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Konigsb den 5 Juni Pfingsten. 86.

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Herzenslieber Jonathan, In 2 Posttagen keine Zeile. Ich kann den

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Mittwoch nicht erwarten; und dachte diese Seite auch noch mit der Fortsetzung

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anzufüllen; es will aber nicht von der Stelle, und ich bin auch mit dem, was

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ich heute liefere, nicht recht zufrieden. Bist Du krank oder in Münster? Steht

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dort noch alles gut? Eben läst mir Reichards Schwager melden heut früh

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mit einer jungen Tochter erfreut zu seyn. Ich weiß nicht, was oder wie ich

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schreiben soll? ob Du krank oder abwesend oder beschäftigt oder übel

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aufgeräumt bist? Ich bin verwöhnt durch Dein freundschaftliches Andenken. –

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Gottlob mit meiner Gesundheit fieng es gut wider an; aber mein unbändiger

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Appetit, und meine innerliche Unruhe, die einem Seelenhunger ähnlich ist,

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hat mich wider zurück gesetzt. Gestern war meine
Lisette Reinette
bey uns

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morgen
u heute aß ich mit meiner Freundin
Courtan,
welche die

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Kämpfsche Cur angefangen, an der ich den grösten Antheil nehme. Wenn

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übermorgen die Post nichts mitbringt: so vergeht mir alle Lust zu schreiben und zu

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denken. Diese Woche wird Hartknoch vermuthet, und wie ich hoffe, mit den

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Resultaten. Ich dachte so weit zu kommen, daß ich selbige nöthig haben

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würde; bin aber gantz zurück geblieben. Wie lang mir die Zeit bis

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übermorgen werden wird! und komt denn auch nichts – Was ich heute schicke, sollte

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schon vorigen Donnerstag abgehen; aber noch heute, scheint es mir noch

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nicht Zeit zu seyn.
DEVS prouidebit!
Der Abend klärt sich auf zur Freude

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meiner Mädchen, die morgen mit des Miltzen Tochter eine kleine Lustfahrt

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aufs Land thun wollen. Vielleicht komt diese Woche auch Antwort aus

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Berlin. Ich habe mich heute kaum erwärmen können – Ich kann nicht mehr

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schreiben, und wünsche gute Nachrichten übermorgen für   Deinen

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alten Jürgen.


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Gott gebe in Deinem Hause alles wohl wie in meinem – Nur ich taug

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nichts. Ist doch wol die sechste Fortsetzung oder hab ich mich verzählt?

Auf der Rückseite des Briefes befindet sich ein Teilstück der Urfassung des „Fliegenden Briefes“ in der Abschrift Hamanns, der eine Kopie Schenks nochmals abschrieb (Provenienz: Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035). Der Text stimmt überein mit der Erstfassung bis auf geringfügige Korrekturen und die Stellenangaben, die bei Nadler fehlen. Vgl. Johann Georg Hamann: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Hg. von Josef Nadler. 6 Bde. Wien 1949–57, III 400, 28 f.. und 402.

Provenienz

Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.

Bisherige Drucke

Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, V 343 f.

Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 5: 1786. Hg. von Walter Jaeschke und Rebecca Paimann, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2005, 234 f.

ZH VI 416–417, Nr. 974.