555
S. 80
Kgsb. den 17 May 79.

2
gestern eine Freude
die Ankunft von
HKB 553
mit der Nachricht von der Drucklegung des
Konxompax
durch Herder
Exaudi und Himmelfahrt
16. und 13. Mai 1779
Das war gestern eine Freude,
Exaudi und Himmelfahrt

3
Geburt der Erbprinceßin
Luise Auguste von Sachsen-Weimar-Eisenach
, vgl.
HKB 549 ( IV 64/22 )
; zur Analogie von Niederkunft und Druck einer Schrift vgl.
HKB 550 ( IV 68/27 )
zusammengezogen
– ohngefehr wie Sie mir Ihre beschrieben bey der Geburt der

4
Erbprinceßin. Aber alles gedruckt und fertig zu sehen, konnte mir gar nicht

5
einfallen und war ein rechter
Deus
oder
Dea ex machina.
Gott bezahle Ihnen

6
doch Ihren
Eifer und Treue
! Ich weiß nicht womit ichs verdient habe; aber

7
Johannis
24. Juni 1779
das soll mich nicht anfechten – Bis Johannis hatte ich mir den Termin

8
gesetzt nicht dran zu denken; und bisweilen kam es mir als ein dummdreister

9
Streich vor, Sie bey Ihren mannigfaltigen und eignen Arbeiten damit

10
überladen zu haben. Ich wußte mir aber gar nicht zu helfen; und ich meynte doch

11
etwas zur Sache und für den gegenwärtigen Augenblick gesagt zu haben.

12
Freundin und Gevatterin
Caroline Herder
, vgl.
HKB 553 ( IV 76/6 )
Auch Ihnen tausend Dank, meine Verehrungswürdige Freundin

13
Adelgunde
Mit diesem Namen ist
Konxompax
unterschrieben (N III,228/12). Hamann folgt der Benennung für den
Versuch der Sibylle über die Ehe,
eine Schrift, die er wegen des Empfangs an ihrem Namenstag nach der Hl. Adelgunde taufte, vgl.
HKB 432 ( III 151/4 )
; auch die fingierte Autorin des
Konxompax
ist eine Sibylle.
und Gevatterin, für Ihre Bey- und Nothhülfe
an der armen Adelgunde –

14
Ich weiß Ihnen das gar nicht auszudrücken, was ich alles auf dem Herzen habe

15
und da behalten muß, möcht ich fast sagen, wie ein unzeitig Geschwür –

16
Gottfriedchen
vgl.
HKB 553 ( IV 76/10 )
Gottfriedchen ist doch wider gesund – Nun Gott erhalte und seegne Sie und

17
alles was Er Ihnen gegeben und noch zugedacht hat.

18
Druck
von
Konxompax
Opera omnia
alle seine vorherigen Schriften
Der Druck ist ein wahrer Kupferstich gegen alle meine
Opera omnia,
die wie

19
Sie wißen, bester Herder! von Schreib- u. Druckfehlern
cet.
wimmeln.
Mit

20
Brauchs
Hamann,
Konxompax
, N III,226/30
genauer Noth
hab ich
einen einzigen
entdeckt:
Brauchs
an statt
Bauchs

21
doppeltes Gewiß
Hamann,
Konxompax
, N III,223/17
die Widerholung des letzten Worts hilft aber dem Verstande. Ein doppeltes

22
Joh. VII. 26
Joh 7,26
(„Obersten und Archonten“, N III,223/16)
Gewiß
nach Joh.
VII.
26 hat Ihnen als ein Schreibfehler vorkommen müßen.

23
Und dies ist alles, was ich mit einem
Microscop
habe auftreiben können,

24
ευκαιρως ακαιρως
dt. zur Zeit oder zur Unzeit,
2 Tim 4,2
auch nicht der Rede werth sondern blos eine alte Gewohnheit
ευκαιρως

25
ακαιρως
offenherzig zu seyn.

26
alte Hausvater
Friedrich II.
Vielleicht wißen Sie noch dort nicht die Neuigkeit, daß unser alte

27
deutschen Plato
Christian Garve
Hausvater endl. so glückl. gewesen auf seine alte Tage einen
deutschen Plato
zu

28
finden, neml.
Garve
, der ihn tag tägl. unterhalten muß. Kennen Sie den

29
Mann – so wünscht ich Ihre Winke über seinen Character. Was ist seine beste

30
Schrift?

31
Kraus … Rätzel
Christian Jacob Kraus
; dessen briefliche Mitteilung an Hamann nicht überliefert
pr.
vorherigen Monats (April)
Kraus ist mit dem Schluß des
pr.
nach Göttingen gegangen, in eine sehr

32
günstige Lage, die er mir aber im Rätzel meldt und mehr Aufklärung von

33
Ministers v. Z.
Karl Abraham von Zedlitz
dort aus hoffen läßt. Er hat das Vertrauen des dortigen Ministers v.
Z.

34
auf Kants Empfehlung genoßen und ist ein Mensch von großen Talenten –

35
Brief bey Uebersendung des Dachen
Hamann besorgte Herders dringende Anfrage nach
Dach
-Gedichten über Kraus in Berlin, wodurch dieser mit Herder in Kontakt trat, vgl.
HKB 549 ( IV 63/14 )
.
auch ein
intimus
an deßen Beobachtung mir viel gelegen ist. Falls sein Brief

36
bey Uebersendung des Dachen
etwas mehr als eine bloße Höflichkeit

S. 81
gewesen ist; so wünschte ich u bäte beynahe, daß Sie bey Besorgung eines

2
Exempl. nach G.
eines Exemplars von
Konxompax
nach Göttingen
Exempl. nach G. ein paar freundschaftl. Zeilen an ihn beylegten – als
wenn

3
es Ihr eigner Einfall gewesen wäre ihm damit
allenfalls
u mir einen

4
Gefallen zu thun, da Sie vermuthen könnten, daß ich noch selbst

5
kaum ein Exempl. des Abdrucks haben könnte
. (Niemand als Br. weiß

6
das mein
Mst.
nach Weimar gegangen, soll es auch keiner erfahren. Bitte also

7
auch gegen Kr. sich nichts merken zu laßen.)

8
Ich habe einen sehr frommen liebenswürdigen Geistl. an dem Morungschen

9
Pf. Skubich
Christoph Skubich
Pf. Skubich kennen gelernt. Seine jetzige Frau ist eine
Niece
des seel. Lindner,

10
verwittwete Strauchin u geborne Steinkopfin, und eine sehr herzl. Freundin

11
Ihrer lieben Schwester – Von Semler soll ein Exemplar hie seyn welches

12
Beyl.
der Anhang von Semlers
Beantwortung der Fragmente eines Ungenanten
ich noch nicht auftreiben können. Die Beyl. macht mich sehr neugierig. Gestern

13
Dr. Juris Holtzhauer
Georg Friedrich Holtzhauer
besuchte mich unser neu angekommene
Dr. Juris Holtzhauer
aus Halle an

14
Leßing
Gotthold Ephraim Lessing
, vgl. zu dessen Reaktion auf Semler seinen
Brief an Elise Reimarus vom 14. Mai 1779
L’Estocq
Stelle u erzählte mir auch, daß Leßing dadurch gereitzt werden würde.

15
Beyl. von Luther
Herders
HKB 553
beigelegte Abschriften aus
Luthers Tischreden
Beyl. von Luther ist mir sehr werth. Habe vorige Woche am alten

16
Himmelfahrtsfeste meine Andacht gehabt, nach länger als JahresFrist. Von

17
Frau Rebecca
Anna Rebecca Claudius
, vgl.
HKB 552a
Claudius habe dies ganze Jahr noch keine Zeile erhalten; den 1ten May an Frau

18
Reisen des Cyrus
Ramsey,
Les Voyages de Cyrus
(Übersetzung von
Matthias Claudius
)
Rebecca geschrieben. Es ist mir lieb daß er die Reisen des Cyrus übersetzt hat,

19
Apuleium
Apul.,
met.
, vgl. das Motto zu
Konxompax
(auch zitiert in
HKB 548 ( IV 62/18 )
)
die mir fehlen und ich ohnlängst mit Gefallen gelesen habe. Jetzt den
Apuleium

20
mit
Beroaldi Commentario
über den goldnen Esel, den ich noch vor dem Feste

21
zu endigen hoffe. Mein ganzer Versuch ist
à priori.
Ich habe noch kein einziges

22
alligatum
nicht einmal
Ciceronis verifici
rt, und auch
Meursium
noch nicht

23
gesehen. Etwas mehr als Ahndung läst mich hoffen,
à posteriori
vielleicht

24
mehr
manches zu finden, um das erste aufzuklären im Fall der Noth.

25
Klopstocks Grundsatz für
das Ohr zu schreiben
gab mir Anlaß Ihre

26
Plastick … Gefühl und Gesicht
vgl.
Herder,
Plastik
, 1. Abschnitt, S. 5–28
Plastick zu lesen, weil ich eine Beziehung zu finden glaubte mit dem, was Sie

27
Untersuchen noch Schreiben
an
Hamann,
Zwey Scherflein
übers
Gefühl
und
Gesicht
sagen. Komm weder mit
Untersuchen
noch

28
Schreiben
von der Stelle. Muß jetzt zum Prof. Kant laufen ihm die 10 Bogen

29
des Nathans zu überbringen –

30
Bin endlich wie ein verirrt und verloren
Scha
d
f
wieder zu Hause gekommen,

31
leerer wie ich ausgegangen bin. Weiß Ihnen also nichts zu melden, womit

32
Moral der reinen Vernunft
Kant,
Critik der reinen Vernunft
Ihnen gedient seyn möchte. K. arbeitet frisch drauf los an seiner Moral der
ges

33
reinen Vernunft und Tetens liegt immer vor ihm. Er wies mir einen Brief von

34
Feder, den ich fast gar nicht kenne, aber sein Werk über den Willen lesen will.

35
Nun liebster Gevatter, Landsmann und Freund! Gott schenk Ihnen auch

36
Freude und fördere das Werk Ihrer Hände, daß wir beyde mit Hiob sagen

37
Mein Bogen …
Hi 29,20
August … Weimar
die Geburtstage von Herder und einigen seiner Kinder sowie Hamanns eigener
können:
Mein Bogen beßerte sich in meiner Hand
. Den ganzen August

S. 82
hab ich mir vorgenommen im Geist zu Weimar zu feyren. Sophiechen hat

2
vorigen Sonnabend ihren ersten Namenstag bey ihrer hiesigen Pathin

3
Pendant
Hamanns Patenkind
Siegmund
August
Wolfgang Herder
Mignon
dt. Liebling,
Johann Michael Hamann
gefeyret, und giebt dem kleinen
Pendant
nichts nach – verhält sich zum
Mignon,

4
wie seine Hälfte im verjüngten Maaß –

5
Wenn kein Vater im Himmel wär, wer möcht sich Kinder hienieden

6
wünschen – Der für uns gesorgt, sorge für sie. Amen!

7
Einlage
Herder an Hartknoch, 6. Mai 1779,
HBGA
, Bd. 4, S. 88f.), mit
HKB 557
übersandt; vgl.
HKB 553 ( IV 76/32 )
Ihre Einlage soll mit erster Post nach Riga befördert werden. Es schlägt

8
Mitternacht! Ich umarme Sie, Ihr würdiges
Adiutorium
und den ganzen

9
kleinen
Circul
Ihrer häuslichen Glückseeligkeit. Bitte mit
gegenwärtigem

10
Schein des Empfangenen und Genoßenen
für lieb zu nehmen von Ihrem

11
alten H.


12
Adresse:

13
HErrn / HErrn
Herder
, / General-Superintendenten pp / zu /
Weimar
. /

14
franco
.

Provenienz

Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 176–177.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VI 82 f.

ZH IV 80–82, Nr. 555.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
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Scha
d
f
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Schaf