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170/15
Kgsb den 5
Xbr.
des Abends 85.
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Zur Einlage an unsern lieben Arndt bitte die Aufschrift zu machen; weil
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ich auf seinen eigentl. Character nicht mich besinnen kann.
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Herzlich geliebtester Freund
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Ohne noch eine
Resolution
auf Pleßings Anfrage erhalten zu haben, von
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der meine Antwort abhängt, bin ich schon wieder mit einer neuen
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Commission
da, welche die alte Sache des Kastens betrifft, den HE Lentz in der
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Schweitz stehen gelaßen. Ein Freund erbietet sich an den Kosten Antheil zu
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nehmen, wenn der Vater selbige nicht zu übernehmen Lust hat. Man wünscht
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aber vorher eine zuverläßige Nachricht von seiner Lage zu haben, welche mir
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der Verehrungswürdige Ueberbringer dieses Briefes durch Sie und unsern
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Arndt mitzutheilen versprochen hat. So bald ich selbige durch Ihre Güte
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erhalten, werde an HE Gaupp der bereits Unterhändler gewesen schreiben
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u durch ihn den
Transport
bis nach Leipzig zu befördern suchen, wo Sie
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selbigen bey Ihrem Meßgut bis Riga besorgen können. Die Kosten von
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Leipzig könnte wol der Vater und die aus der Schweitz bis Leipzig der
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unbekannte Freund
übernehmen
.
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Sind Sie im stande für Beylage etwas in Liefl. und nach Petersb.
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auszurichten: so thun Sie damit einem ehrl. Mann einen Dienst, an deßen
S. 171
Schicksalen ich immer, ohne ihn zu kennen Antheil genommen habe. Er soll
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beynahe seines Gesichts beraubt seyn u Gottes Seegen an Kindern haben.
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Dies hat man mir wenigstens vor vielen Jahren erzählt.
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HE
Nicolovius,
der Freund meines Sohns, hat 2 jüngere Brüder die
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Zwillinge sind, deren einer den seltsamen Einfall hat Buchhändler zu werden.
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Es sind junge Leute von gantz besondern Schlage und außerordentlichen
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Kenntnißen. Die Wahl ist zwischen Ihnen und Nicolai. Ohngeachtet ihres
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ansehnlichen Vermögens, wird der älteste Theolog u der zweite Buchhändler,
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der dritte ich weiß selbst nicht was. Die Zwillinge haben einen natürlichen
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Sprachfehler, der vielmehr an der Stimme sich äußert. Möchten Sie sich
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entschließen in Rücksicht Ihres lieben Sohns
einen so seltnen
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Jüngling
in Ihr Haus zu nehmen?
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Daß
Me Courtan
den 26
pr.
gesund glücklich und zufrieden angekommen
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wird Sie Ihnen bereits selbst gemeldt haben. Ich habe Sie den Sonntag
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drauf eine halbe Stunde gesehen, versprach vorgestern den halben Tag bey
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ihr zuzubringen, muste mich aber Vormittags entschuldigen – und denke erst
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in dieser Woche einen rechten Willkommbesuch bey Ihr abzulegen.
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Die angenehmste Nachricht, welche sie mir mitgebracht ist die Hofnung
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den HE
Staatschirurgus Parisius
hier zu sehen; worauf ich mich
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wie ein Kind freue. Dem HE Oberstwachtmeister wird auch die
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Bekanntschaft eines so rechtschaffenen Mannes nicht gleichgiltig seyn –
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und des
Pfennigers
philosophische Vorlesungen
über das N.T. eine gute
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Reisegesellschaft, die er aus Ihrem Laden mitnehmen kann. Ueber die
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Bedingungen der jährlichen
Pension,
welche 400 fl. beträgt, glaube ich schon
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das Nöthige geschrieben zu haben. Bitte mir auch so bald wie mögl. auf
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meine Puncte zu antworten.
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Gott erhalte Sie und Ihr ganzes Haus gesund, und gebe uns ein vergnügtes
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Widersehen. Die Recension des Golgotha ist nicht der Rede werth. Der
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Recensent geht wie eine Katze um den heißen Brey herum. Ich bin aber
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beynahe entschloßen diese politische Behutsamkeit zu vereiteln, Mantel und
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Kragen aufs Spiel zu setzen. Der Prediger in der Wüsten steht zum Glück
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zwischen
Zöllner
und dem
Atheisten
Schultz der die abscheul.
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philosophische Betrachtungen
und die Sittenlehre für Jedermann
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geschrieben.
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Fröhliche Weynachten und Gottes reichen Seegen zum Neujahr. HE
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Scheller meines Sohns gewesener Hofmeister in Graventihn ist
Pastor
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adjunctus
geworden, vorige Woche
examini
rt u
ordinirt
worden. Er komt
S. 172
nach
Petersdorf
wo der
Gottsched
lächerl. Andenkens seine alte Frau
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diese Woche begraben laßen und ihr wahrscheinl. bald nachfolgen wird.
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Mein gegenwärtiger Gast, sein
adiunctus
und Schwiegersohn, wird mit
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dem Ende dieser Woche abreisen.
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Ich umarme Sie unter den herzlichsten Begrüßungen meines Joh. Michel
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u Geschwisters, ersterbe Ihr alter Freund
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Johann Georg Hamann.
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Bitte nochmals um Antwort, von der meine abhängt.
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Adresse mit Mundlackrest:
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An / HErrn
Hartknoch
. / zu /
Riga
.
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Vermerk von Hartknoch:
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H Hamann in Königsberg
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Empf 5
Dec
785
14
beantw.
d.
7
Jan
1786
Provenienz
Druck ZH nach der überlieferten handschriftlichen Abschrift Arthur Wardas. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.
Bisherige Drucke
Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, III 153 f.
ZH VI 170–172, Nr. 902.
Zusätze fremder Hand
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172/12 –14
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Johann Friedrich Hartknoch |