909
193/2
Düßeldorf den 23
ten
Xbr
1785


3
Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte):

4
Erh. den 4 Jänner

5
geantw
eod.
5. nebst einem Bilde von Sennewald 
N
o
21.


6
Mein Befinden, lieber Hamann, ist
noch
immer eben schlecht; ich gehe

7
herum wie ein Träumender,
und
kann den Gram darüber, daß ich so herum gehen

8
muß, nicht überwinden.

9
Heute erhielt ich einen Brief v Reichard. Mendelssohn hat zu ihm gesagt:

10
„sein (Mendelssohns) Vergehen gegen mich, liefe wohl hauptsächlich darauf

11
hinaus, was ihm schon eher seine Freunde vorgeworfen hätten, daß er

12
keinen rechten Begriff v Ehre u
point d’honneur
habe, u man hierin seine

13
Erziehung erkenne.
In meiner Schrift, so weit sie ihn beträfe
,

14
könne er keine andre Absicht erkennen,
als daß ich ihn bekehren

15
wolle
,
wie ich vielleicht auch Leßing hätte bekehren wollen
. Ein

16
Schreiben an mich hätte er schon aufgesetzt, welches nächstens öffentlich erscheinen

17
sollte, u womit er mich nicht zu beleidigen glaubte.“

18
Ich vermuthe, Mendelssohns Schreiben, wird im nächsten Stück der

19
Berl. M Schrift sehen. Machen Sie also daß Sie dieses Stück gleich

20
erhalten, u melden Sie mir dann, was ich thun u was ich
nicht
thun
soll

21
soll. Das Vornehmen des Rabbi scheint äußerst malizieus zu seyn. Er

22
will wahrscheinlich von der einen Seite mich lächerlich machen, um von der

23
andern Seite desto mehr Zweifel gegen die Treue meines Berichts erregen

24
zu
können.
Da erhalte ich eben das 197 Stück der Gött. Zeitung, mit

25
einer Rezension meines Sp. Büchlein, unter einem besondern
Couvert.
Auf

26
dem Petschaft steht ein
H,
u ist also wohl gar eine Politeße v Heyne. Ich

27
habe alle Ursache mit dieser Rezension zufrieden zu seyn. Die Verlegenheit

28
des Verfaßers, zwischen dem Atheismus u dem Mystizismus des
Büchleins,

29
reine durch zu kommen, hat mich ergötzt.

30
Leben Sie wohl, lieber HerzensFreund, u nehmen Sie vor lieb mit diesem

31
elenden Wisch. Ich selbst bin mit meiner Lehrheit weit übler dran als Sie –

32
Von ganzem Herzen

33
Ihr F Jacobi


34
Adresse:

35
An den Herrn / Johann Georg Hamann / zu / Koenigsberg / Frco Wesel.


S. 194
Vermerk von Hamann:

2
den
4 Jänner 86.

3
Geantw
eod.
5 – nebst einem Bilde von Senewald.

Provenienz

Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.

Bisherige Drucke

Friedrich Heinrich Jacobi’s Werke. Hg. von Friedrich Roth. 6 Bde. Leipzig 1812–1825, IV 3: J. G. Hamanns Briefwechsel mit F. H. Jacobi, 125 f.

Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, V 167–168.

Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 4: 1785. Hg. von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2003, 291 f.

ZH VI 193 f., Nr. 909.

Zusätze fremder Hand

193/4
–5
Johann Georg Hamann
194/2
–3
Johann Georg Hamann

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
193/5
N
o
21.
]
Hinzugefügt nach der Handschrift.
193/6
noch
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
doch
193/7
und
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
u
193/10
–17
„sein […] glaubte.“]
Die Auszeichnungs-Konvention für Anführungszeichen des 18. Jahrhunderts wurde modernisiert (wie ZH es auch sonst tut, aber hier unterlässt).
193/24
können.
]
In ZH mit Absatz dahinter.
193/28
Büchleins,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Büchleins
194/2
den
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
d
194/3
Geantw
eod.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Geantw.
eod