936
280/20
Kgsb. den 25 Febr.
85.
21
Nun, mein lieber Fritz Jacob Jonathan – Meine Papierscheere ist
22
entzwey, die ich
von
bey der Kriegs- und
Dom.
Cammer noch
C
als
23
Canzleyverwandter zum Weynachtsgeschenk erhalten, und ich schreibe also
24
auf einem unbeschnittnen Bogen – Eben wollte ich mich anziehen und Ihrem
25
Brief entgegen gehen, als er mir entgegen kam –
Ich
bleib
t
also zu Hause,
26
wie
am
dem heil. gestrigen Matthiastage zu Ehren – um Ihnen
27
antworten zu können.
28
Bald hätte ich Sie für keinen
Mann von Wort
gehalten, da ich diesen
29
Mittwoch laut Versprechen den gantzen Vormittag auf den verheißenen
30
Brief
wartetete
. Gottlob! daß es mit
Ihrer
Krankheit bergab geht, und melden
31
Sie mir bald das Berg an! Ihrer völligen Genesung. Ihre politische
32
Proceduren mit meinem Namensverwandten Georg gefällt mir nicht recht.
Qui
33
cito dat, bis dat –
auch Vergebung. Seyn Sie kein
Nachrichter,
sondern
S. 281
Vater
und barmherzig.
Die Sonne wirkt mehr auf den Mantel eines
2
Irrenden als der wütende Nordwind.
Aendern Sie Ihr ganzes Verfahren,
3
wenn Sie den jungen Menschen ändern wollen. Darin besteht mein punischer
4
Rath, den ich schon gegeben habe. Wenn aber die Philosophen nicht hören
5
wollen so sind sie harthörig.
Vide
Ihres Freunds Gleims
Gespräche
mit
6
einem
Philosophen
.
,
der auch leider! mein Landesvater
ist.
und vielleicht jetzt
7
schon in den Banden des Todes röchelt. – Mit meinem Jünger ist nichts
8
zu machen. Er ist bey dem
Besten
Willen der gröste Idiot und Starrkopf.
9
Freylich wär er beßer bey Ihnen als dem hiesigen Namensvetter besorgt, der
10
kaufmännisch denkt und seine Kinder nach Maas u Gewicht liebt – Aber
11
unser
Reise-mentor
soll auch für Sie kommen, und man muß den Patienten
12
sehen,
a posteriori
und nicht
a priori
die Sache anfangen, welches ein großer
13
Fehler der modernen Philosophen ist.
14
Ich besorge immer, daß Sie ohne das
Corpus delicti
gesehen zu
haben,
15
sich mit Ihrer Apologie und seiner Anatomie den Kopf zerbrechen. Da haben
16
Sie was zu thun. Die Selbsterkenntnis fängt vom Nächsten, dem Spiegel,
17
an und eben so die wahre Selbstliebe; die vom Spiegel zur Sache geht.
18
Es freut mich daß Ihr Freund
Tiro
ein
Vir emunctae naris
ist. Ich bin
19
freylich für einen alten Podagristen und Gichtbrüchigen ein wenig zu rasch;
20
aber demohngeachtet werden wir Freunde werden, so bald wir uns einander
21
sehen werden.
22
Wenn Sie den Kopf nicht mit eigenen Grillen voll hätten, würden Sie
23
mehr
und manches runder gesagt haben. Aber Sie haben meiner geschont,
24
wie ein Vater sein Kind. Und ich habe das Meiste von dem schon gethan,
25
was Sie erinnert haben.
26
Das Interregnum war die Rußische Epoche
1759
.
Nicht wahr? denn
27
meine Chronologie ist sehr wurmstichig. Mehr Gänsefüße kann ich nicht
28
füglich anbringen. Ich danke wegen des Worts
hägen
. Frischens
D
29
Wörterbuch liegt mir immer vor der Nase und es ist recht ärgerlich für mich,
30
daß ich nur noch die beyden ersten Theile des
Adelungs
besitze, die ich
31
allein brauchen kann, weil mir die übrigen fehlen und leider! ohne ein
32
Wörterbuch nichts zu schreiben im stande bin, selbst nicht bisweilen einen
33
Brief oder
Billet doux.
Verweise also auf Frisch wegen des guten Worts
34
h
e
ägen
, das ich eher für Ihren Landsmann gehalten habe. Was
35
Adelung darüber sagt, weiß ich nicht, weil der 2te Theil beym Buchbinder
36
liegt einen verlornen Bogen einzukleben, den ich erst kürzl. erhalten zur
37
Ergänzung meines
incomplet
gekauften Exemplars.
S. 282
Typus muß stehen bleiben und bereitet auf die von Ihnen selbst citirte
2
Stelle aus den Wolken, hat auch seinen
praegnanten
S
Verstand.
3
G
Keine überflüßige Gänsefüße. Die dreyfache Recension wird überhaupt zum
4
Grunde gelegt, und ich verwöhne faule Leser nicht –
5
Ich schreibe
Leibnütz
, wie er sich selbst buchstabirt hat, und meine
6
orthographische Gesetze sind dem bayerschen Edict ziemlich
conform.
7
Das ärgste, was ich ersehe, besteht darinn, daß Sie und Ihr lieber
Tiro
8
Schenk meine verwünschte gelehrte Faust, die ich selbst nicht immer lesen
9
kann, mit vieler Gefahr u Mühe entziffern.
10
Nun zur Sache! Beßer, wie dies
Trifolium,
kann ich
und bald möcht
11
ich sagen,
will ich es
nicht machen, und Gott danken, daß mir das Ende
12
wie
beykommender
Anfang zum Abdruck – gerathen möchte.
13
Mein Reise
mentor
Crispus
besuchte mich Mittwochs zur ersten
14
Vorlesung – und ich habe ihn durch Joh. Michel diesen Nachmittag zur zweyten
15
einladen laßen. Seine scheue Erinnerungen haben mir trotz meines
16
Widerspruchgeistes, trefl. Dienste zur Feile gethan. Geben Sie sich die gewiß nicht
17
undankbare Mühe und Muße, diese ausgewaschene Lumpen mit der ersten
18
faulen Wäsche zu vergleichen.
19
Meine erste Bitte, Anliegenheit und Auftrag besteht darinn, meinen
20
Alcibiades zur silbernen Hochzeit meiner Autorschaft und letzten Kindelbier der
21
Muse Sarai, einzuladen. So bald er sie für eine Sara erkennt: so zaudern
22
Sie nicht mit dem Abdruck unter Eides- und
confessionis auricularis
23
Pflicht. Ohne diese Bedingung komm ich weder bey Ihnen zu Gevatter, noch
24
bey Ihnen zur zweiten Hochzeit, wenn es Gottes Wille seyn sollte. Meinet
25
und Ihrentwegen ist mir an des jungen Ehmanns Gutachten und
26
Genehmigung schlechterdings zu thun.
27
Sie haben Kinder, und Er muß sie noch erwarten. Wenigstens müßen
28
die Kosten
sich
zwischen beyden auf die Hälfte gehen zu meiner silbernen
29
Hochzeit, und
Alcibiades
muß mir selbst sein
Legatur
und
Imprimatur
30
bescheinigen eigenhändig, auch wo mögl. mit Seiner Mariannen
31
Unterschrift. Einem Mann
w
der wie Sie einen Sekretair u einen Kopisten
32
hällt
, kann man nicht recht trauen – und ich habe eine Handschrift aus
33
Münster nöthig zur Stärkung in meinen Geburtswehen, die unaussprechlich sind –
34
Ich muß
allerdings einen
Probebogen haben, ehe zum Abdruck
35
geschritten wird, und bin seit 25
Jahren
schon gewohnt meine
Tirones
und
36
Ama
Amanuenses
so zu qvälen, wie Sie mich qvälen mit ihren
37
verwünschten Pfoten, gegen die meine eine Jungferhand ist.
S. 283
Vom Probebogen, der aus Düßeldorf oder Pempelfort
stante pede
2
expedi
rt wird, bleibt kein einziger Abdruck weder bey Ihnen noch nach
3
Münster, sondern höchstens ein
duplum
nach
Weimar
, alles
sub sigillo
4
extremae confessionis –
5
Mit diesem Probeabdruck wird nach erhaltenen
Vidi
et V
des
6
Alcibiades
über Hals und Kopf geeilt, und im Fall einer allgemeinen
7
Veränderung nach der Residentz des Preuß. Salomons geschickt, den diesmal nicht
8
ein welscher Lügenprophet, sondern alter Preußische Barde dazu ernennen
9
wird. Die
Formula solennis
folgt mit der nächsten Post und liegt dort bereit
10
nach näherer japanischer
Instruction ad imitationem
der Dohmischen auf
11
Vetter Nabals silberner Hochzeitfeyer. Denn ob ich gleich an meinem
12
fliegenden Briefe wie eine Schnecke oder Faulthier schreibe: so bin ich doch ein
13
rascher
Grammaticus
von einer Person zur andern zu gehen. In den Noten
14
redt also 1. im Text 3
a
persona,
und dabey bleibts. Eben so fall ich von 3
a
15
persona
in
2
dam
in der heiligen
Verwünschungs
apostrophe
an Niemanden
16
den Kundbaren, deßen Namen auch als
persona
indecli
poetica
lieber
17
indeclinabilis
seyn mag, denn
mobilis;
weil ich diesen Schnitzer schon in
18
S. D. begangen habe.
19
Am liebsten für mich und heilsamsten für Sie Selbst wär es, Lieber
20
Herzens
f
Fritz, wenn Sie in Gesellschaft unsers George, meinen Brief und
21
das
Fragmentum profligatum
in Ihrer
Portefeuille
und Tasche, nach
22
Münster führen, und von da sich nach der Residentz unsers auserwähl
e
ten
23
Amanuensis
verfügten und alles persönlich in Gang vor den
fatalen Idib.
24
Martii
brächten. Wo nicht hab ich das Vertrauen zu Ihrem
Tiro
Schenk,
25
daß er Ihren Mangel der Gegenwart kindlich und brüderlich ersetzen wird.
26
Ehe ich einen Schein vom Empfang der 3 Sibyllinischen Blätter erhalte,
27
bekommen Sie keine Fortsetzung; denn ich hoffe, daß dies zu Füllung des
28
ersten Qvartbogens hinlänglich seyn wird, besonders wenn der Titel das
29
erste Blatt deßelben füllt. Für gut Papier haben Sie gesorgt. Einige
30
Dedications
Exemplare 1.
nach
für den
Salomon du Nord
u
2
1 nach
31
Münster 1. nach Weimar
pro futuro –
die Probbogen
eingerechnet
– soviel wie
32
der
φφ
zu Pempelfort will, ohne den Autor zu K. zu vergeßen. – Dazu
33
kommt der Rath mit der Zeit.
34
Eben erhalte ich das Gottingsche Mag.
IV.
B 2. St. von Brahl, der den
35
Mirabeau
übersetzt und
nach
dem Freund
Crispus
zu Dach geht, um meiner
36
zu schonen, welches mir sehr lieb ist, weil ich lieber hinten als vorn angehe,
37
und meiner eigenen Seele und ihres
Organi
nicht mächtig bin.
S. 284
Alles was ich Ihnen bisher mit lachendem Muth geschrieben habe ist mein
2
wahrer Ernst. Beßer kann ich nichts machen, und das
το λιαν
ist mein ärgster
3
Feind, wie das
ne quid nimis
meine schwerste
Lection
der 7 Weisen
4
Griechenlands. Nach B. Bewilligung wird
geeilt
, und so bald der erste Bogen,
5
wenigstens Probebogen fertig ist, der zur
Ausführung
meines Plans
6
hinreicht, und deßen Anblick neues Oel für meine Lampe, die alle Augenblicke
7
verlöschen will, seyn wird. Kosten nimmt Alcibiades mit Ihnen auf die
8
Hälfte über, weil ich Ihm und mir selbst näher bin als
einem
dem
9
entfernten Freunde, für den ich neulich an ihn geschrieben.
10
Wegen des Verlages und Erstattung dieser Druckkosten wird nichts
11
verabredt, ohne mich vorher mit
d
meinem alten Freunde, Landsmann u
12
Verleger
pro praeterito et futuro
verglichen zu haben, dem ich diese Achtung
13
und mehr schuldig bin.
14
Nun liebster Jacob-Jonathan! zeigen Sie sich jetzt als Mann von Wort
15
und That. Die Sache ist eingefädelt und geht mit Gottes Hülfe glücklich
16
durch, wenn mein Spiel nicht durch eine unter mischende Hand verdorben
17
ist
wird.
18
Ist unser
Patroclus R.
nicht über Düßeldorf gegangen. Seine Erklärung
19
vom 13 d. werden Sie wohl schon mit dem dazu gehörigen dreyfachen
20
Protocoll
gelesen haben. Er hat mit seiner
breui manu
ein gut Werk gethan, wenn
21
er gleich den Ruhm eines Philosophi durch sein
Interlocut
eingebüßt. Daran
22
ich
ist nichts gelegen, und seinen Freunden desto mehr.
Ein guter
Socius
23
wagt immer ein blau Auge in einer guten Sache, und ich halte Ihre und
24
meine dafür.
25
Da komt der neue Miscell.
XIX
Stück mit einer kleinen Note an Joh.
26
Michel, der eben nach dem Eßen ein wenig spatziren gegangen ist und seine
27
Schwestern zu ihrem wöchentl. Besuch bey ihrer Nachbarin Louise Miltz
28
begleitete
. Wo war ich?
29
Bleiben Sie auch der philosophischen Autorschaft wegen nicht zu Hause,
30
sondern spielen Sie den
fahrenden Ritter
und laßen Sie es zu meiner
31
Silberhochzeit nicht fehlen, damit meine alte Käthe
Xantippe,
wie man mich
32
in Wandsbeck nennen soll,
nicht
anstatt der Jubel Music nicht den Stab
33
wehe und Klagelieder nöthig hat.
34
Thun Sie keinen Schritt ohne sich vorher von ganzen Herzen mit meinem
35
Liebling Georg auszusöhnen, und geben Sie unterwegs
z
gut Achtung,
36
ohne daß er es merkt. Ein guter Schreiber kann selten gut lesen. Machen Sie
37
nur die Probe, und ziehen Ihre liebste Schwester zu Rath, ohne daß
s
Sie
S. 285
aber vor meiner Hand erschrickt. Allso mit Vor- und Zubereitung; weil ein
2
Frauenzimmer auf eine schöne Mannshand Ursache hat eifersüchtig zu seyn.
3
Es ist schon über 2,
Crispus
kommt noch nicht; er wohnt am andern Ende der
4
Stadt auf der Lomse,
vulgo
Ochsenmarkt. Doch bald werden Sie so
5
bewandert, wie ich selbst und der Herr Niemand in Königsberg seyn, den
6
Priester in der Wüsten auch ohne Miethslakay finden zu können.
7
Ich habe ein bloßes M. vor dem Namen des verewigten Mendelssohns
8
gesetzt, damit man Mauschel oder Magister lesen kann, und des Leßings
9
christl. Tauf in einen jüdischen Vornahmen verwandelt.
Das hat er alles sich
10
selbst durch seine
Epist. posthuma
an die Fr. Leßings zu verdanken. Da Sie
11
förmlich von selbigen ausgeschloßen sind, so machen Sie ja keinen weiteren
12
Anspruch auf diese Gesellschaft. Der parthische Abzug hat von Ihrer Seite
13
der Sache ein gewünschtes Ende gemacht.
Ergo claudite iam riuos pueri.
14
Ich werde mich
für Ih
bey
Crispus
für seinen politisch moralisch christl.
15
Rath, den er Ihnen gegeben, in Ihrem und meinem Namen bedanken.
16
Schreiben Sie ja
Dienstags
, als ein Mann von Wort, ich diesen
17
nächsten Mittwoch, so Gott will und ich kann. Leben Sie recht wohl und
18
beantworten Sie alle leidtragende Briefe nicht, zu denen dieser nicht gehört
19
von Ihrem alten Freunde dem
Scurra Regiomontano et Rabelesio
20
Anti-Gallicano
J G H.
21
Morgen hoff ich
Esto mihi!
bey Ihrem Namensvetter zu feyern.
22
Dom. Esto mihi!
den 26 Hor.
85
.
23
Abends.
24
Vor allen Dingen muß ich Ihnen Herzlich lieber J. um Verzeyhung bitten
25
wegen meines gestrigen Geschmiers, wenn auch das heutige nicht beßer
26
gerathen sollte: Ich habe mich heute den ganzen Vormittag umgetrieben,
27
Patienten besucht und die Kirche leider! im Vorbeygehen, um wenigstens den
28
Seegen mitzunehmen. Mein Joh. Mich. hat auch das Haus hüten müßen
29
wegen Stiche im Unterleib, die mehr Verkältung als einen
verdorbnen
30
überladten Magen anzeigen. Bey Ihrem Namenvetter bin nicht gewesen,
31
sondern speiste
post festum
zu Hause, weil
Crispus
, den ich des Morgens
32
schon mit dem Uebersetzer des
Mirabeau
besetzt fand, mich Nachmittags
33
besuchen und ich ihn nicht verfehlen wollte. Wir haben allso die dritte
34
Vorlesung abgemacht. Sie erhalten also statt eines
Trifolii
vier Blätter so wie
35
sie aus der Mache gekommen sind. Das Abschreiben ist, wie Sie leicht
36
erachten können, eine verdrüßliche Sache für mich und mein Dintenfaß nebst
37
dem
Apparatu
ein kläglich, jämmerlich eckel Ding, wie das Schreiben.
S. 286
Vielleicht erbarmt sich Ihr Freund
Tiro
und übernimmt eine Abschrift für mich,
2
weil ich die
disiecti membra poetae
Mühe haben werde herauszubringen,
3
und ich meine Arbeiten gern unter mehr als einem Gesichtspunct ansehen
4
mag – und wegen der Fortsetzung Ihr u sein Urtheil nothig habe; denn
5
Erinnerungen sind nicht vergeblich! oder verloren an mich wie der
Berolinensis
6
meint.
Crispus
hat mir den Rath gegeben zu eilen; weil er zweifelt, daß ich
7
das Ende erreichen werde – Ich habe ihm einen Beweiß meiner Folgsamkeit
8
gegeben, und bin nun mit dem
Recensent
en fertig, der dem Leser nicht so eckel
9
werden kann, wie er mir geworden. Gesetzt daß Sie auch mein gestriges
10
Geschmier nicht herausbringen können, so ist daran nichts versehen. Ich werde
11
schon alles deutlicher machen, wenn es soweit kommt.
12
Das Wesentliche ist eine Abschrift für mich – denn meine Handschrift muß
13
Ihnen der Buchdrucker, deßen Namen u Umstände seiner Preße ich wohl
14
näher wißen möchte
zurückgeben
. Ich bekümmere mich um ihn, ohn daß er
15
nothig hat das Geringste von mir zu wißen. Nach dem Münsterschen
16
Gutachten schreiten Sie gleich zum Werk, und besorgen einen Probebogen nach
17
Weimar, wenn Er etwas zu erinnern haben sollte. Ihre Wahl in 4
o
ist die
18
meinige. So einen überflüßigen Rand wie Ihr Freund im Haag kann ich
19
nicht leiden, aber ich wünschte einen guten, deutlichen, räumlichen Druck, weil
20
die Gedanken so enge so enge in einander gedrängt sind, daß sie sich beynahe
21
einander ersticken.
22
So bald ich nur kann, schicke ich Ihnen einen versiegelten Brief, um im
23
Nothfall auch mit dem Probebogen selbigen an die höchste Instanz meiner
24
Autorschaft zu befördern.
25
Ich hoffe daß unser Freund
Tiro
mit
dem
einem Bogen meiner Hand
26
in ein paar Tagen fertig
werden
kann, und dadurch eben nicht die übrige Arbeit
27
aufgehalten werden wird. Es ist ja meine
silberne Hochzeit
; also
28
machen Sie mir alten Mann
Freu
n
de,
wahre Freude nicht politische durch
29
Verheelung Ihres Urtheils und des kleinsten Umstandes, was zur Sache
30
gehört, e
s
r mag wider oder für mich seyn.
31
Crispi
und meinem Rath folgen Sie auch, stille zu seyn, und sich nicht zu
32
rühren noch die Feder anzusetzen, bis ich wenigstens ausgeredt habe. Wenn
33
Ihnen das nicht Gnüge thut: so mögen Sie mich auch noch obenein mit
34
widerlegen.
35
Herder ist gerochen, melden Sie ihm doch das. Sein
Recensent
ist durch
36
die Beurtheilung der Ulrichschen
φφ
ie auch empfindlich gestraft worden,
37
nachdem er vernommen, daß selbige von unserm Hofprediger (nicht
S. 287
Oberhofprediger) Schultz herrührt, der ein
Epitomator
der dicken
Kritik ist und
2
den Beweis von den
Paralllinien
geschrieben hat.
Ihre
Ruhe wird Ehre
3
seyn Jes.
XI.
10. Ihr
altum silentium
wird die Rache eines wahren Löwen
4
seyn, die jene Pudelhunde sich gewiß nicht vermuthen.
5
Wenn der
pruritus
unüberwindlich in Ihren Fingern ist; so warten Sie
6
wenigstens meine Erklärung über die
Frage
ab, die Sie mir eben so gut
7
als dem jüdischen Philosophen anvertraut haben – und denn setzen Sie die
8
Feder an.
9
Das Leben ist so kurz und köstlich, daß es Schade ist, es mit
10
Katzbalgereyen, mit gelehrten Wortkriegen zu verhudeln. Dergl.
Opera
11
supererogationis
sind Misbrauch und Schande der wahren Philosophie, welche den
12
Genuß des Lebens veredeln soll,
Friede
und
Freude
befördern, nicht auf
13
Beschneidung und Verstümmelung hinauslaufen.
14
Ich erwarte also gegen das Ende des März wenigstens Abschrift mit
15
Ihren Erinnerungen – und Nachricht von allem –
16
Gott seegne
I
Sie u Ihr gantzes Haus – Meins schläft –
Si non pie,
17
tamen caute,
sagt Augustinus – Dies war ein Sprichwort eines alten
18
Landpredigers, der mein guter geerbter Freund war, und ein Vater des lieben
19
Mannes, der das Petersburgsche Journal geschrieben, und mir seine
Opera
20
mit manchen ℔ chineser
Thé
zugefertigt. Ob diese Worte im
Augustino
weiß
21
ich eben so wenig als ich bisher die ihm zur Last gelegte
peccata splendida
22
der Heiden habe auffinden können. Gehen Sie also lieber
pie
und
cauté
zu
23
Werk. Man kann nicht vorsichtig gnug seyn –
und ich bin nicht nur vorsichtig
24
sondern auch leider! mistrauisch. Dieser Fehler hat mich öfters
beschämt
25
und
inaniter
geängstigt, aber auch die großen Dienste gethan, daß ich ihn
26
nicht füglich abschaffen mag, weil er wie der ungerechte Haushalter für
27
meine
Oeconomie
unentbehrlich
ist
28
Ich hoffe daß meine Freunde nicht auf Sie eifersüchtig seyn werden,
29
die
daß ich an Sie allein fast schreiben kann, und für die gantze Welt todt bin –
30
Sie werden eben so wenig auf dies
beschwerliche
Glück Ursache haben
31
eitel und stoltz zu seyn. Wir werden uns beyde auf allen Fall zu
legitimi
ren
32
im stande seyn durch unser gemeinschaftl. Inh.
33
Wenigstens versichern Sie unsern Lavater meines frischen und grünen
34
Andenkens, um ihn davon zu überzeugen, mahnen Sie ihn zur Ostermeße
35
um den Rest des vierten
Theil
seines Pontius Pilatus.
Weder seinen
36
Salomo noch Predigten über meine LieblingsEpistel an Philemon habe ich
37
zu Gesicht ohngeachtet aller Nachfrage bekommen können. Ich hoffe diese
S. 288
Woche, in der ich Fastnacht zu halten denke mich bey unserm Oberhofprediger
2
darnach zu erkundigen. Ich will mich ausruhen, bis ich Antwort von Ihnen
3
erhalte, ob und wie ich in meinem
Opere profligato
fortfahren soll. Melden
4
Sie mir bald, daß
s
Sie
mit Ihrem zurückgekehrten Sohn G.
ausgesohnt
sind,
5
und vergeßen Sie nicht das Experiment mit meiner Handschrift bey Ihrer
6
liebsten Mamsell Schwester.
7
So bald mein
Cursus absolvi
rt und die silberne Hochzeit überstanden ist,
8
und Mamamuschi seiner 3 Federn
humida vestimenta
wird abgeliefert
9
haben, soll für ein neues und beßeres Schreibzeug gesorgt werden von Ihrem
10
oekonomischen Freund u Diener
J G H.
11
Vermerk von Jacobi:
12
Koenigsberg den 25 u 26
ten
Febr. 1786
13
J. G. Hamann
14
empf. den
10
ten
–
15
beantw. den 10
ten
u 13
ten
–
Provenienz
Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.
Bisherige Drucke
Friedrich Heinrich Jacobi’s Werke. Hg. von Friedrich Roth. 6 Bde. Leipzig 1812–1825, IV 3: J. G. Hamanns Briefwechsel mit F. H. Jacobi, 163–166.
Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, V 232–241.
Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 5: 1786. Hg. von Walter Jaeschke und Rebecca Paimann, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2005, 74–81.
ZH VI 280–288, Nr. 936.
Zusätze fremder Hand
|
288/12 –15
|
Friedrich Heinrich Jacobi |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
|
280/20 |
85. ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: 86. |
|
280/22 |
von |
Geändert nach der Handschrift; ZH: der |
|
280/25 |
Ich ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: ich |
|
280/30 |
Ihrer ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: ihrer |
|
280/30 |
wartetete ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: wartete |
|
280/33 |
Nachrichter, ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Nachrichter; |
|
281/1 –2
|
Die […] Nordwind.] |
In der Handschrift von Jacobi unterstrichen. |
|
281/5 –6
|
Vide […] ist.] |
In der Handschrift von Jacobi unterstrichen. |
|
281/5 |
Gespräche ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Gespräch |
|
281/6 |
Philosophen . , ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Philosophen, |
|
281/6 |
ist. ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: ist |
|
281/11 |
Reise-mentor ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Reise-Mentor |
|
281/14 |
haben, ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: haben |
|
281/26 |
1759 . |
Geändert nach der Handschrift; ZH: 1759. |
|
282/10 |
kann ich |
Geändert nach der Handschrift; ZH: kann ich |
|
282/12 |
beykommender ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: beikommender |
|
282/32 |
hällt ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: hält |
|
283/15 |
2 dam |
Geändert nach der Handschrift; ZH: 2 dam |
|
283/15 |
Verwünschungsapostrophe […] Verwünschungsapostrophe] |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Verwünschungs- apostrophe |
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283/31 |
eingerechnet ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: ungerechnet |
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283/35 |
nach ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: auch |
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284/22 –24
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Ein […] dafür.] |
In der Handschrift von Jacobi unterstrichen. |
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285/7 –9
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Ich […] verwandelt.] |
In der Handschrift von Jacobi unterstrichen. |
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285/19 |
Scurra […] Rabelesio] |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Scurra Regiomontano et Rabelesio. |
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285/22 |
85 ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: 86 |
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285/23 |
Abends. ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Abends |
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286/26 |
werden ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: sein |
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286/28 |
Freu n de, ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Freu n de; |
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286/35 –287/13
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Herder […] hinauslaufen.] |
Die Passage ist in der Handschrift von Jacobi am Rand markiert. |
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287/1 |
Epitomator […] dicken] |
In der Handschrift von Jacobi unterstrichen. |
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287/2 |
Paralllinien ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Parallinien |
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287/2 |
Ihre ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Ihre |
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287/23 –24
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und […] beschämt] |
In der Handschrift von Jacobi unterstrichen. |
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287/25 –35
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und […] Pilatus.] |
Die Passage ist in der Handschrift von Jacobi am Rand markiert. |
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287/27 |
ist ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: ist. |
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287/35 |
Theil ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Theils |
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288/4 |
ausgesohnt ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: ausgesöhnt |
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288/4 |
s Sie ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Sie |
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288/14 |
10 ten – ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: 10 ten |