Marianne gesund und glücklich nach

27
Hause. Erhalten Sie Nachricht von Ihm; so haben Sie die Barmherzigkeit

28
mir daran Antheil nehmen zu laßen. Mein Johann Michael ist gestern in

29
sein 17 Jahr gegangen; er ist geb. den 27
Sept.
69. Ich blieb den Nachmittag

30
zu Hause um an Sie zu schreiben. Aber Sturm, Gewitter, Hagel, Schnee,

31
Regen, Ueberschwemmung, – Heute früh und gegen Abend Regenbogen und

32
lauter April. Ich will morgen noch
Quarantaine
halten und Ihren Brief

33
endigen, vielleicht auch Lavaters seinen. Auch mir ist Kälte und Näße

34
unerträglich. Gute Nacht, lieber
Jacobi-Jonathan!


35
den 2
Oct.
Erndtefest.

36
Ich war den ganzen Michaelistag ausdrückl. zu Hause
geblieben
um

37
Ihren Brief zu schließen. Die kalte unangenehme Witterung hat mich aber

S. 77
an Fingern und Gedanken gelähmt, daß ich nichts zu schreiben im stande war,

2
und eben so die folgende Tage. Den ganzen Tag mich wie ein Kräusel unter

3
Regen und Schlag umtreiben
müßen
, bey Ihrem Namensvetter Mittag

4
gehalten. Mit Nachrichten von Reichardt aus Paris vom 15
pr.
erfreuet

5
worden – er wird im
Oct.
bey unserm
Claudius
seyn u im
Novbr.
in Berl.

6
Gottlob! daß ich diesen Sommer zu Hause geblieben bin. Mein Barbierer

7
hat seine Mutter aus dem Reiche erwartet; sie ist aber unglücklich gewesen

8
unterwegs und hat wider umkehren müßen. Die Vorsehung hat wider unsern

9
Willen alle Umstände zu
unserm
Besten gelenkt, hat alles wohl gemacht

10
und wird es ferner thun. Haben Sie Nachrichten aus Paris so
erfreuen

11
Sie mich damit
, und
rechtfertigen, wenn es
nöthig seyn sollte,

12
mein Stillschweigen
. Ich denke alle Tage an Ihn u seine liebe

13
Marianne – und unsere gemeinschaftl. Wünsche.

14
Ihre Schrift werde mir Zeit nehmen zu studieren. Sie haben meines

15
Erachtens am besten gethan an jenen Einwurf gar nicht gedacht zu haben; ich

16
zweifele aber kaum, daß man dort nicht die Moralität dergl.
posthuma

17
bekannt zu machen rügen wird, ungeachtet die Antwort in der Erzählung selbst

18
liegt.


19
den 3
8
br

20
Gestern wurde es auf einmal so dunkel, daß ich weder sehen noch

21
fortfahren konnte. Sturm und Regengüße. Das Wetterglas steigt und das Neue

22
Licht, das heut eingetreten, machte einige Hofnung. Diesen Augenblick hagelt

23
es. Ich bin diesen Morgen in lauter kleinen Geschäften die halbe Stadt

24
durchgestrichen. Ist die Witterung bey Ihnen der unsrigen ähnlich? Die

25
theure Zeit fängt sich schon bey uns an. Der große Seegen ist meist im Felde

26
geblieben und verfault daselbst. Durch die abscheuliche Wege fast alle Zufuhr

27
abgeschnitten. Aus Weimar und von Hill kein Wort.

28
So bald ich wider zu meinen Sinnen komme, und was zu schreiben habe,

29
werde ich nicht saumseelig seyn. Kant ist mit Ihrem Vortrag und dem Inhalt

30
der ganzen Aufgabe sehr zufrieden. Aus dem System des Spinoza hat er

31
niemals einen Sinn ziehen können – und mit
Kraus
ein langes und breites

32
drüber gesprochen, der aber Ihre Schrift noch nicht gelesen. Herzl. Dank,

33
Gruß und Kuß von Hippel. Er liest sehr langsam, und war noch nicht fertig,

34
wie ich ihn das letzte mal besuchte. Sind Sie wirklich überzeugt einen Brief

35
von ihm erhalten zu haben: so ist mir seine Vergeßenheit oder Unwißenheit

36
ein Rätzel, an deßen Aufschluß mir viel gelegen wäre.

37
Mein
Monboddo
ist ein wahrer Misthaufen, auf dem ich kaum eine Perle

S. 78
herausscharren werde. Scheffner hat mir vorgestern das ganze deutsche

2
Museum zugeschickt, um Ihre Beyträge aufsuchen zu können.
Da liegt

3
Michaelis Dogmatik –
L’ In
an der Kant so viel Geschmack gefunden

4
L’Inconnue, histoire
veritable
– Was für ein Nahrungssaft aus solcher

5
Diät entstehen kann, läßt sich erachten. Nichts schmeckt, nichts will

6
herunter – und ich komme nicht vom Fleck.

7
Gott laße Ihnen viel Freude an Ihren lieben Kindern erleben! Mein

8
Sohn empfiehlt sich seinen künftigen Freunden.
Erfahren Sie etwas

9
aus
Paris und was
zur Geschichte Ihrer Schrift gehört
: so

10
entziehen Sie es mir nicht.
Wenn ich je noch Etwas zu schreiben im stande seyn

11
sollte: so wird es in Rücksicht seyn
. Bisweilen verzage und verzweifele an

12
mir selbst.

13
Damit ich die Post nicht versäume, muß ich nur schließen. Eben höre, daß

14
ein Graf Stollberg hier nach Rußl. durchgehen wird. Ich umarme Sie und

15
ersterbe.
der Ihrige
J G H.


16
Mit genauer Noth
eben ein paar
Zeilen an Lavater zu Ende gebracht. Gott

17
empfohlen! Ich kann nicht mehr, und es graut und eckelt mir – mein eigen

18
Geschmier anzusehen.


19
Vermerk von Jacobi:

20
Königsberg den 28
ten
Sept – 3.
ten
8
br
1785. / J. G. Hamann. / empf. den

21
13
ten
/ beantw. den 13 u
14
ten
.

Provenienz

Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.

Bisherige Drucke

Friedrich Heinrich Jacobi’s Werke. Hg. von Friedrich Roth. 6 Bde. Leipzig 1812–1825, IV 3: J. G. Hamanns Briefwechsel mit F. H. Jacobi, 78–83.

Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, V 105–112.

Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 4: 1785. Hg. von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2003, 187–193.

ZH VI 72–78, Nr. 874.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
72/7
Sept
85.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Sept.
85
73/21
HE
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
HE.
73/22
erwünsch
t
e
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
erwünschte
73/25
–29
der […] aller]
In der Handschrift von Jacobi unterstrichen.
73/26
wurde. […] verschlang]
Geändert nach der Handschrift; in ZH Absatz nach „wurde.“
75/4
–13
Ich […] Erndte,]
Die Passage ist in der Handschrift von Jacobi am Rand markiert.
75/16
erlaubt
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
erlaubt,
75/16
vor
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
vor
75/25
–32
Ehe […] care.]
Die Passage ist in der Handschrift von Jacobi am Rand markiert.
75/26
Zeit
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Zeit,
75/35
wußte
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
wußte
76/9
I
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
I.
76/34
Jacobi-Jonathan!
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Jacobi-Jonathan.
76/35
Oct.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Oct.
76/36
geblieben
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
geblieben,
77/5
Claudius
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Claudius
77/5
Oct.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Oct.
77/14
–18
Ihre […] selbst liegt.]
Die Passage ist in der Handschrift von Jacobi am Rand markiert.
77/19
8
br
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
8
br.
77/28
–36
So […] wäre.]
Die Passage ist in der Handschrift von Jacobi am Rand markiert.
78/2
–3
Da […] gefunden]
In der Handschrift von Jacobi unterstrichen.
78/3
L’ In
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
L’ In
78/4
veritable
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
véritable
78/10
–11
Wenn […] seyn]
In der Handschrift von Jacobi unterstrichen.
78/16
eben ein paar
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
ein paar
78/21
14
ten
.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
14
ten