989
S. 453
Pempelfort,
den 4
ten
July 1786.


2
Vermerk von Hamann (nachträgliche Nummerierung mit roter Tinte):

3
Erhalten den
15
Julii
 Geantw den 16–23. 
No
4.


4
Ihr liebevolles gütiges Briefchen vom 23
ten
p:,
würdiger Mann, habe ich

5
mit den Einlagen von Lavater und dem Correctur Bogen B. Ihres fliegenden

6
Briefes am verwichenen
Sontag
den 2
Jul.
erhalten. Letzteren habe ich noch

7
den nehmlichen Abend an unseren Buchdrucker in Mülheim gesendet, und diesem

8
ein kleines Pro Memoria beygelegt, worinn ich ihm, wo es mir nöthig schien,

9
über die gemachten Veränderungen Erläuterung gegeben habe. Der

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Buchdrucker ist ein wackerer und pünktlicher Mann; aber blos mechanisch in

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seinem Gewerbe. Aus Sorge, daß noch ein Fehler stehen bleiben möchte, habe

12
ich ihn gebeten, bevor er zum Abdruck schreitet, nur noch eine Correctur zu

13
senden.
Künftigen Freytag
den 7
Julii
hoffe ich Ihnen einen reinen Abdrucks Bogen

14
von B. und zugleich einen Correctur Bogen von D. zu verschaffen.

15
Manuscript wird alsdann noch für einen halben Bogen vorräthig bleiben. Den

16
begehrten Schluß der 5
ten
Fortsetzung finden Sie einliegend.

17
Auch schließe ich Ihnen einen Brief aus London von Ihrem Jonathan

18
bey, der, wie Sie sehen werden, als er den Brief schrieb, noch voll Hoffnung

19
war, Sie bald nach seiner Zurückkunft hier in Pempelfort zu umarmen. Daß

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diese Hoffnung ihm vereitelt worden ist, wird, ich weiß es, ihn sehr

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empfindlich schmerzen. Ich bin, in einer so weiten Entfernung von Ihnen und bey

22
dem daher entstehenden Mangel an Einsicht in den ganzen Zusammenhang

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der Umstände, nicht fähig zu beurtheilen, in wie ferne die Aenderung Ihres

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Entschlußes durch die Antwort der Berliner Direction auf Ihr Gesuch

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nothwendig geworden ist: – doch darf ich wohl an dieser Nothwendigkeit nicht

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zweifeln. Sollten Sie jedoch noch einen Ausweg finden können, Ihre

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diesjährige Reise möglich zu machen, so können Sie überzeugt seyn, daß dies der

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stärkste Beweis der Freundschaft wäre, den Sie Ihrem Fritz Jacobi geben

29
könnten.

30
Sie haben den Nahmen des Verfaßers der Resultate zu wißen verlangt:

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hier ist er in der Einlage. So kindlich, so fromm und so herzlich, als der Ton

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des Briefes ist; so sehr ist es der Jüngling selber, der ihn geschrieben. Leider,

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ist nur allzuwahr, was er von seiner Gesundheit sagt. Er muß seiner mit der

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äußersten Sorgfalt schonen, – sonst wird die Blume abgemäht, ehe sie noch

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völlig aufgeblühet.

36
Ich finde nöthig,
noch
zu erinnern, daß buchstäblich wahr ist, was

S. 454
Jacobi in der Vorrede zu seiner Apologie sagt, daß er nehmlich die Resultate

2
nicht eher zu Gesicht bekommen, als bis seine Apologie schon völlig

3
geschrieben, und auch schon zur Hälfte gedruckt war. Der Verfaßer arbeitete daran

4
im Stillen, wollte Jacobi überraschen, und überraschte ihn auch würklich,

5
weil dieser von einem jungen Manne von 25. Jahren eine ähnliche Schrift

6
nicht erwartete. Daß sie ihre Mängel habe, erkennt der Verfaßer; besonders

7
wünschte er den Schluß derselben, und sein Haupt Thema, das S. 184.

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angegeben ist, beßer ausgeführt zu haben. Allein er eilte, und mußte eilen, theils

9
um seine Schrift, die eine Gelegenheits Schrift ist, zu rechter Zeit ins

10
Publikum zu bringen, theils wegen seiner Gesundheit. Schenket Gott ihm Kräfte,

11
so wird er das Versäumte nachholen.

12
Ihre Anfrage, den 2
ten
Sohn des HE. Jacobi, Joh. Georg, betr
effend
,

13
behalte ich mir vor nächstens zu beantworten. Ich gedenke Ihnen mehr

14
Geschichte zu liefern, als Urtheil, weil ich selbst zu lebhaften Antheil an dem

15
Unglücklichen nehme, und ihn vielleicht
zu lange
beobachtet
habe, um ihn

16
unbefangen zu beurtheilen. Heute bin ich mit der Zeit zu sehr eingeschränkt,

17
Ihrem Verlangen zu willfahren, und ich will Sie lieber warten laßen, als

18
nur obenhin befriedigen.

19
Mit der innigsten Verehrung und Liebe

20
der Ihrige

21
Tiro-Schenck –


22
Die Abschrift des Schlußes, den ich Ihnen schicke, ist noch hier.

23
Auch stören Sie Sich daran nicht, daß HE. Jacobi sagt, er habe von

24
Ihrer 6
ten
Fortsetzung mehr nicht, als die Stelle über Lavater gesehen. Ich

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sendete ihm mehrere Stellen, wie ich Ihnen auch angezeigt, mit der folgenden

26
Post nach.

Provenienz

Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 2035.

Bisherige Drucke

Friedrich Heinrich Jacobi: Briefwechsel, I 5: 1786. Hg. von Walter Jaeschke und Rebecca Paimann, unter Mitarbeit von Albert Mues, Gudrun Schury und Jutta Torbi. Stuttgart-Bad Cannstadt 2005, 284–286.

ZH VI 453 f., Nr. 989.

Zusätze fremder Hand

453/3
Johann Georg Hamann
453/6
Johann Georg Hamann
453/13
Johann Georg Hamann

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
453/1
Pempelfort,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Pempelfort
453/3
No
4.
]
Hinzugefügt nach der Handschrift.
453/3
15
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
15.
453/6
Sontag
den 2
Jul.
]
Geändert nach der Handschrift und Vermerk von Hamann zum Datum „den 2 Jul.“ hinzugefügt; ZH:
1. Sontag
453/13
Künftigen […] Julii]
Geändert nach der Handschrift und Vermerk von Hamann zum Datum „den 7 Julii“ hinzugefügt; ZH:
2. Künftigen