903
172/16
Kgsberg in Preußen den 6
Xbr.
85.

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Herzlich geliebtester Landsmann, alter Freund und Gönner

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Wenn jeder thätliche Anlaß an Sie zu denken und mich Ihrer zu erinnern

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zu einem Briefe geworden wäre: so würde ich Ihre Augencur sehr gehindert

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haben. Ich hoffe, daß Sie von dieser bösen Krankheit so weit hergestellt sind,

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auch
meine
einmal
einige Zeilen von meiner Hand ohne einige Beschwerlichkeit lesen

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zu können. Der mir unendlich schätzbare Ueberbringer wird mündl. meinen

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Mangel ersetzen. Er kennt meine
besten
und
nächsten
Freunde – die ich

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noch vor meinem Ende von Angesicht zu Angesicht zu sehen wünsche, und nach

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diesem Ziel meines Glücks und Lebens ringe. Was Horatz von der

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Melpomene, kann ich von der Freundschaft sagen:
Quod spiro – TVVM est.
Aus

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einigen Beyträgen, welche HE
Lentz
Ihnen geliefert und die mir vorzüglich

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von seinen sonstigen Effervescenzien der Muse gefallen haben, vermuthe ich

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daß Sie vielleicht noch in einigen Verbindungen stehen, um mir eine

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zuverläßige Nachricht
von seiner gegenwärtigen Lage mittheilen zu

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können, da ich unter dieser Bedingung den Auftrag erhalten zur Beförderung

S. 173
eines von ihm in der Schweitz zurückgelaßenen Kastens beyzutragen und

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behülflich zu seyn. Der würdige HErr Oberstwachtmeister hat mir auch seinen

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Beystand versprochen sich nach seinen Umständen zu erkundigen, und

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Hartknoch unser gemeinschaftlicher Freund, wird gern in dieser Sache

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Unterhändler seyn.

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Mein Sohn
Johann Michel
ist auf der Akademie und ich bin mit der

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Wahl sich der Medicin zu wiedmen
zufrieden
. Meine älteste Tochter

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Lisette Reinette
hat das seltene Glück seit einem Jahre beynahe in

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Pension
bey unserer preuß.
Beaumont,
der Baroneße Bondeli, zu stehen,

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und macht mir Hoffnung ihre beyde jüngern Schwestern
Lene Käthe
und

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Sophie Marianne
erziehen zu lernen. Denken Sie gar nicht an einen

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Besuch Ihres Vaterlandes? Ich freue mich unsern lieben Staabs
Chirurgus

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Parisius
aufs Frühjahr zu sehen, auf einer Durchreise nach dem Bade.

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Der liebenswürdige
Graf zu Stollberg
, Friedrich Leopold, wollte Sie

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aufsuchen; wenigstens habe ich mir diese Gnade von ihm erbeten. Es verdriest

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mich noch immer, so oft ich dran denke, daß ich die mir angebotene

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Gelegenheit Ihren dortigen Leibartzt kennen zu lernen
nicht genützt
, deßen
Leben

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ich mit soviel Antheil gelesen, daß ich alle seine Werke
per fas et nefas

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einmal zu fischen
hoffe
trachte. Beym letzten Stück Ihres Journals

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versicherte mir Hartknoch, daß Sie genöthigt wären damit aufzuhören –

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Vielleicht muntern Sie Gesundheit und höhere Unterstützung bald auf,

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ein so
nützliches
Werk mit neuem Muth fortzusetzen. Unser jetzige

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Oberbürgermeister Hippel, bey dem ich alle Woche gewöhnlich speise und

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sich um die Armen überhaupt und studierende Jünglinge, worunter 2 seiner

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Blutsfreunde gleiches Namens und ihr Freund, mein Sohn gehören sehr verdient

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macht, denkt sehr oft an Sie in Wünschen und Erzählungen von
jenen

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Zeiten
– die uns immer beßer vorkommen als die gegenwärtigen.

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Ich empfehle Sie Göttlicher Gnade und Obhut zu bevorstehenden

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Christnachtsfreuden und Neuen Jahre, und ersterbe mit alter Treue und den

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unaussprechlichsten Empfindungen des Herzens Ihr ewig erkenntlicher und

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innigst ergebenster   Landsmann und Freund

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Johann Georg Hamann.


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Mein schwacher schwindlicher Kopf kann weder Namen noch Titel noch

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Zahlen mehr behalten, überlaße also die Aufschrift unserm Hartknoch.

Provenienz

Hamburg, Staatsarchiv.

Bisherige Drucke

ZH VI 172 f., Nr. 903.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
172/21
meine
einmal
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
einmal
172/27
Lentz
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Lentz